Die Größe der Allmacht: Wochenende in Bildern 20./21./22. Juni 2025 (Bayerischer Wald)

Dieses Wochenende war ich allein im Bayerischen Wald wandern. Zur Sommersonnenwende einen Gipfel zu besteigen fand ich sehr passend. Um tief in die Stimmung der Jahreszeit einzutauchen, braucht es nur viel Zeit in der Natur, wie ich finde.

Am Donnerstag kam ich mit einem Nachtzug aus Berlin in Passau an, schaute mir erst ein bisschen die Stadt an und fuhr am Nachmittag 50 Minuten mit dem Bus in das Dorf, wo ich ein Zimmer in einem Hotel gebucht hatte. Drei Nächte mit Frühstück und Kaffee/Kuchen am Nachmittag für 110 Euro (also nicht mal 40 € pro Nacht!) fand ich einen super Preis.

Als Gedicht habe ich einen Text von Adalbert Stifter herausgesucht. Er hat eine Weile genau dort gelebt, wo ich am Sonntag wandern war. Er hat genau über den Wald Texte geschrieben, der mich auf den Gipfel führte.

Donnerstag, der 19. Juni: Kurzbesuch in Passau

Nach einem Besuch im Dom (mit Fronleichnams-Gottesdienst und Abendmahl!) wandere ich hoch auf die Veste, eine berühmte Burgfestung oberhalb von Passau. Dort gehe ich ins Stadtmuseum, auf einen Aussichtsturm und an den Dreiflüsseblick (nächstes Bild).
Vom Dreiflüsseblick aus sieht man die drei Flüsse ineinander fließen: Die Ilz (Bildmitte, dunkelblau, kommt aus der Ecke unten links), Donau (mittelblau, kommt von rechts unten geflossen) und Inn (bräunlich, hinten, kommt von rechts geflossen). Das ganze Gemisch wird dann zu dem Fluss, den wir als Donau kennen.
Am Nachmittag noch ins Museum für moderne Kunst, wo eine junge Künstlerin namens Gloria Sogl eine Einzelausstellung hat. Sie „verschmilzt in ihren Arbeiten traditionelles Handwerk mit digitaler Technologie“; d.h. sie webt Teppiche aus digitalen Vorlagen und Techniken. „Diese Transformation übersetzt menschliche Gesten in codierte Muster und bewahrt dabei Spuren des „Begreifen“ an der Schnittstelle von Handwerk und digitaler Produktion.“ (Zitate aus dem Ausstellungstext)
Das gleiche Kunstwerk von oben, hier von hinten aufgenommen. Gefällt mir fast noch besser.
Das Kunstwerk nah (Teppichstruktur). Ich find’s total super. So einen Teppich hätte ich gern.

Freitag, der 20. Juni 2025: Wanderung entlang des Goldsteigs

Heute habe ich mir eine Wanderung entlang des Goldsteigs vorgenommen, der mich etwa auf halbem Weg auf einen Gipfel mit Aussichtsturm führt.

Der Goldsteig ist eine uralte Handelsroute zwischen Passau und Böhmen/Oberfranken, auf der die so genannten „Säumer“ mit Pferden das weiße Gold, nämlich Salz transportierten. Das Salz kam aus den Bergwerken Österreichs über die Donau nach Passau und wurde von dort eben mit den „Saumpferden“ weiter transportiert, noch bis ins 18./19. Jahrhundert hinein (all das habe ich gestern auf der Veste in Passau gelernt!). Ich finde es immer interessant, auf solchen alten Pfaden zu wandeln.

Der Ort, in dem ich bin, heißt „Sonnen“. Absolut passend zur morgigen Sommersonnenwende 😀 Diese Sonne steht vor dem Hotel.
Der Badeweiher unterhalb des Hotels, den ich aber vor lauter Wandern gar nicht benutzt habe.
Eintauchen in den Wald.
Der Wanderweg ist super abwechslungsreich und bietet immer wieder wunderschöne Ausblicke.
Ich bin froh, dass ich Sonnencreme dabei habe. Zwar wandere ich 80% im Schatten oder Halbschatten, trotzdem ist ja die Sonne jetzt am stärksten im ganzen Jahr.
Fetter Hahn auf einem Gehöft.
Es grünt und blüht und duftet.
Nachdem ich etwas abenteuerlich über zwei hohe Mauern mit Gestrüpp gestiegen bin (der komoot-Weg führte da eindeutig hoch!), komme ich an diesem alten Granit-Bergwerk raus. Der Mensch, der dort mit Steinen hantiert, erzählt, dass früher der Wanderweg tatsächlich über die Mauern führte, jetzt aber eigentlich um das Gehöft drumrum, das die Mauern begrenzt.
Die Wiesen werden hier gerade gemäht. Manche sind noch voller Blumen, manche schon gemäht. Mir tut es leid für die Insekten, die damit ihre Nahrung verlieren.
Kleiner Erlenbach am Wegrand.
Über einen steilen Waldweg habe ich mich in die Höhe geschraubt und habe plötzlich diese Aussicht.
Weiter geht’s. Auge und Herz trinken sich an Grün und Blau satt.
Dann steige ich steil bergan durch einen Wald.
Als der Wald sich lichtet, sehe ich den Aussichtsturm, auf den ich gleich steigen werde.
Die Aussicht ist wirklich grandios. Bayern von oben.
Über diesen Weg werde ich jetzt wieder absteigen und in einer großen Runde zu dem See auf dem vorigen Bild wandern.
Der Weg ist voll abwechslungsreich, so wie ich es liebe.
Das ist ein Kitz, das vor mir über den Weg gesprungen ist. Die Mutter hüpft hinterher, taucht dann aber sofort ins Unterholz ab.
Abstieg durch sattes Grün.
Bei diesem herrlichen Gerstenfeld mit seinen schönen Strukturen bleibe ich länger stehen und mache Fotos. Ich bin aber wohl nicht Fotografin genug, denn in echt war es viel beeindruckender als meine Bilder es zeigen.
Es wirkte ordentlich und unordentlich und bewegt und glatt zugleich.
Die drei Farben der Jahreszeit.
10 Meter von mir entfernt spielten neben dem Weg zwei junge Füchse. Ich LIEBE ja Füchse und bin total entzückt. Sie haben offensichtlich wenig Angst, so dass ich sie ein paar Minuten beobachten kann, wie sie von Baumstumpf zu Baumstumpf hüpfen. So süß.
Der Freudensee am Fuß des Berges.
Es ist eine Wohltat, hineinzuspringen, denn ich bin verklebt von Sonnencreme und Schweiß.

Vom Abend habe ich leider keine Bilder, aber das war total super: Abendessen gibt’s für mich im Gasthaus von Sonnen. Was mir etwas absurd vorkommt, aber offensichtlich hier ganz normal ist: Alle Tische sind schon reserviert, so dass es für mich keinen Platz mehr gibt. So werde ich kurzerhand am Stammtisch platziert und habe dort den Spaß meines Lebens. Ich erfahre, obwohl ich manchmal Mühe habe, den doch starken Dialekt zu verstehen, so viel über die Gegend und die hiesige Kultur, über Bräuche und Traditionen, bekomme super Wandertipps für morgen und freue mich an den freundlichen Menschen, die mich als Person von ganz weit her bestaunen, dabei bin ich doch nur aus Berlin! Das Meiste vermittelt sich nicht durch die Informationen, also den Sachgehalt, der mir vermittelt wird, sondern durch die Art und Weise, wie hier gesprochen und kommuniziert wird, wie Dinge eingeordnet werden und die Menschen hier reagieren. Wir streifen auch die Politik (Umwelt, Klimaschutz, Trump, Europa) und ich bin froh, dass offensichtlich keine AfD-Sympathisanten mit am Tisch sitzen. Die Ansichten am Tisch sind gemäßigt, europafreundlich und lassen soziale Gerechtigkeit als Grundwert erkennen. Puh.

Definitiv identifiziert man sich hier vornehmlich mit dem Landkreis, maximal noch mit Niederbayern oder gerade noch mit Bayern. Alles andere ist viel zu weit weg. Das nahe gelegene Dreiländereck wird von den Herren am Tisch mit „Österreich-Tschechien-Bayern“ bezeichnet 😀

Samstag, der 21. Juni 2025: Wanderung auf den Dreisessel-Gipfel

Meine neuen Freunde vom Stammtisch haben mir empfohlen, auf den nahe gelegenen Dreisessel zu wandern, wenn ich ein bisschen Höhe erleben will (was ich will). Die Tour ist eher kurz, aber ich möchte mir heute aus gesundheitlichen Grünen nicht so viel vornehmen und langsam machen.

Ich fahre erstmal mit dem Bus zur Endhaltestelle ins übernächste Dorf.

Die liebliche Landschaft aus dem Bus heraus fotografiert.
Bayrisch, wie es im Buche steht: Die Kirche im Dorf.

Von hier aus trampe ich zum Wanderparkplatz. Ich habe wieder unwahrscheinliches Glück, denn 10 Sekunden, nachdem ich den Daumen rausgestreckt habe, hält jemand. Wie sich herausstellt, ist es ein Mann der Bergwacht, der mich genau dorthin fährt, wo ein sehr schöner Weg zum Gipfel beginnt.

Der Wanderweg ist steil, aber traumhaft. Ich lasse mir Zeit und bleibe immer wieder länger stehen, um die Natur am Wegesrand zu beobachten und um ein paar Blumen zu pflücken, die mich anlachen. Hier zwei Baum-Weißlinge, wahrscheinlich bei der Paarung.
Hummel an Lupine.
Biene an französischem Milchlattich.
Walderdbeeren. Hmm!
Mehr Lupinen.
Auf dem besonnten Schotterweg sehe ich eine entkräftete Biene krabbeln. Ich möchte ihr helfen, was sich als längere Rettungsaktion herausstellt. Zuerst lasse ich sie auf ein Blatt krabbeln und gebe ihr erst einen Schluck Orangensaft zum Saugen und dann noch Wasser. Sie trinkt begierig, ist aber immer noch total schwach.
Ich lasse die Biene auf meinen Blumenstrauß krabbeln, wo sie sich sofort im Innern der Glockenblumenblüte verkriecht, dann aber wieder herauskrabbelt. Es sieht so aus, als habe sie dort Nektar getrunken. Sie macht aber immer noch keine Anstalten, wegzufliegen.
Ich komme an einem Brunnen vorbei. Dort setze ich die Biene auf den feuchten Rand, lege ein paar Glockenblumenblüten neben sie und baue ihr einen Sonnenschutz aus Farnblättern. Sie kriecht begierig in die dargebotenen Blüten und versorgt sich dort anscheinend mit dem, was sie braucht, fliegt aber immer noch nicht weg. Irgendwann sehe ich, wie sie ein Stück aus dem Schutz rauskriecht und ins Wasser purzelt. Ich rette sie mit einem Blatt und setze sie wieder unter dem Farn ab. Sie nährt sich nochmal an einer Blüte.
Nach einer Weile kriecht die Biene auf den Farn drauf und putzt sich. Sie sitzt da, putzt sich und atmet sichtbar. Und dann, plötzlich, fliegt sie fort! Ich jubele richtig und bin sehr berührt, dass das geklappt hat. Ich bin so froh, dass ich mir die Zeit genommen habe, die Biene zu retten. Gerade heute, in dieser Stunde um die Mittagszeit, in der die Sonne am allerhöchsten im Jahr steht und alle Wesen und Kräfte des Mittags, des Südens und der Sonne zusammenwirken. Das ist mein diesjähriges Mittsommer-Erlebnis.
Der Weg führt weiter steil bergan. Ich mache immer noch langsam, sammle an den Bäumen am Wegrand Fichtenspitzen für Waldsirup und nehme mir alle Zeit der Welt. Normalerweise wandere ich ziemlich schnell und zielstrebig, heute versuche ich, alles aufzusaugen und wahrzunehmen, was um mich ist.
Erster Blick ins Tal. Noch ca. 1 km zum Gipfel.
Jetzt bin ich oben angelangt. Man hat einen Wahnsinns-Blick in den bayerischen Wald, nach Tschechien und Österreich.
Die Berge im Hintergrund liegen in Tschechien.
Auf dem Gipfel posen verschiedene andere Wanderer. Viele sind aus Österreich, andere aus Tschechien und Deutschland.
Ich pose auch. Hinter mir: der bayerische Wald.
Auf dem Rückweg komme ich an unglaublich vielen roten Fingerhüten vorbei. Diese hier leuchten so wunderschön in der Sonne.
Auf dem Rückweg kommt zuerst kein Auto vorbei, das mich nach Breitenberg mitnehmen kann. Ich laufe also ein Stück. Im ersten Dorf nach dem Wanderparkplatz steht dieser Maibaum. In jedem Dorf hier steht übrigens einer.
Auch dieses Seniorenheim hat seinen eigenen Maibaum. Die Herren und Damen sitzen gerade draußen unter Schirmen zusammen und singen zur Gitarre. Ich bleibe stehen und höre zu, bis sie alle Strophen vom Kufstein-Lied gesungen haben. 🙂

Nach der Wanderung gibt’s wieder Abendessen am Stammtisch in Sonnen. Ich habe wieder einen unterhaltsamen Abend mit den Herren und kehre dann müde ins Hotel zurück.

Der Sonnenuntergang am 21.6.2025, Sommersonnenwende.
Auf dem Weg konnte man auf den Berghängen in der Ferne ein Sonnwendfeuer sehen – hier leider nicht im Bild.

So, jetzt lade ich das schnell hoch und wünsche eine gute Woche!
Später ergänze ich vielleicht noch etwas.

Liebste Grüße,
Eure Maike

Das WiB ist natürlich wie immer verlinkt bei Große Köpfe.

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