Wir sind an diesem eiskalten Wochenende in Berlin geblieben, weil wir drölfzig Termine, Arbeit und Verabredungen hatten. War aber auch mal schön. „Suzuki“ ist in unserer Welt übrigens kein Auto oder Motorrad, und auch keine neue asiatische Wellness-Sportart. Aber lest selbst:
Der Samstag startet wie jedes Wochenende seit ein paar Monaten: Ich backe unsere Lieblingsbrötchen, die eigentlich eine Art kleine Fladen sind. Es ist eine Freude, wenn der Bäckerei-Duft durchs Haus zieht.
Nach dem Frühstück der erste Termin: Suzuki-Geigen. Wir schauen bei einer Gruppen-Stunde meiner Schwägerin zu, die Geigenlehrerin ist und nach der Suzuki-Methode unterrichtet. Bei dieser Methode haben alle Kinder einer Geigenklasse am Samstag zusammen Unterricht. Die Geigenkästen einiger Kinder im Vorraum:
Wir nehmen nach der Gruppenstunde die Kusine unserer Töchter mit zu uns nach Hause für den Nachmittag, sie und die kleine Tochter haben nur einen Altersunterschied von einem Jahr und spielen sehr gern miteinander. Ich muss gleich weiter mit der großen Tochter: wir haben uns zum Einsatz in der Schule gemeldet. Unsere Schule richtet dieses Wochenende das Treffen der 250 Delegierten des Bundesverbandes der Waldorfschulen aus, und wir Eltern helfen rund um die Essenszeiten mit. Eine Überzeugung in der Waldorfwelt ist es ja, dass Beziehungen gestärkt werden, wenn man miteinander an etwas arbeitet. Ich gehe da voll mit. Es bewahrheitet sich jedes Mal, wenn wir gemeinsam an der Schule etwas stemmen – man fühlt sich mit allen, die mitmachen, nach einem solchen Einsatz viel stärker und auf eine neue Weise verbunden. Das ist übrigens neben dem finanziellen Aspekt ein wichtiger Grund, warum Eltern in Waldorfschulen und -Kindergärten so stark und oft zum Mitmachen aufgefordert werden: Es schafft Gemeinschaft statt Isolation. Genau aus diesem Grund empfinde ich die Elternmitarbeit an der Schule und im Kindergarten nie als Belastung, sondern als Gewinn. Meine Tochter und ihre beste Freundin sind auch dabei und haben ihren ganz besonderen Spaß an der Schule, die jetzt am Wochenende so ganz anders ist und aussieht als sonst.
Auch der Handarbeitsraum dient als Essraum für die Gäste. Hier werden zur Zeit von den Sechstklässlern Puppen genäht. Ich LIEBE die Puppen, die von Waldorfschülern im Unterricht genäht werden. Die Schülerpuppen haben immer eine extrem starke Persönlichkeit. Das liegt daran, dass „Imperfektion“ immer besonders anrührend ist – und die Puppen dadurch natürlich letztlich total perfekt werden. Außerdem kommt hinzu, dass die Schüler lange an ihnen arbeiten und ganz, ganz viel Seele hinein nähen. Ja, so ist es wirklich.
Die große Tochter geht von der Schule aus weiter mit zwei Klassenkameradinnen zu einem Kindergeburtstag, ich düse nach Hause, wo der Mann schon auf mich wartet, weil er arbeiten gehen muss. Ich bin zu Hause mit einer Freundin verabredet, die ich lange nicht gesehen habe. Sie wohnt jetzt in Köln und hat seit einem halben Jahr ein Baby. Die Verbindung zu ihr ist lose geworden, und so bin ich glücklich, dass sie sich wieder mal gemeldet hat und wir ein bisschen Zeit zum Wieder-Verbinden haben.
Das gemeinsame Kochen zum Abendessen mit dem Mann verbindet uns nach einem Tag, an dem wir uns nur die Klinke in die Hand gegeben haben. Vor dem Haus gibt es derweil ein Mega-Spektakel der 1000 Stare, die hier immer in den Bäumen sitzen. Sie sammeln sich jetzt abends immer in den Espen gegenüber vom Haus und fliegen wie auf Kommando plötzlich alle gemeinsam los. Der riesige Schwarm macht pfeilschnelle Manöver am Himmel. Wie bei Hitchcock.
Sonntag, der 18. März
Der Tag beginnt damit, dass die Mädchen selbständig aufstehen und spielen. Das ist bei uns extrem selten, normalerweise werden wir um 6 aus dem Bett geschmissen und sollen vorlesen und was zum Essen machen. Nach einer Weile hören wir von unten Getuschel, und eine Weile später kommen die Mädchen herein und bringen uns Kaffee und Tee ans Bett, genau so gemacht, wie wir es mögen. Hach, unsere Kinder. Zum Frühstück bäckt die Tochter dann Pfannkuchen. Und zwar die Kleine.
Bei uns steht ja zur Zeit wachsendes Ostergras rum. Dafür haben die Kinder lauter verschiedene Getreidekörner gemischt. Die Tochter will jetzt wissen, welche Getreidekörner am schnellsten wachsen und baut auf dem Fensterbrett in der Küche eine Testreihe in kleinen Schälchen auf:
Dann versuchen wir uns noch an dieser Frühlingsdekoration für die Wand über dem Esstisch im Wohnzimmer:
Dann wird zusammen mit den Kindern ein Zimtschneckenteig nach diesem raffinierten Rezept von feiertäglich.de gemacht. Da werden dünne Hefeteigstränge knotig verschlungen. Weil unser Zimt fast alle ist und die Milch auch, gehen die Tochter und ich noch schnell beim Bioladen einkaufen. Ja, das geht in Berlin auch sonntags.
Jetzt muss der Teig erstmal 40 min lang gehen. Fürs Mittagessen wendet die kleine Tochter den Fisch in einer Mehl-Mischung. Den Fisch gibt es in einer Zitronensauce, mit Vollkornreis und Weißkohl-Paprika-Salat.
Nach dem Mittagessen kommen die Zimtschnecken voran. Den Kardamom mochte ich frisch mahlen. Also lösen wir im Mörser die Schalen von den Kapseln und zerstoßen dann die Körner. Das duftet so fein, dass wir alle vor Entzücken die Augen verdrehen. Außerdem machen wir mehr Schmotze als im Rezept angegeben, nämlich fast das Doppelte, damit die Zimtschnecken auch schön feucht und schmackig werden. Nennen manche auch „fettig“.
Während die Zimtschnecken backen, kommt Besuch, die Patentante der großen Tochter mit ihrer Tochter. Die großen Mädchen filzen Frühlingshaftes, einen See mit Ente und ein Osternest. Sie wollen keine Hilfe, und genau darum wird es so auf Kinder-Art wunderschön.
Die Zimtschnecken ergeben auf dem weißen Tortenteller ein Bild wie auf Instagram. Die kleine Tochter geht heute zur Kusine spielen und nimmt natürlich Zimtschnecken für meinen Bruder, die Schwägerin und die Kusine mit.
Mehr Wochenenden in Bildern finden sich wie immer auf Geborgen wachsen.