Durch den Internationalen Frauentag, der in Berlin ja Feiertag ist, hatten wir ein besonders langes Wochenende und waren endlich, ENDLICH mal wieder auf dem Land in unserem Wochenend- und Ferienhaus mitten in der Natur. Das ältere Kind ist das ganze Wochenende bei ihrer Freundin.
Es war noch kalt, aber die Sonne hat vom blauen Himmel geschienen. Der Frühling war schon spür- und sichtbar; die Feldlerchen stiegen von den Wiesen auf, auf unserem Grundstück blühen die Schneeglöckchen und Narzissen, laut rufende Kraniche überfliegen Wald und Feld in großen Schwärmen, und die Weidenkätzchen sind überall heraus.
Darum habe ich dieses Gedicht herausgesucht:
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Freitag, der 8. März 2024
Ich bin Feministin und möchte darum zum Frauentag kein Dankeschön in Form von Blumen oder Pralinen für meine unbezahlte Care-Arbeit.
Ich möchte Equal Care, Anerkennung (auch finanzielle) und Sichtbarmachung von Sorgearbeit, und zwar gesellschaftlich-wirtschaftlich etabliert, keinen Gender Pay Gap mehr, mehr Frauen in Führungspositionen, viel mehr realistische Frauenbilder in Film, Medien und Werbung, mehr männliche Feministen und alles andere, was Feminist*innen heutzutage fordern. Und ich will, dass das Klischee der „sexuell frustrierten Mannfrau-Feminstin“ endlich der Vergangenheit angehört. Feminist*innen sind divers, schön, gepflegt und sexy wie alle anderen Menschen auch. Und: Auch Männer können und sollten Feministen sein. Denn vom Feminismus profitieren auch die Männer, auch wenn viele es nicht glauben wollen.
Trotzdem kämpfe ich heute nicht aktiv (aktuell keine Kraft, haha, wie ironisch…), sondern gönne mir mit Mann und Kind ein langes Wochenende auf dem Land.
Früher Ausflug zu einer nahe gelegenen Moorlandschaft. Der Boden ist noch frostig von der Nacht. Die Pflanzen tragen ebenfalls ein noch winterliches Zuckerkleid.
Die Gräben sind randvoll mit Wasser gefüllt.
Überschwemmte Wiesen.
An den Rändern der Sandwege stehen kilometerlang die Weiden. Noch ist kaum ein Insekt an ihnen zugange. Ab und an hört man eine vereinzelte Biene.
Nach all dem Grau der letzten Wochen tun Blau und Grün dem Auge so gut.
Eine Herde Rehe äst.
Wieder zu Hause wird alles frühlingshaft gestaltet.
Das Tischchen im Esszimmer.
Am Nachmittag sitzen wir vor dem Haus auf der Bank in der warmen Sonne und schmökern in Büchern. So darf sich der kommende Frühling anfühlen.
– Am nächsten Tag habe ich allerdings einen leichten Sonnenbrand im Gesicht davon!
Samstag, der 9. März 2024
Ich gehe zum Sonnenaufgang mit den Hunden raus. Die Sonne scheint glutrot hinter dem Wald.
Ein weiterer Tag mit blauem Himmel kündigt sich an.
Graben im Morgenlicht.
Wir sind bis zum Fluss gelaufen.
Die andere Seite des Flusses. Wie immer denke ich, ich müsste mal einen Kalender für uns machen mit diesen Fluss-Bildern zu jeder Jahreszeit.
Wieder sehen wir Rehe in unmittelbarer Nähe.
Auf dem Rückweg sind wir umgeben vom Geschwirre und Gesirre der Feldlerchen, die in Richtung Sonne aufsteigen. Von der großen Wiese hinter dem Wald hört man die Kraniche schreien. Man kann sie um diese Jahreszeit überall auf den Wiesen ringsumher bei der Balz beobachten.
Wieder zu Hause, hat mein Mann die Öfen angeheizt und Tee gekocht. So angenehm.
Später rösten wir Brot über dem Feuer und belegen es mit Fleischtomate, Zwiebeln, Knoblauch und Wildkräutern. Im Bild die letzte Scheibe, die geröstet wurde.
Die Tochter hat sich wieder das hiesige Lieblingsbuch mit rausgenommen: „Über den Tellerrand“ von Gregg Segal. Das Buch zeigt die Fotos von Kindern aus vielen verschiedenen Ländern der Erde und was sie im Lauf der letzten 7 Tage gegessen haben. Außerdem wird jedes Kind im Text porträtiert: was es im Leben mag und nicht mag, mit wem es zusammenlebt, wie in der Familie gegessen wird und anderes. Das Buch mag sogar unser 15-jähriges Kind noch.
Ich beginne, das Gewächshaus österlich zu schmücken. Ich habe Zweige geschnitten. Die Dekoration wird bis Ostern noch wachsen und gedeihen. Und es werden noch Elemente und viel Natürliches hinzukommen.
Diese Milchkanne habe ich letztes Jahr in Berlin in einer Verschenke-Kiste gefunden. Sie ist perfekt geeignet für die Blütenzweige.
Wir nehmen alle hintereinander ein Bad. Ich lese dabei in meinen Fastenzeit-Begleitern.
Zur Abenddämmerung mache ich mit der jüngeren Tochter einen langen, langen Hundespaziergang über die Felder. Hier hat sie einen Stein ins Wasser geworfen und sich etwas Großes gewünscht, das möglichst dieses Jahr noch in Erfüllung gehen soll.
Auf diesem (nicht gespiegelten oder montierten!) Foto bin ich zweimal zu sehen. Das hat die Tochter mit dem Panorama-Modus aufgenommen. Ich bin während dem Schwenk von links nach rechts ganz schnell hinter ihr auf die andere Seite gelaufen. Sie liebt diesen Trick, den wir mal bei einem Kurs im Apple Store gelernt haben.
Später schauen wir zusammen eine Dokumentation auf arte.tv. Dazu gibt es einen „Cocktail“ aus frisch gepresstem Blutorangen-Saft und Apfelsaft. Mega gut übrigens!
Sonntag, der 10. März 2024
An einer geheimen Stelle tief im Wald wachsen viele, viele Schneeglöckchen. Ich liebe sie sehr.
Der März ist wahrlich der Monat des Durchbruchs. Hier haben die Schneeglöckchen ein trockenes Eichenblatt durchbrochen. Ich verstehe immer nicht, warum die Pflanzen durch über ihnen liegende Blätter hindurchwachsen, also warum sie das Blatt nicht einfach anheben, bis es weggepustet wird. Warum und wie brechen sie da durch? Faszinierend.
Hier sind sie sogar durch Birkenrinde gewachsen.
Auf unserem Grundstück sammle ich mit der Tochter einen Korb Weymouth-Kiefern-Zapfen. Sie eignen sich super zum Anfeuern.
Außerdem hebe ich Moos-Kissen vom Boden ab und bringe sie ins Gewächshaus. Ich möchte sie zur Dekoration nutzen. Es gibt viel zu viel Moos auf unserem Grundstück, da schadet es nicht, wenn ich etwas wegnehme.
So liegt unser Haus da im März. Ich mache den letzten langen Hundespaziergang an diesem Wochenende, über die Felder, durch die Frühlingssonne, mit Lerchen- und Kranichgeschrei.
Die große Kuhweide ist schon ergrünt.
Mittagessen vor der Abreise zurück nach Berlin: Ofenkartoffeln, gemischter Salat mit Wildkräutern (Vogelmiere, Giersch, Löwenzahn, Brennnessel, Schafgarbe-Blätter) und Schweinefilet auf provenzalische Art.
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Das war ein schönes, entspanntes Wochenende, an dem wir alle ein bisschen Kraft tanken konnten. Wir haben es gerade alle nicht leicht. Mir hat es besonders gut getan, draußen und im Gewächshaus zu werkeln. Totholz sammeln und auf die Hecken schichten, Zapfen einsammeln, Moos abtragen, graben und trockene Blätter harken und wegschaffen. Dabei wird der Kopf frei, und dem Körper geht es nach der vielfältigen Bewegung gut. Auch Spaziergänge laben natürlich Körper, Geist und Seele.
Gut tut es uns auch, dass wir unser Berliner Leben nicht aufs Land mitnehmen. So können wir hier immer gut abschalten und uns aufs Hier und Jetzt konzentrieren.
Morgen beginnt für uns alle eine lange, arbeitsreiche Woche. Ich habe zur Zeit wahnsinnig viele Termine und muss schauen, dass ich das alles sinnvoll wuppe. Morgen Abend hat die jüngere Tochter ein Konzert an der Schule, darauf freue ich mich schon.
À propos Konzert: Habe ich schon erzählt, dass ich wieder in einem Chor singe? Ich habe ein nicht zu großes, nicht zu kleines Vokalensemble gefunden, das mir absolut perfekt taugt. Das Programm, das wir singen, ist mein Traum: Wir singen zeitgenössische Stücke von Ola Gjeilo oder Kim André Arnesen mit herrlich dissonanten Flächen, die sich dann zart in vertraute Harmonien auflösen. Aber auch tolle moderne Stücke von Hugo Distler und Besonderes von Anton Bruckner und Mendelssohn. Ich bin begeistert und dankbar, genau diesen Chor gefunden zu haben.
Am 22. Juni, also einen Tag nach der Sommersonnenwende, singen wir alle diese schönen Stücke in einem Konzert in der modernen Versöhnungskirche auf dem Mauerstreifen an der Bernauer Straße in Berlin-Mitte. Das Thema des Konzertes ist „Friede und Seele“. Also falls jemand Lust hat, sich sowas anzuhören, Ihr seid herzlich willkommen! Der Eintritt ist frei.
Ich habe die Stücke, die wir singen, in einer Playlist auf Spotify gesammelt, hier entlang.
Aber jetzt wünsche ich Euch erstmal eine gute nächste Woche. Auf dass keine Katastrophen passieren und der Frühling mit Luft und Leben greifbarer wird.
Eure Maike
Liebe Maike,
ja, die Sache mit den Schneeglöckchen oder dem Bärlauch und den Herbstblättern. Das habe ich mich auf oft gefragt.
Ich glaube, dass die Frühblüher eine aus ihren Zwiebeln gespeiste, große Kraft entwickeln und sich durch die Erde dem Licht entgegenstrecken wollen. Diese Kraft sammelt sich an einem kleinen Punkt, nämlich der Spitze des Triebes.
Das ganze Blatt anzuheben, wäre viel zu schwer für den jungen Trieb. Aber das Blatt des Herbstes ist alt und brüchig. So schafft der kleine Trieb mit seiner konzentrierten Kraft es an einer Stelle aufzubrechen.
Vielleicht zeigt uns die Natur damit, dass wir, wenn wir wachsen oder uns verändern wollen, uns auf etwas Fokussieren sollen, damit der Durchbruch gelingt. Damit kommen wir ans Licht, wie der Frühlingstrieb. Alles, das ganze bisherige Gelebte, das Blatt des Herbstes, können wir nicht auf einmal verändern, um an Licht zu kommen.
Ich wünsche Dir viel Frühlingskraft.
Ildi
Liebe Ildi, wow, danke! Ja, Deine Erklärung macht total Sinn, das mit der Kraft in der Triebspitze. Und die Metaphorik dazu, das ist ein total schöner Gedanke! Vielen lieben herzlichen Dank für Deine schöne Nachricht!
Deine Maike