Nachsommer im Verklingen: Wochenende in Bildern 14./15. September 2019

Wir haben das letzte Sommer-Wochenende auf dem Land in unserem Wochenend- und Ferienhaus verbracht. Wir haben Kokostörtchen gebacken und einen Spaziergang am Fluss entlang gemacht, bei dem die eine Tochter vom Baum gefallen ist – glücklicherweise nicht in den Fluss ;-). Alles war also noch recht sommerlich. Aber wir haben auch die Hirsche röhren gehört und auch welche gesehen, und überall leuchten schon die Hagebutten und roten Beeren. Der Herbst steht in den Startlöchern.

Kurt Tucholsky hat einmal einen schönen Text über diese Jahreszeit zwischen Sommer und Herbst geschrieben. Diesen Prosa-Text heute anstelle eines Gedichtes:

Wenn der Sommer vorbei ist und die Ernte in die Scheuern gebracht ist, wenn sich die Natur niederlegt, wie ein ganz altes Pferd, das sich im Stall hinlegt, so müde ist es – wenn der späte Nachsommer im Verklingen ist und der frühe Herbst noch nicht angefangen hat –: dann ist die fünfte Jahreszeit.

Nun ruht es. Die Natur hält den Atem an; an andern Tagen atmet sie unmerklich aus leise wogender Brust. Nun ist alles vorüber: geboren ist, gereift ist, gewachsen ist, gelaicht ist, geerntet ist – nun ist es vorüber. Nun sind da noch die Blätter und die Gräser und die Sträucher, aber im Augenblick dient das zu gar nichts; wenn überhaupt in der Natur ein Zweck verborgen ist: im Augenblick steht das Räderwerk still. Es ruht.

Mücken spielen im schwarz-goldenen Licht, im Licht sind wirklich schwarze Töne, tiefes Altgold liegt unter den Buchen, Pflaumenblau auf den Höhen… kein Blatt bewegt sich, es ist ganz still. Blank sind die Farben, der See liegt wie gemalt, es ist ganz still. Boot, das flußab gleitet, Aufgespartes wird dahingegeben – es ruht.

So vier, so acht Tage –
Und dann geht etwas vor.
Eines Morgens riechst du den Herbst.

(Kurt Tucholsky)

Samstag, der 14. September 2019

Wir sind seit gestern Nachmittag schon auf dem Land und sind früh ins Bett gegangen. Deswegen stehen wir mit der aufgehenden Sonne auf und wandern mit Kaffeeglas und Teetasse mit dem Hund ans Grundstücksende. Bodennebel wabert von links hinten über das Feld, wie ein feiner Hauch, und gießt einen zarten weißen Streifen zwischen die Bäume am Horizont.

Die Sonne geht auf, und wir sehen zwei Rehe übers Feld hüpfen. Von allen Seiten hört man Hirsche röhren, die zur Zeit ausfechten, wer jetzt Platzhirsch und wer untergeordneter Hirsch ist.

Wir wollen näher an die Rehe heran und gehen ein Stück weiter in Richtung des Nebelquells.

Mann und Hund vor Nebelstreif:

Ein Regenbogenkreis vor dem Nebel.

Nur etwas später fließt die Welt in warmem September-Gold.

Gestern haben wir auf einem Feldweg ins übernächste Dorf diese Hagebutten und Hopfenranken gefunden, die nun unseren Esstisch schmücken. Als ich für Instagram die Übersetzung für Hopfen suche, stelle ich fest, dass „Hagebutten und Hopfen“ auf englisch „Rose hips and hops“ heißt. Entzückend.

Auf englisch: „Rose hips and hops.“

Wir sind den ganzen Vormittag draußen auf dem Grundstück. Hier die Kinder beim Rennen mit dem Hund.

Schaukelspiel an der Hängematte.

Wir backen einen Boden für die veganen Kokos-Mandelcreme-Törtchen, die die Tochter schon seit Tagen unbedingt backen will. Sie hat sie in dem tollen veganen Kochbuch „Vegan aus aller Welt“ gefunden, das ich sehr empfehlen kann. In dem Buch sind lauter Leckereien aus allen Weltregionen versammelt, eine so schmackhaft und lecker wie die andere. Unter dem Link (kein Affiliate-Link) wird das Buch ausführlich vorgestellt.

Zu Mittag grillen wir an unserer Feuerstelle. Die große Tochter macht es sich in der Schubkarre bequem, mit Hund und unserem aktuellen Vorlesebuch, „Wind und der geheime Sommer“ von Antonia Michaelis, deren Buch „Das Blaubeerhaus“ wir ja kürzlich beendet und so geliebt haben. „Wind“ gefällt uns auch sehr gut, es handelt von einem mysteriösen und fantasiereichen Mädchen namens „Wind“, das wie Pippi Langstrumpf allein lebt und eine Gruppe von unterschiedlichen Kindern wie Momo zum richtigen Spielen inspiriert.

Die große Tochter liest uns vor, während die Kohlen anglühen.

Am Nachmittag legen der Mann und die kleine Tochter ein kleines überwuchertes Stück vom Grundstück frei und bringen das Grün zum Verrotten in den Wald. Die Tochter darf auf dem Rückweg in der Schubkarre fahren. Sie liebt es.

Kräftige spätsommerliche Farben auf der Waldwiese.

Wir besuchen die Nachbarin, wo unser Hund mit den dortigen Hunden spielt und unsere Kinder mit den jungen Kätzchen, die es dort gibt. Außerdem gibt es dort ein Pony, das nach einer Operation gesund gepflegt wird. Die Kinder streicheln, striegeln und füttern es mit Hingabe.

Später haben wir noch Besuch zum Abendessen und lassen uns am Tisch von den Mädchen Witze erzählen, bis diese fast am Tisch einschlafen und ins Bett gebracht werden.

Mein Mann und ich genießen noch einen Gang übers Grundstück unterm Sternenhimmel. Überall glitzert und funkelt es.

Sonntag, der 15. September 2019

Morgengang mit Hund. Die kleine Tochter ist dabei und knabbert Walnüsse, die wir gestern geschenkt bekommen haben.

Mein Mann überlegt, ob wir an diesem Baum eine Schaukel für die Kinder anbringen könnten, wenn wir die unteren toten Äste absägen:

Die Tochter bestreicht die Kokostörtchen, die über Nacht im Kühlschrank im Schuppen fest geworden sind, mit einer Creme aus Sojasahne und bestreut sie mit Kokosraspeln.

Meine Tochter fühlt sich heute als Konditorin. Sie sagt, sie möchte gern ein veganes Café eröffnen, wenn sie groß ist. (Und außerdem Architektin, und Geschichten schreiben.) Also eine kleine Konditorin ist sie schon, wenn man sich das Ergebnis der Bemühungen von gestern und heute ansieht:

Innen in den Törtchen versteckt sich jeweils eine Mandel. Der Boden ist ein duftiger Vanille-Rührkuchen, die Creme besteht aus Mandelcreme, Kokoscreme, Soja-Joghurt und aufgeschlagener Soja-Sahne. Die Dinger sind eine absolute Sünde, schmecken auch so und erzeugen bei allen Anwesenden entzückte Ausrufe.

Die Kinder haben im Schuppen eine Hexenküche eingerichtet, wo sie Zaubertränke aus Wasser und gesammelten Beeren und Blättern brauen.

Wanderung vor dem Mittagessen: Übers Feld an den Fluss, dann ein Stück am Fluss entlang und über das Dorf zurück zum Haus.

Der Hund hat sich losgemacht und wälzt sich auf der Kuhweide. Wir haben alle ein bisschen Angst um ihn, weil Kühe gefährlich werden können, wenn sie ihre Jungen in Gefahr wähnen. Aber er lässt sich glücklicherweise brav einfangen und wieder anleinen.

Am Flussufer kann man schön spazieren. Die Kinder haben für den Rückweg ein Fahrrad mitgenommen.

Wildes Flussufer. Hier gibt es auch Biber, aber wir sind nicht sicher, ob diese oder der Wind den Baum am anderen Ufer gefällt haben.

Neben dem Weg wächst Holunder, von dem ich ein paar Sträuße mitnehme, um Holundersaft zu kochen. Für herbstlichen Punsch. Ein reich bestückter Strauch steht hier neben dem anderen – es sind mindestens 15 Sträucher, die von keiner Menschenseele beerntet werden. Nur von Tieren. Der Landstrich hier ist so dünn besiedelt, dass der Weg kaum begangen wird. Manchmal von den Bauern oder zwei, drei Hundebesitzern aus dem Dorf.

Die große Tochter klettert auf diesen Baum. Beim Zurückklettern stellt sie sich auf einen morschen Ast, der abbricht – und die Tochter fällt fast zwei Meter vom Baum. Glücklicherweise ist der Schreck das schlimmste Übel. Sie ist nämlich ins weiche Schilf gefallen.

Die Kinder sammeln Muscheln am Flussufer, wo sonst die Wildtiere trinken. Überall sehen wir Spuren von Rehen und Hirschen

Wieder eine Frage an die pflanzenkundigen Leser*innen: Was für ein Baum ist das? Die runden Früchte sind ca. 2-3 cm im Durchmesser. Ich habe diesen Baum noch nirgendwo sonst gesehen.

Ein Stück weiter huschen direkt neben uns drei prächtige Hirsche durch den Wald. Die ersten Hirsche, die ich hier persönlich sehe. Gehört haben wir sie ja schon oft, und die kleine Tochter wurde auf unserem Grundstück schonmal von einem überrascht. Aber mein Mann und ich hatten noch nie das Glück. Wir haben uns allerdings auch nie die Mühe gemacht, aktiv nach ihnen zu suchen, oder uns zu später oder früher Stunde an sie heran zu pirschen. Obwohl wir ungefähr wissen, wo sie sich aufhalten.

Hier hat der Herbst schon einen Hauch Farbe auf den Baum links geglüht.

Auf dem Rückweg werden wir skeptisch von den Kühen beäugt. Viele von ihnen haben Kälbchen und passen deswegen gut auf, was sich der Weide nähert.

Nach der Mittagspause untersucht mein Mann die alte Wasserpumpe hinterm Haus. Wir wünschen uns hier so sehr einen zweiten Brunnen, der im Notfall (auch) mit Handbetrieb funktioniert und also keinen Strom braucht. Laut Vorbesitzer ist die Pumpe kaputt bzw. wurde lange nicht mehr benutzt, zuletzt, weil Vögel ihre Nester im Pumpenrohr gebaut haben. Wir haben aber in den letzten drei Jahren keine Vögel mehr an der Pumpe beobachtet. Mein Mann schraubt die Pumpe auseinander und findet tatsächlich ein altes Vogelnest darin. Aber der Brunnen selbst scheint in Ordnung: als wir einen kleinen Stein hineinwerfen, hören wir ihn unten leise in Wasser fallen. Doch die Pumpe ist tatsächlich kaputt, das Ventil ist verrostet und zerbrochen. Eventuell muss aber nur die Pumpe ersetzt werden (nun ja, das ist auch keine einfache Angelegenheit, denn sie ist fest in den Steinsockel montiert…), aber dann könnten wir hier wieder Wasser ziehen. Das wäre wunderbar.

Mit der schönen Aussicht, hier zumindest keinen neuen Brunnen bohren zu müssen, sondern auf einen wahrscheinlich intakten zurückgreifen zu können, geht unser Wochenende langsam zu Ende. Wir fahren heute erst spät zurück nach Berlin, weil die Straßen am frühen Abend voll sind. Es ist für alle angenehmer, wenn die Kinder auf der Fahrt müde sind. Sie setzen sich satt, Zähne geputzt und im Schlafanzug ins Auto und schlafen auf der Fahrt ein. Dann tragen wir sie in Berlin direkt ins Bett und sie schlafen einfach weiter bis zum Morgen.

Und dann beginnt morgen eine neue, extrem arbeits- und terminreiche Woche. Ich muss vor den Herbstferien, die erschreckenderweise schon fast in zwei Wochen beginnen, noch sehr, sehr viel erledigen. Ich habe ja seit Neuestem einen Lehrauftrag an einer Berliner Hochschule für Medien und Wirtschaft, schrägerweise in einem Fach, das nur peripher zu meinem Expertengebiet gehört. Aber ich freue ich drauf, muss aber unter anderem den Kurs vorbereiten, der im November beginnt.

Ich wünsche Euch eine schöne letzte Sommerwoche 2019 und freue mich wie immer über Grüße und Kommentare! Vielleicht kennt ja jemand den Namen des seltsamen Baums mit den kleinen runden „Äpfelchen“.

Liebe Grüße an an alle Leser*innen!

Eure Maike

Weitere Wochenenden in Bildern findet Ihr als Links gesammelt auf dem Blog „Große Köpfe“, hier.

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10 Kommentare Schreibe einen Kommentar

  1. Hallo Maike, ich glaube,ich ich muss mir auch mal welche stibitzen.Die müssen ganz braun sein, dann sind sie richtig. Ich habe mir dieses Jahr da auch Pflaumen geklaut, und 3 sehr leckere Kuchen gebacken.

    • 🙂 Immer darauf achten beim Stibitzen, dass die Bäume niemandem gehören, der sie evtl. selbst abernten möchte 🙂
      Danke für den Tipp mit der braunen Farbe. Ich habe jetzt gelesen, dass auch der erste Frost drübergegngen sein sollte, weil dann die Tannine (Bitterstoffe) verschwinden. Ich werde in zwei, drei Monaten dort nochmal schauen…. Danke für Deinen Kommentar!

  2. Liebe Maike,
    wie immer ein wunderbarer Text und gelungene Fotos. Vielen Dank!
    Rose hips & hops haben mich sehr inspiriert, so dass ich heute mit den Kindern einen Spaziergang zum Waldrand gemacht hatte, weil ich dort in der letzten Woche Hopfen entdeckt habe. Eine sehr schöne Kombination!
    Eine schöne Woche!

    • Liebe Sonja, oooooh, das freut mich aber sehr! Ich habe gerade laut gesagt „Oh, das ist aber schön!“, als ich Deinen Text gelesen habe. Ich war auch ganz erfreut, wie schön die beiden Zeige zusammen passen. Ganz liebe Grüße an Dich!

  3. Ja, das ist ein Mispelbaum.Steht bei uns im völlig verwilderten Nachbargrundstück. Hab grade extra noxhmal nachgeschaut. Ich hab sie aber auch noch nie ausprobiert
    Liebe Grüsse

    • Danke, Anja!! Ich glaube, Du hast recht. Die Früchte an dem Baum sind nur noch gar nicht reif. Ich habe jetzt gelesen, dass man sie am besten erntet, wenn der erste Frost da war, dann verlieren sie ihre Säure und Bitterkeit (Tannine). Man kann wohl köstliche Marmeladen, Chutneys und Gelees daraus herstellen. Liebe Grüße an Dich!

  4. Ich glaube der Baum ist ein Mispelbaum.
    Die Früchte sind essbar, aber ziemlich sauer und sehr herb.
    Man kann sie auch einkochen.

    • Ah, super!!! Ich schaue mal nach, das könnte sein! Also in der Gegend sind die Mispeln sicher sauer und herb 🙂 Ist ja nicht das Mittelmeer…

  5. Hallo Meike, wieder einmal ein so schöner Bericht. Und mir gefällt das Kuhphoto so gut – man sieht das Lauern der Tiere richtig deutlich. Eine schöne Woche und lg, Simone

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