Winter wie ehmals: Wochenende in Bildern 11./12. März 2023

Den halben Samstag saß ich allein im Zug nach Stuttgart. Ich hatte ja letzte Woche schon geschrieben, dass ich erschöpft bin. Tatsächlich haben mich meine Ärzt*innen dann am Montag/Dienstag direkt ein paar Wochen wegen Erschöpfung krank geschrieben, sofort eine Kur für mich beantragt und mir dringend geraten, mir eine Auszeit zu nehmen, wenn nur irgend möglich.

Naheliegend wäre ja gewesen, dass ich mich in unser Haus auf dem Land zurückziehe. Aber ich hatte irgendwie ein tiefes Bedürfnis nach einem echten Tapetenwechsel, nach einem Raus aus allem, was ich kenne. Und eine Sehnsucht nach dem Süden Deutschlands mischte sich auch hinein.

Und da fiel mir ein, dass mir ein alter Schulfreund vor ein paar Jahren schonmal angeboten hatte, in einer Art Gästewohnung in seinem sehr großen Zuhause auf der schwäbischen Alb unterzukommen, falls ich so einen Ort mal benötige. Das hatte ich dann aber nicht gemacht. Ich fragte nach, ob das Angebot noch stünde, und siehe da, das Angebot stand noch.

Also setzte ich die nötigen Hebel in Bewegung (viele und schwere waren es gar nicht, glücklicherweise) und fuhr am Samstag erstmal zu meiner Mama nach Stuttgart. Sie bringt mich am Montag in mein Refugium auf der Schwäbischen Alb, wo ich dann ca. 10 Tage bleiben werde.

Als Gedicht der Woche habe ich das unten stehende von meiner verehrten Eva Strittmatter herausgesucht — weil ich so müde bin, weil es sich in mir auch ziemlich wie starrer Winter anfühlt, und weil es am Samstag in Berlin und bis in den Thüringer Wald hinein verschneit und winterlich war.

Jedoch: Gar so depressiv und abgestorben wie das lyrische Ich aus dem Gedicht bin ich nicht, trotz Burnout-Diagnose (und ja, so heißt es natürlich im Fachjargon nicht). Ich hatte Freude am Fotografieren, und auch Spaß daran, das WiB und das 12 von 12 des heutigen Tages zu schreiben. Ich bin auch nicht “ohne Bilder”, und bin hoffnungsvoll, dass mich das Leben nicht “für immer im Weißnicht der Starre belässt”. Dennoch: Müde bin ich ständig, und alltägliche Kontakte, Kommunikation und Alltagspflichten sind mir derzeit ein absoluter Graus. All das kommt mir wahnsinnig anstrengend vor.

Gedicht von Eva Strittmatter

Samstag, der 11. März 2023

Herrliches Abschiedswetter in Berlin: Schneeregen und Schneematsch. Es ist kalt und grau.

Die Straßenbahn bringt mich gleich trocken zum Hauptbahnhof.

“Vorm Fenster verdämmernde Schneeluft im Zwielicht”: Fahle Stimmung beim Blick aus dem Zugfenster. Weiße Winterlandschaft bis über Erfurt hinaus.

Glücklicherweise habe ich leckeren Proviant eingepackt. Earl Grey Tee mit Milch, mein Lebenselixier, steht auch bereit.

Nach einem Mittagsschlaf in einem herrlichen weichen Bett bei meiner Mama machen wir einen Spaziergang in den Degerlocher Wald. Da wohnt meine Mama ums Eck. Die dicken Schneeglöckchen-Büschel machen mir Hoffnung. Ich finde sie so schön, und sie verkünden schließlich: Bald wird es Frühling.

Ich liebe die Schrebergärten im Ramsbachtal. Als Kind habe ich mir so sehr so einen Garten gewünscht. Ich war als Grundschülerin nachmittags oft im Ramsbachtal unterwegs, allein und mit meiner lieben Freundin Antonia.

Diese wunderbar alten, ungezähmten Gärten sind einfach was anderes als die Laupenpieper-Quadrate in Berlin.

Die Forsythien blühen hier in Stuttgart schon.

Und die Krokusse. Was für ein prachtvoller Anblick.

Die ganze Wiese hier am Löwenplatz blüht. “Vielleicht aber wird mir die Gnade zu lieben / und Grünes zu fühlen noch einmal zurück”. Also wenn ich diese Krokusse und die zarten Blüten überall ansehe, merke ich, dass ich mich durchaus noch freuen kann. Auch wenn ich erschöpft bin und mir der Antrieb fehlt – die Natur und das Werden zu beobachten, macht mich froh.

Sonntag, der 12. März 2023

Die Fotos von meinem Sonntag, dem 12. März in Stuttgart siehst Du hier im 12 von 12.

Ich freue mich wie immer über Kommentare und Rückmeldungen. Bitte aktuell nicht so viele Fragen, insbesondere nicht zur Diagnose und zum Thema Kur. Aber ich freue mich sehr über Berichte, falls es Dir auch schon mal so ging – Erschöpfung, Burnout, Kannnichtmehr…. was sind Deine Erfahrungen? Wie hast Du Dich gefühlt? Was hat geholfen?

Ich lebe ja eigentlich relativ achtsam und entschleunigt, und weiß genau, was ich tun kann, um mich zu erden, um den Kontakt zu mir zu halten, um zu Kräften zu kommen. Ich achte darauf, meine Bedürfnisse zu erfüllen. Aber jetzt hat’s mich trotzdem erwischt, nach zwei Jahren Pandemie, übermäßig vielen familiären Belastungen und vor allem ständigen Infekten seit Oktober. Auch das stärkste Boot mit dem erfahrensten Kapitän wird umgeworfen, wenn die Welle zu groß ist. Bei uns waren es in der letzten Zeit drei große Wellen. Jetzt hat’s mich umgehauen.

Aber eine Kur ist bereits beantragt (aber es dauert ja Wochen bis Monate, bis es im Endeffekt dazu kommt). Ich bin in der glücklichen Situation, dass ich die Reißleine ziehen konnte. Ich bin auch sehr dankbar, dass ich so schnell und unkompliziert ein Refugium für eine kleine Auszeit gefunden habe. Und dass so eine Auszeit organisatorisch überhaupt möglich ist.

Das nächste Wochenende ein Bildern kommt also von meinem Refugium in Süddeutschland, wo ich gedenke, mir viel Zeit zum Lesen, Spazierengehen und Frühlingsluft-Schnuppern zu nehmen. Angeregt von einem Instagram-Post von Laura von 1000 Rehe habe ich mir heute einen Fastenzeit-Begleiter (ein Buch 🙂 ) bestellt und hoffe, darin etwas geistigen Beistand für die nächste Zeit zu finden.

Gehabt Euch wohl, passt gut auf Euch auf. Holt Euch Hilfe, geht zum Arzt, wenn Ihr übermäßig erschöpft und belastet seid, und habt keine Scheu, das auszusprechen. Niemandem ist geholfen, wenn Du am Ende bist, Dir selbst schon gar nicht.

Alles Liebe wünscht
Eure Maike

Die Wochenenden in Bildern anderer Blogger*innen wie immer bei Große Köpfe gesammelt.

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3 Kommentare Schreibe einen Kommentar

  1. Stuttgart, meine alte Heimat! Da werde ich ein bisschen sentimental. Wie gut, dass Du so einen Auszeit-Ort gefunden hast. Gerade kratze ich auch an allen persönlichen Grenzen oder habe sie schon überschritten, aber ausfallen kann ich gerade gefühlt nicht. Ich nehme mir zumindest vor, besser für mich zu sorgen und kleine Ruhepausen einzubauen. Ich drücke dir die Daumen, dass es schnell eine Kur für dich gibt. Liebe Grüße aus Bayern

    • Ruhepausen sind so wichtig. Mir haben sie aber in der letzten Zeit gar nichts mehr gebracht, weil meine Kraft schon so am Ende war. Bei mir hat ja schon der Körper gestreikt, ich war seit Oktober fast durchgehend krank (Infekte). Der Körper macht sich irgendwann bemerkbar, wenn man sein System ständig überlastet….
      Ich hoffe, mit der Kur klappt alles so, wie ich mir das vorstelle. Es gibt ja auch grässliche Kurkliniken….. ich hoffe so sehr, dass ich an einem schönen Ort lande.
      Pass gut auf Dich auf! Lieber zu früh als zu spät aussteigen. Wir Mamas denken immer, dass wir uns nicht ausklinken können…. aber stell Dir vor, Du brichst Dir ein Bein und kannst einfach nicht mehr, das müsste auch irgendwie gehen….

  2. Alles Liebe für dich, Maike, und gute Erholung! Ich finde es berühren, dass du für deine Auszeit zurück in die alte Heimat gekehrt bist.

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