Streit an Weihnachten vermeiden: So gelingt es

Hier geht es darum, wie Ihr Konflikte und Streits an Weihnachten und anderen Feiertagen vermeidet. Dafür gibt es nämlich gute Strategien.

Du findest hier

  • Ideen, wie man Anspannung gar nicht erst aufkommen lässt,
  • Tipps zu geschickter, friedlicher Kommunikation vor und während der Feiertage,
  • und Ideen, was man tun kann, wenn ein Streit schon kurz bevorsteht oder gar ausgebrochen ist.

Warum ist Weihnachten herausfordernd für menschliche Beziehungen?

An den Weihnachtsfeiertagen kommen meist verschiedene Menschen, verschiedene Vorstellungen und ungewohnte Umstände zusammen. Gerade dieses Jahr, wo viele Menschen erschöpft sind und das Gefühl haben, überfordert zu sein, ist es leicht möglich, dass man aneinander gerät.

Keine*r will das. Auch die zänkische Oma, der angespannte Onkel Jürgen und die überperfekte Mama nicht. Aber es kann passieren.

Schlimme Erinnerung: Ich habe vor ein paar Jahren beim familiären Weihnachtsessen meine Mutter ziemlich übel beschimpft. Wegen der Art, wie sie mit meinen Kindern umging und es ständig besser wusste. Ich hatte natürlich das Gefühl, total im Recht zu sein.

Dieses Weihnachtsessen ist uns allen in ganz schlechter Erinnerung. Heute denke ich: Hätte ich es doch gut sein lassen. Hätte ich die Sache bloß in Ruhe ein paar Tage später angesprochen!

Konflikte dürfen angesprochen werden. Aber richtig.

Ich bin definitiv nicht dafür, Konflikte unter den Teppich zu kehren. Sachen, die einen stören oder verletzen, dürfen angesprochen werden. Alte Konflikte können (und sollten) auch gelöst werden.

Aber ich denke, dass die Weihnachtsfeiertage nicht der richtige Zeitpunkt dafür sind. Schwierige Sachen zu besprechen und auszutragen braucht Zeit und Ruhe. Die sowieso schon herausfordernden Umstände eines Festes sind hier ganz bestimmt nicht hilfreich.

Streit und Eskalation bei Familienfeiern zu verhindern ist gar nicht so schwer, wenn man ein paar Tipps befolgt. Man kann sogar versuchen, sich ein paar Sprüche bzw. Satzformeln zu merken, die man de-eskalierend einsetzen kann – dazu weiter unten.

Zuerst findest Du 6 Tipps, wie Ihr schon im Vorfeld und während der Feiertage angespannte Situationen vermeidet. Folgendes hat sich bei uns ganz allgemein in punkto „friedliches Zusammensein“ bewährt:

Angespannte Stimmung vermeiden – 6 Tipps

1. Rausgehen

Banal, aber wirkungsvoll! Wenn man nur drinnen zusammen hockt, kochen die Gefühle schnell mal über. Deswegen besonders an Heiligabend und am 1. Weihnachtsfeiertag sich alle mal lüften gehen. Bewegung tut dabei sehr gut.

Wie wir es machen: Wir gehen vor der Bescherung immer eine halbe Stunde spazieren. Auf dem Land haben wir die Natur und den Wald direkt vor der Haustür. In Berlin sind wir vor zwei Jahren an einen besonderen Baum im Park gegangen, wo es dunkel und stimmungsvoll war, und haben dort einen kurzen, aber schönen Text vorgelesen. So machen wir es auch auf dem Land. Wir fassen uns im Kreis an den Händen und danken von Herzen, dass wir zusammen sein dürfen.

Auch am 1. Weihnachtsfeiertag wird ein langer Spaziergang gemacht.

2. Im kleinen Kreis feiern

An diesem Weihnachten hatten wir nur meinen Vati zu Besuch. Das war sehr, sehr schön. Nicht im Bild: Das zweite Kind und ich.

Je weniger Menschen, desto weniger Stress und desto weniger Konfliktherde.

Jede Familie hat natürlich ihre Traditionen. In manchen Familien ist es einfach üblich, dass der ganze Clan zusammen feiert. Wenn alle sich gut kennen und gut aufeinander eingespielt sind, kann das wunderschön sein.

Doch oft kommen an Feiertagen ungewohnte Konstellationen und ungewohnte Abläufe zusammen. Darin liegt ein enormes Stress-Potenzial. Es hilft, möglichst nur vertraute Personen einzuladen, die sich bei Euch zu Hause fühlen und ganz selbstverständlich mithelfen.

Wie wir es machen: Wir teilen Verwandte für die verschiedenen Weihnachts-Events unter uns Geschwistern auf. Dieses Jahr ist nur meine Mutter bei uns. Ich habe die Erfahrung gemacht: Je weniger Leute wir sind, desto gemütlicher und auch besonderer wird die Stimmung beim Fest. Denn wenn man nur wenige Gäste hat, stellt man sich automatisch auf deren Bedürfnisse und Vorlieben ein. So bekommt das Fest einen eigenen Charakter.

3. Aufwand und Ansprüche herunter schrauben

Schwierig, aber wichtig. Ich zum Beispiel bin ziemlich perfektionistisch veranlagt und habe einen hohen Anspruch an mich selbst. Ich bin schnell frustriert, wenn ich es nicht schaffe, meinem eigenen Anspruch gerecht zu werden.

Aber ich habe festgestellt, dass es uns allen besser geht, wenn es an Heiligabend kein dreigängiges Menü gibt, sondern einfach Würstchen und Kartoffelsalat, der am Tag vorher schon zubereitet wird.

Auch was Geschenke betrifft, habe ich gelernt, dass weniger mehr ist. Es ist ja schon aus Nachhaltigkeitsgründen sinnvoll, wenig zu schenken – und besser Zeit statt Zeug. Ich schenke nicht allen Freunden, Bekannten und Nachbarn was Gekauftes. Kleine selbstgemachte Mitbringsel sind viel schöner und persönlicher. Hier findest Du Tipps für selbstgemachte Geschenke, die richtig schnell hergestellt und nicht teuer sind. (Denn wer hat schon Zeit, stundenlang kleine Mitbringsel zu basteln?)

Auch beim Ablauf an Heiligabend und Weihnachten muss nicht alles perfekt sein: Wenn meine Kinder an Heiligabend doch kein Gedicht aufsagen wollen oder plötzlich doch keine Lust haben zu singen, dann ist es auch OK. Ich kann dann nochmal ausdrücken, dass ich mich darüber freuen würde. Aber Druck auszuüben oder beleidigt zu meckern macht einfach keinen Sinn, nicht nur an Heiligabend übrigens.

4. Durchatmen und nachdenken, bevor einem etwas Giftiges herausrutscht

In jeder Familie gibt es Konflikte und wunde Punkte, die am liebsten in ungewohnten Situationen aufbrechen. Bevor Du jemandem etwas Giftiges zuzischst, atme einmal paarmal tief ein und aus und verbeiße Dir die unfreundlichen Worte. Wenn Du das Gefühl hast, Du müsstest es doch nochmal ansprechen, merke es Dir und verschieb es auf in ein paar Tagen.

Ich habe mir das seit dem Eklat vor ein paar Jahren zu Herzen genommen.

5. Vorher gemeinsam besprechen, wie das Fest ablaufen soll

Das hier ist mein absoluter Bonus-Tipp, der sich bei uns in den letzten Jahren total bezahlt gemacht hat. Es bringt total viel, sich vorher mit allen Beteiligten über den Ablauf des Festes abzustimmen. In diesem Beitrag mit 11 Tipps zu „Advent und Weihnachten ohne Stress“ habe ich das auch schon aufgeschrieben.

Ich habe festgestellt, dass man viel zu wenig darüber weiß, was dem einen oder der anderen an Weihnachten wichtig ist. Bei unserem ersten Gespräch über unsere Weihnachtsvorstellungen habe ich zum Teil Bauklötze gestaunt, was in den Köpfen und Herzen der Kinder und meines Mannes war.

Zwar passen nicht immer die Vorstellungen aller zusammen. Zum Beispiel, wenn einer gern die Original-Weihnachtsgeschichte aus der Bibel lesen will, die anderen das aber doof finden.

Jedoch muss ja gar nicht jeder Wunsch des Festes erfüllt werden. Meist ist es schon genug, wenn ein Wunsch gesehen, ernst genommen und besprochen wird. Und oft gibt es ja Kompromisse – zum Beispiel, dass nicht alle auf den Spaziergang mitmüssen. Oder dass man die Weihnachtsgeschichte aus der Bibel im kleinen Kreis liest, oder am Tag danach.

So machen wir es: Wir setzen uns im Advent einmal ein Stündchen zusammen und klären, wie die Weihnachtsfeiertage ablaufen sollen. Dafür kann jeder Zettel schreiben mit seinen Wünschen und mit dem, was ihm/ihr wichtig ist. Oder man spricht es nacheinander aus.

Hier wollen alle Familienmitglieder gern in Ruhe angehört werden. Am besten kommen erstmal alle Wünsche auf den Tisch, dann überlegt man gemeinsam, welche Lösungen es gibt, mit denen alle leben können.

Wichtig ist hierbei, dass alle ihre Wünsche klar äußern. Jede*r bekommt Zeit, um zu sprechen. Wenn wir dabei erklären oder nachfragen, warum jemandem etwas wichtig ist, steigen die Chancen, dass die Familienmitglieder das verstehen, respektieren und – mitmachen!

Und, bitte nicht vergessen: Auch wir Erwachsenen können Kompromisse machen. 🙂

Fragen, die man besprechen kann:

  • Welche Rituale (Singen, Weihnachtsgeschichte vorlesen, Sprüchlein aufsagen, Spazieren gehen, Kirchgang,…) wollen wir dieses Jahr durchführen?
  • Gibt es an den Feiertagen Zeiten, an denen wir alle zusammen sein wollen, und andere, wo wir uns wir allein oder in Kleingruppen sind?
  • Was gibt es zu essen? Wer ist fürs Kochen/Vorbereiten, Tischdecken etc. zuständig?
  • Zeitplan: Wann wird gesungen, gelesen,…? Wann ist Bescherung? Wann soll es Essen geben?
  • Werden die Geschenke parallel aufgepackt, oder wird reihum ausgepackt und alle schauen zu?
  • Ist es wichtig, dass während der Feierlichkeiten alle bei allem dabei sind? Wie gehen wir damit um, wenn sich jemand absondern möchte?
  • Welche Gäste werden eingeladen, welche werden freundlich, aber bestimmt auf später vertröstet
  • Was mögen wir nicht? Wie gehen wir damit um? Was nehmen wir uns diesbezüglich vor?
  • Welche Gesprächsthemen wollen wir dem Frieden zuliebe ggf. vermeiden? (politische Lage, Corona, Erziehungsstil…)
  • Ganz wichtig: Wie können wir anfallende Aufgaben fair verteilen, so dass nicht eine*r all die vielen kleinen ToDos an der Backe hat? (Schmücken, Weihnachtsbaum aufstellen, Geschenke verpacken und unter dem Baum platzieren, Einkaufen, Essen vorbereiten, auf die Zeit achten, Tisch decken, abräumen, Müll wegbringen, Verpackungen sortieren und wegtun,…..)

6. Ein bisschen Liebe verteilen

(Diese süße Maus habe ich auf Instagram bei @creative_dimension gefunden.)

Das könntest Du an den Tagen rund um Weihnachten tun, um Wohlgefühl in Euer Haus und Zusammensein zu bringen (naja, eigentlich immer!)

  • Öfter mal zum/zur Partner*in gehen, sie/ihn küssen und sagen: „Ich bin so froh, dass es dich gibt!“
  • Die Kinder fragen: „Kann ich etwas für Dich tun?“ „Brauchst Du etwas, womit ich Dir helfen kann?“ „Darf ich Dir was vorlesen?“ …
  • Alle Anwesenden mal zwischendurch umarmen und etwas Nettes sagen: „Ich bin froh, dass Du da bist“ — „Ich bin gern in Deiner Nähe“ — „Ich mag Deine Energie“ — „Es ist so schön, Zeit mit Dir zu verbringen“
  • anderen Aufgaben abnehmen: „Komm, das nehme ich Dir ab!“

Betrachtet einander mit wohlwollenden Augen! 🙂

Clevere Kommunikation, wenn ein Streit sich anbahnt

Es gibt clevere Strategien, wie Streits sich vermeiden oder respektvoll lösen lassen. Da ich ja Kommunikation studiert habe, beschäftige ich mich schon seit vielen Jahren mit solchen Strategien.

Tipps zur Vermeidung und respektvollen Lösung von Streits:

  • Klar und ruhig sagen, wenn einen etwas stört, und möglichst keinen verletzenden Vorwurf mitschwingen lassen. Jeder Mensch darf sagen, wenn ihn/sie etwas stört, ohne dass das gleich eine Katastrophe sein muss. So ist das Leben halt: Man kann es nicht allen recht machen. Danach haben wir das Herz auch wieder frei, um uns auf etwas Schönes zu konzentrieren.
  • Keine alten Konflikte ansprechen. Alte Konflikte müssen einfach zu Weihnachten nicht sein, denn sowas endet meist in verbittertem Streit und schlechten Erinnerungen. Man darf sich die Themen aber merken, wenn sie sich aufdrängen, und sie zu einem späteren Zeitpunkt in Ruhe besprechen. Ich weiß, das ist schwierig, aber es ist so viel sinnvoller, friedlicher und zielführender.
  • Falls ein Streit schon am Auflodern ist: Respektvoll streiten, respektvoll Lösungen finden. Oft werden Streits deswegen so schlimm, weil die Streithähne sich wild Vorwürfe und Verletzungen an den Kopf werfen, ohne auf den anderen einzugehen und zu versuchen, ihn oder sie anzuhören und zu verstehen. Gerade zu Weihnachten können wir aber versuchen, bei sich anbahnenden Konflikten und Streits einmal tief durchzuatmen und dann nach den Regeln der Gewaltfreien Kommunikation (GFK) vorzugehen. Hilfreiche Sätze und Formulierungen unten.
  • Falls jemand zankt oder motzt, einfach keine Ruhe gibt und auf Bitten aufzuhören nicht reagiert, sich der Situation am besten entziehen. Den Raum für eine Weile wechseln. Draußen frische Luft schnappen. Jemand Neutrales mit dem Menschen reden lassen, wenn möglich.

Hilfreiche Sätze und Formeln zur Vermeidung von Streits

Wenn man nach Tipps für anstrengende Gespräche sucht, stößt man heutzutage überall auf die gewaltfreie Kommunikation (GFK) nach Marshall B. Rosenberg.

Für die, die es noch nicht kennen: GFK hat nichts mit körperlicher Gewalt zu tun, sondern zielt darauf ab, dass man wertschätzend und wohlwollend miteinander spricht, ohne einander psychisch zu verletzen (körperlich natürlich erst recht nicht).

Wenn man sich an der GFK orientiert, besteht die Chance, dass Streits nicht allzu verletzend werden, sondern auch bei völlig gegensätzlichen Positionen die Würde und die Beziehung der Menschen zueinander gewahrt bleiben. So fühlen sich am Ende alle besser verstanden und gehört, auch wenn Differenzen da sind.

Ich orientiere mich gern an den Ideen der GFK, denn sie erscheinen mir total sinnvoll und fair.

Folgende Satzformeln kannst Du Dir einprägen und hervorholen, wenn Spannung aufkommt:

  • Ich nehme wahr, dass Du … bist. (unzufrieden / genervt / sauer / verwirrt / verletzt…). Magst Du erzählen, was Dich stört/belastet? Bitte sage mir, wie Du Dich fühlst und was das Gefühl ausgelöst hat.
  • Bei mir ist angekommen, dass du Wut verspürst, weil ich Dich auf das Haus angesprochen habe (Spiegelung des Gegenübers, um zu klären, ob man das richtig verstanden hat). — Jetzt bin ich traurig/irritiert/verwirrt/unsicher… (eigenes Gefühl benennen). Magst du mir erklären, was genau dich wütend macht?
  • Mir persönlich ist es wichtig, dass wir (Wunsch formulieren), weil ich ….. brauche / genieße (Bedürfnis benennen). Beispiel: „Mir ist es wichtig, dass wir zusammen singen, weil ich Musik genieße und das mit Weihnachten ganz besonders verbinde“.
  • „Ich möchte jetzt nicht streiten. Ich sehe aber, dass Dich etwas umtreibt. Ist es eventuell möglich, dass wir das in ein paar Tagen besprechen, ganz in Ruhe? Ich verspreche Dir, dass ich dann gut zuhöre und mich mit dem Thema beschäftige.“

Formel für zielführende Bitten:
– Beobachtung (wertfrei!)
– Gefühl (was löst es in mir aus?)
– Bedürfnis (was brauche ich? Was ist mir wichtig?)
– Konkrete Bitte.

Beispiele

  • „Ich merke, du sprichst gerade laut direkt neben mir. Ich bin ganz angespannt, denn ich merke, ich brauche gerade Ruhe. Sprich doch bitte etwas leiser.“
  • „Hm… jetzt redest du zum dritten Mal dazwischen. Ich merke, ich fange an, mich zu ärgern, weil ich Raum brauche zum Denken. Warte bitte kurz und lass mich ausreden. Ich habe gleich Zeit für dich.“

GFK ist nicht leicht und lernt sich nicht von heute auf morgen. Respektvolle Streits gelingen auch mit GFK nicht immer. Aber GFK hilft dabei, Beziehungen zu stärken. Weil man einander mehr zuhört. Weil man weniger (am besten keine) Vorwürfe macht und stattdessen von sich selbst spricht. Weil man vermeidet, anderen Schuld zuzuschieben. Deswegen kann ich nur dazu ermuntern, es einmal zu probieren.

Persönliches Fazit

Ich nehme mir für Weihnachten besonders vor:

  • Perfektionismus sausen zu lassen. „I am ok.“
  • Nicht zu viel vorzunehmen, lieber mehr zusammen reden, lesen, kuscheln….
  • vorher mit allen ihre Wünsche und Vorstellungen zu besprechen
  • an den Feiertagen rauszugehen, und nicht zu knapp.
  • wertschätzend, zuhörend und geduldig zu kommunizieren.

Ich freue mich, wenn Du das eine oder andere mitnehmen konntest. Ich wünsche dir, dass Advent und Weihnachten bei Euch in schöner, warmherziger Stimmung ablaufen.

Auf den Frieden, der bei uns selbst anfängt.

Deine Maike

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