
Was uns das Wachstum in der Natur im Mai über uns selbst lehren kann, darum soll es in diesem Artikel gehen.
Der Monat der Fülle
Der Mai ist nach der langen, graubraunen Zeit des Vorfrühlings der Monat des sichtbaren Wachstums, der Lebendigkeit und der Fülle.

Wer jetzt in die Natur geht, kann beobachten, wie alles in Bewegung ist. Man kann fast zuschauen, wie die Pflanzen wachsen, die Tiere werden aktiver, das Licht verändert sich, der Wald wird grün und schattig. Diese äußeren Entwicklungen können uns auf eine kraftvolle Weise auch im Inneren anregen.
In der Natur zu sein – oder im Garten oder Park – kann zu einer Einladung werden, sich selbst neu auszurichten. Was entwickelt sich gerade in mir? Was ist jetzt in mir jetzt lebendig und will wachsen?
Sonnenstand und Licht: Zeit für Klarheit

Im Mai sind die Tage spürbar länger. Die Sonne steht höher und hat die gleiche Kraft wie von Ende Juli bis Mitte August. Diese Veränderung wirkt sich nicht nur auf Pflanzen und Tiere aus, sondern auch auf unseren Rhythmus. Wir haben öfter Lust, früher aufzustehen und haben mehr Energie.
Die Helligkeit kann in unserem Inneren ebenfalls etwas auslösen. Vielleicht spüren wir, dass es jetzt leichter fällt, bestimmte Fragen ehrlich zu betrachten. Der Mai eignet sich gut dafür, sich selbst etwas genauer anzuschauen: Was ist mir wichtig? Was möchte ich anders machen?
Das Licht ist ein stiller Begleiter auf dem Weg zu mehr Klarheit.
Wetterlage: Übergänge aushalten
In Mitteleuropa zeigt sich das Wetter im Mai wechselhaft. Warme Tage wechseln sich mit kühleren ab, es regnet häufiger, und in manchen Regionen kann es noch Bodenfrost geben.

Auch in unserem Inneren kann es in Phasen der Entwicklung unstet sein. Mal schießt das Wachstum, mal wächst es langsam, und es kann von außen unverhofft „Frost“ kommen. Vielleicht hast Du einen Entschluss gefasst oder etwas begonnen, fühlst Dich aber gleichzeitig noch unsicher. Oder ein plötzliches Hindernis taucht auf, das Dich zurückwirft. Vielleicht ist da Freude über das Neue – und gleichzeitig Angst.

Der Mai erinnert uns daran, dass Entwicklung nicht linear verläuft. Manchmal braucht es Geduld, um durch wechselhafte Phasen hindurchzugehen, und um temporäre Widerstände auszuhalten.
Pflanzen und Bäume: Explosionsartige Entwicklung

Jetzt wird sichtbar, was in den letzten Wochen vorbereitet wurde. Die Blätter der Bäume werden jeden Tag größer, die Wiesen zeigen erste Wildblumen (ganze Felder voller Löwenzahn!), viele Pflanzen blühen und duften. Das Grün im Wald ist jetzt wunderbar saftig und im vollen Schwange der Jugend. Maiengrün ist der Wald!

Die Phase des schnellen Wachstums kann uns daran erinnern, dass Entwicklung auch mal sehr rasch vonstatten gehen kann und uns zu schnell werden kann.
Wir dürfen das genießen und uns darin baden, wenn es uns guttut. Es kann so toll sein, wenn die Dinge sich entwickeln! Wenn uns das Leben aber mal über den Kopf wächst, dürfen wir vorsichtig schauen, wie wir ein wenig Ruhe reinbringen.
Impulse: Du kannst Dir eine Pflanze oder einen Baum in Deiner Umgebung auswählen und ihn im Laufe des Monats beobachten. Ich empfehle jetzt im Mai eine Eiche. Da tut sich nämlich Erstaunliches! Frage dich: Was verändert sich an der Pflanze täglich? Und was verändert sich in Dir, wenn Du Dir regelmäßig Zeit zum Schauen nimmst?
Oder schau auf dein Leben und frage dich: Wo magst Du Schnelligkeit genießen, wo magst Du achtsam etwas abbremsen?
Tiere und Insekten: Lebendigkeit spüren

Vögel bauen Nester, singen lautstark und in mannigfachen Melodien. Insekten erscheinen in größerer Zahl und Verschiedenheit, auch die geliebten Mücken sind abends wieder unterwegs und suchen nach Beute…
Rehe, Füchse, Hasen zeigen sich in der Dämmerung. Das Leben draußen ist voll in Bewegung, es wird geboren (Säugetiere) und sich gepaart (Vögel), dass es eine Lust ist.

Diese Lebendigkeit wirkt ansteckend. Vielleicht merkst Du, dass Du Dich selbst wieder mehr bewegen willst (nicht nur körperlich, sondern auch innerlich), und mehr in Kontakt mit anderen Menschen kommen willst. Vielleicht hast Du Lust, Dich mit Menschen zu treffen, eine neue Idee auszuprobieren, etwas zu planen?
Der Mai ist eine gute Zeit, um lang Gehegtes und Geplantes mit einem großen Schwung Energie in die Welt zu werfen.
Der Wald: Ein Ort für Stille und Entwicklung

Im Wald ist jetzt vieles im Entstehen. Der Waldboden bedeckt sich mit Farnen und Maiglöckchen, mit Efeu und Gebüsch. Das Licht fällt zwar noch durch die Baumkronen, aber man spürt zusehends, wie alles dichter wird.

Besonders zu den frühen Morgenstunden ist der Wald jetzt durchdrungen von Geist und Geheimnis. Das Halbdunkel, die Frische, das intensive, dichte Grün, manchmal leichter Nebeldunst, das Vogelgezwitscher – all das führt in einen Zustand, der sich ganz enthoben und geheimnisvoll anfühlt. Ich selbst erlebe das auf dem Land bei meinen frühen Morgen Spaziergängen mit den Hunden immer mit Erstaunen.
Ein Spaziergang durch den Wald im Mai kann aber auch helfen, wieder zum eigenen Rhythmus zu finden. Anders als in städtischen Räumen, in denen alles oft sehr schnell geht, erinnert uns der Wald immer daran, dass alles seine Zeit hat.
Der Wald im Mai, in romantischen Gedichten als Ort der Sehnsucht, der Transzendenz und des Rückzugs vom Alltag beschrieben, kann jetzt durch seine mystische Atmosphäre inspirieren, zu Ideen, Trost und feinen Gefühlen.
Die Erde: Verbundenheit mit dem Ursprung
Der Boden ist jetzt feucht und lebendig und voller Nährstoffe. Gärtner und Landwirte wissen: Der Mai ist ein guter Monat, um zu säen.
Das kann auch auf einer inneren Ebene gelten. Vielleicht gibt es etwas, das Du jetzt nochmal neu in Dir anlegen möchtest. Eine neue Gewohnheit. Einen Gedanken, den Du stärken willst. Eine Haltung, die Dir guttut.
Frage Dich: Was möchte ich jetzt pflanzen, in mir? Und was brauche ich, damit es wachsen kann?
Wachsen im eigenen Tempo
Der Mai zeigt uns, wie Wachstum in der Natur geschieht: mal schnell, mal langsamer, aber kontinuierlich. Nicht alles ist gleichzeitig fertig. Manche Pflanzen wachsen jetzt rasend schnell, viele stehen schon in Blüte, andere brauchen aber noch Wochen, bis sie sich sichtbar machen.
So kann auch unsere Entwicklung verlaufen. Ohne Druck, aber mit Richtung. Und wenn’s mal schnell geht, dürfen wir uns zurücklehnen und genießen, in vollen Zügen.
Nutze den Mai als Einladung, Dich auf Deine eigene Weise weiterzuentwickeln. Die Dynamik, die Du jetzt in Dir spürst, ist genau richtig. Von mystischen Erlebnissen über lange Wege Schritt für Schritt bis hin zu Ereignissen, die Dich überrollen, ist alles drin.
Lass es zu und beobachte aufmerksam, was es mit Dir macht.
Und vertraue darein, dass es richtig ist, so wie es ist.