Das erste Adventswochenende haben wir in unserem Häuschen auf dem Land verbracht. Es war sehr adventlich. Ich sage ja immer, in diesem Haus muss man nur eine Kerze ins Fenster stellen, und schon fühlt man sich wie in Bullerbü. Dieses Wochenende haben aber auch die Natur und der Himmel mitgespielt. Es roch und fühlte sich draußen einfach adventlich an.
Wir haben es uns hauptsächlich drinnen gemütlich gemacht. Draußen haben wir Luft und Sonne geschnuppert, Zweige geschnitten und und selbst ein bisschen gelüftet. Viel Zeit für Draußensein ist in dieser Jahreszeit in diesen Breiten nicht: Heute war die Sonne um 15:30 Uhr hinter dem Horizont verschwunden. Es ist der Nordosten.
Die Phrase aus der Überschrift habe ich einem Lied entnommen, das ich bei der Suche nach „Gedicht Advent“ gefunden habe:
Dieser Beitrag ist verlinkt bei Große Köpfe, wo jeden Sonntag die Wochenenden in Bildern von Elternbloggern gesammelt werden. Obwohl ich ja eigentlich kein Elternblog bin, mache ich da so gern mit.
Samstag, der 28. November 2020
Mit der großen Tochter bin ich noch in Berlin. Sie hatte gestern Nachmittag eine Verabredung, die sie nicht absagen wollte. Mein Mann und die kleine Tochter sind schon gestern losgefahren. Die Große und ich haben ein bisschen exklusive Mama-Tochter-Zeit genossen und fahren heute mit dem Zug nach.
Diesen süßen kleinen Kranz hat die große Tochter geflochten. Er ziert unseren Küchentisch.
Meinen Tee trinke ich heute im Zug, denn der Zug fährt schon gegen acht.
Das Wetter auf dem Land ist herrlich. In Berlin war der Himmel grau. Hier ist er blau, und die Temperatur ist mild. Die Hagebutten leuchten.
Das ist unser großer Wacholderbaum, der leider keine Beeren fabriziert (die ja eigentlich kleine Zapfen sind). Ihm fehlt wahrscheinlich das gegengeschlechtliche Pendant zur Bestäubung. Aber seine feinen Zweige sind wunderbar für Dekorationszwecke.
Sternenmoos auf dem Grundstück. Ich mag es sehr. So ein hübsches Gewächs.
Wegen solcher kleiner, filigraner Anblicke bin ich so gern auf dem Land. Hier gibt es immer etwas Schönes zu sehen. Und ich habe hier immer Zeit und Muße, hinzuschauen.
Die kleine Tochter weicht mir nach einem Tag Trennung kaum von der Seite. Wir gehen zusammen auf dem Grundstück Zweige für Adventskränze schneiden. Ich möchte noch zwei Kränze binden: Einen für hier auf dem Land und einen für die Klasse der kleinen Tochter.
Bis zum Mittagessen binden wir Kränze. Die große Tochter verziert ihren Kranz, den wir nach Berlin mitnehmen wollen. Sie möchte weiße Kerzen verwenden. Dann findet sie in unserem Bastelschrank goldene Glitzerkugeln, mit denen sie den Kranz verzieren will. Ist ja nicht so meins, aber es ist ihr Kranz, also haben wir dieses Jahr goldene Glitzerkugeln am Adventskranz.
Ich flechte für die Klasse der kleinen Tochter einen dicken Kranz aus Fichte, Tanne, Eibe und Buchs. Weil die Zweige so frisch sind, wird der Kranz richtig schwer und massiv.
Auf dieses uralte Gestell flechte ich erst Eibenzweige als Basis und umhülle dann mit Wacholderzweigen. Das wird unser Adventskranz hier auf dem Land.
Nach dem Mittagessen machen mein Mann und ich einen Rundgang übers Grundstück. Es gibt immer was zu sehen und zu besprechen. Zum Beispiel wuchert ein invasorisches Gras (hinten links) übers Grundstück und wir müssen überlegen, wie wir damit umgehen. Es verdrängt fast alle anderen Arten, wo es wächst, und es ist hier nicht heimisch.
Die drei heute entstandenen Adventskränze: Der filigrane Wacholderkranz mit dicken, hohen Bienenwachs-Kerzen, der Kranz für die Schule mit dunkelroten Stumpen und der Kranz für unser Berliner Zuhause mit weißen Kerzen und Goldkugeln.
Ich probiere aus, wie der Wacholderkranz mit Kiefernzapfen in der Mitte aussieht. Ohne gefällt es mir besser. Ich bin ein schlichter Typ.
Wir kichern über diesen drolligen Typ, unseren Räuchermann. der heute aus der Adventskiste gekrochen ist. Die Kinder denken sich eine Geschichte aus, weil er den Korb mit den Pilzen so schön schwenken kann. Der Räuchermann mag Pilze heimlich gar nicht, seine Frau aber umso sehr. Er sammelt brav mit ihr Pilze, aber er überlegt die ganze Zeit, wie er die Pilze wieder loswerden kann… Auf dem Rückweg gehen sie über eine Brücke, die über einen rauschenden Bach führt. Und ganz zufällig schwenkt er dabei den Korb und verliert dabei die Pilze, die natürlich in den Bach fallen. „Liebe Frau, oh nein! Die Pilze sind in den Bach gefallen!“ — Eifrig schwenkt die kleine Tochter den Pilzkorb: „Jetzt kommt er um die Pilzpfanne drumrum!“ 🙂
Es wird früh dunkel. Mein Mann und ich gehen nach dem Mittagsschlaf mit den Hunden raus, während die Kinder oben im Spielzimmer spielen. Es herrscht eine magische Stimmung draußen: Der Beinahe-Vollmond scheint gleißend, die ersten Sterne glitzern, Bodennebel kriecht über die Wiesen, und aus dem kleinen Wäldchen mit dem Sumpf ruft ein Käuzchen.
Weil ich ein bisschen kränkele mit einem blöden Schnupfen, bin ich früh müde. Wir alle gehen früh schlafen.
Sonntag, der 29. November 2020
Ich wurde die ganze Nacht von einer meiner (chronischen) Krankheiten geplagt und wache leider nicht besonders erholt auf.
Da freut es mich, dass mein Mann schon die Holzöfen angeheizt und alles mit Kerzen beleuchtet hat. Draußen ist es noch ganz dunkel und kalt. Und wir haben drinnen so schönes Licht und so eine heimelige Wärme.
Mit den Töchtern und den Hunden kuschele ich mich unten ins Gästebett und lese aus den bei den Kindern gerade beliebten „Erzählungen“ von Astrid Lindgren vor. Heute zwei adventlich-weihnachtliche Geschichten: „Polly hilft der Großmutter“ und „Gute Nacht, Herr Landstreicher“. Das Zimmer ist übrigens nur mit Kerzen beleuchtet. Das Bett ist mein altes Kinderbett, das nach vielen Stationen hier seinen perfekten Platz gefunden hat.
Langsam wird es hell. Mein Mann ruft uns leise, denn es ist eine Hirschkuh auf der Wiese gegenüber vom Haus. Ich schleiche mich vorsichtig vors Haus und fotografiere in die Richtung. Wer gut hinsieht, erkennt das Tier auf dem (sehr schlechten) Foto. Die Tiere sind farblich gut getarnt!
Langsam wird es hell. Da leuchten am Fenster plötzlich die Transparent-Sterne, die ich gestern Abend noch aufgehängt habe. Die Kinder freuen sich.
Auf dem „Krippenweg“ von Maria und Josef leuchtet das erste Licht.
Zum Frühstück wird die erste Kerze am Adventskranz angezündet.
Die Mädchen wollen basteln. Zuerst werden Ketten aus Glanzpapier hergestellt, sozusagen als Einstimmung:
Dann möchte die große Tochter unbedingt etwas basteln, wozu man die Heißklebepistole braucht. Wir schauen uns ein bisschen auf Pinterest um und entscheiden uns für Weihnachtsbäume aus Stöckchen. Denn wir haben alles Material da: Eisstäbchen aus dem Sommer und Stöcke ohne Ende. Und eben eine Heißklebepistole.
Weil die Mädchen noch im Schlafanzug sind, gehe ich schnell ein paar Stöcke auf dem Grundstück auflesen. Ich nehme vor allem Birke.
Mit der Heißklebepistole, die die Tochter zum letzten Geburtstag bekommen hat, werden passend zurecht geschnittene Stöckchen auf einen Eisstiel geklebt.
So entstehen Tannenbäume. Die großen Bäume aus Birkenzweigen wurden auf eine alte Holzleiste geklebt, die ich im Schuppen gefunden habe. Jetzt sollen die Bäume noch ein bisschen verziert werden. Mit Goldsternen oder ein bisschen Glitzer. Ich möchte drei von den großen Bäumen hinter dem Adventskranz an die Wand hängen.
Nach dem Basteln gehen wir alle raus. Die Sonne scheint so schön vom blauen Himmel. Mit der kleinen Tochter hüpfe und renne ich über die Heide, Hand in Hand. Und wir atmen ein bisschen in die Sonne, weil das so gut tut. Vor uns liegen noch 4 Monate Grau in Braun mit wenig Licht. Da wollen wir einsaugen, so viel es geht.
Die Tochter spielt Freiheitsstatue.
Wir haben noch ein Thema mit den Kindern zu besprechen. Mein Mann hat einen Baum auf dem Grundstück gefunden, der perfekt als Weihnachtsbaum für uns geeignet wäre. Ihm fehlt ein Drittel, weil er im Rücken von einer riesigen Fichte beschattet wird, die ihm keinen Raum zur Entfaltung gegeben hat. Er ist nicht der schönste Baum, muss ohnehin weg und hätte dieses Jahr genau die richtige Größe. Und er würde nichts kosten, was uns bei unserer aktuellen prekären finanziellen Lage sehr entgegen käme.
Aber unsere Kinder sind höchst sensibel beim Thema Weihnachtsbaum. Ein Kind sieht oder fühlt z.B. in jeder Pflanze, jedem Tier, ja, sogar in jedem Kuscheltier, besonders geformten Gegenständen oder motivlichen Keksen das beseelte Wesen (sie isst zum Beispiel keine Kekse, die wie ein Tier oder ein Mensch geformt sind, auch keine Schoko-Osterhasen oder -Weihnachtsmänner). Besonders „hässliche“, unvollkommene Wesen wie z.B. verformte oder halb kaputte Kuscheltiere dürfen nicht angetastet werden.
Mein Mann und ich fühlen das besondere Wesen des Baums durchaus auch, aber wir sind etwas pragmatischer und unempfindlicher. Vielleicht, weil wir erwachsen sind. Weil wir das Empfinden des Kindes aber aufnehmen und respektieren, finden wir mit wenigen Worten einen gemeinsamen Weg. Kurz: Beide Töchter sind nun einverstanden, dass der Baum unser Weihnachtsbaum wird und haben ihn jetzt schon lieb.
Von vorn sieht der Baum super und gut gewachsen aus.
Aber von der Seite sieht man, das er hinten (rechts) ein wenig kahl ist, um es mal euphemistisch auszudrücken. Da war halt immer ein dicker Ast des Nachbarbaums im Weg. Das macht ihn aber zu einem idealen Eck-Baum. Und bei uns steht der Weihnachtsbaum immer in einer Ecke.
—
Aus der Mittagspause werden wir von einer der Töchter geweckt: „Mama! Papa! Die Schwester hat sich mit einem Messer ganz tief in den Finger geschnitten und es blutet ganz doll!“ Wir rennen runter und finden das Kind völlig aufgelöst weinend, mit bluttropfendem Finger im Bad stehen. Überall sind große Blutstropfen.
Aber es ist halb so schlimm. Eben ein recht tiefer Schnitt. Sie wollte einen Lebkuchen zerschneiden, um ihn mit der Schwester zu teilen. Wir sind da, trösten, helfen, verbinden und halten fest.
Viel Nähe, tröstende Worte und ein Tee später ist alles wieder gut. Aber es schmerzt und hat das Kind sehr erschrocken. Der Schreck ist ja das, was die Kinder am meisten durcheinander bringt.
Da kommt der schöne Sonnenuntergang gerade recht. Die Kinder schauen zwar nur kurz, aber sie finden es beeindruckend, wie der Himmel orange hinter den Bäumen leuchtet.
Ich gehe direkt mit den Hunden los und freue mich an dem tollen adventlichen Himmel:
Für uns kam dann nur noch die Rückreise nach Berlin.
Und so sitze ich jetzt am Küchentisch in Berlin, alles um mich herum ist ganz still. Eine Kerze brennt. Ich höre nur das Klacken der Tastatur und ganz, ganz leise ein feines Rauschen, das ich für das Rauschen der Heizungsrohre unter dem Haus halte. Draußen ist es ganz dunkel. Wenn ich durch das Küchenfenster rechts von mir blicke, sehe ich in dunkel Blätter, hinter denen vereinzelt kleine Lichter blinken. Das sind erleuchtete Fenster von entfernten Nachbarn.
Und ich finde: Genau so muss sich der Abend des ersten Advent anfühlen. Ich spüre der Stimmung der Natur nach, die ich heute draußen gefühlt habe. Und habe dabei ein freundliches Gefühl. Der Advent ist eine schöne Zeit. Bei uns eigentlich nicht besonders stressig, weil wir einfach nicht bei allem mitmachen. Ich bin eine große Verfechterin des Prinzips „JOMO“ = „The joy of missing out“ (anstelle von „FOMO“ = „The fear of missing out“). Shoppen ist ohnehin nicht mein Ding, und gerade zu Weihnachten mag ich es besonders nicht.
Wir begehen den Advent dafür stimmungsvoll. Morgens wird nur mit Kerzen beleuchtet. Wir lesen Schnüpperle, singen ein bisschen und freuen uns am Öffnen bzw. Wahrnehmen der Adventskalender.
Ich hoffe, bei Euch ist es auch stimmungsvoll. Wie begeht Ihr den Advent? Oder spielt Advent für Euch keine große Rolle?
Egal wie, und egal was uns allen dieses Jahr fehlt (meine Mädchen sind fast untröstlich, weil es dieses Jahr den Lucia-Weihnachtsmarkt nicht gibt. Der ist für sie, wie sich jetzt herausstellte, ganz, ganz wichtig für das Adventsgefühl…), ich wünsche allen Leser*innen, dass Ihr die nächsten Wochen trotz allem in Gemütsruhe und Adventsstimmung verbringt und Euch die Freude am Schönen nicht verderben lasst.
Viele gute Momente wünscht allen für die nächste Woche
Eure Maike
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Liebe Maike,
wieder einmal danke für deine schönen Berichte!
Ich wollte dich nur darauf hinweisen, dass man auf dem Foto vom Lesen im Bett ein Nuckelfläschchen sieht…
Meine Tochter erbettelt sich ja auch hin und wieder eins (das ich für Krankheitszeiten aufhebe) 🙂
Aber vielleicht lesen auch Bekannte/ Schulkameraden oä mit… nicht dass jemand es als Anlass zum Spotten nimmt…
Recht schöne Grüße,
Heidi
Oh, danke Dir, Du hast recht, an Spotten habe ich nicht gedacht. Ich finde es ja gar nicht schlimm und habe überhaupt kein Problem damit, dass unsere Tochter morgens beim Vorlesen gern aus dem Nuckelfläschchen trinkt. Warum nicht? So kann wenigstens der Tee nicht verschüttet werden (was bei mehreren Leuten im Bett unweigerlich der Fall ist – auch ich verschütte gern meinen Tee im Bett, wenn ich nicht höllisch aufpasse… 🙂 Aber Du hast natürlich recht, dass andere sich darüber lustig machen könnten. Ich weiß, dass die Freund*innen der Kinder ziemlich sicher nicht im Internet unterwegs sind, und wenn, dann bestimmt nicht auf meiner Seite 🙂 Dennoch, Vorsicht ist die Mutter der Porzellankiste. Ich glaube, ich entferne das Bild lieber! Danke Dir!!!!