Endlich waren wir mal wieder auf dem Land in unserem Wochenendhäuschen. Der Frühling ist hier noch nicht so recht angekommen, alles ist noch stumm und winterstill. Nur die Schneeglöckchen strecken schon ihre Köpfe aus dem Boden.
Es ist angesichts der weltpolitischen Lage und der vielen verzweifelten Menschen in der Ukraine nicht einfach, hier von unserem schönen Wochenende zu schwärmen. Aber Trübsal blasen hilft ja leider wenig. Ich kann nur Geld an vernünftige Hilfs-Organisationen und gute Energie ins Universum schicken. Hoffnung und Vertrauen.
Das Gedicht der Woche passt hervorragend zu den Natureindrücken dieses Wochenendes.
Samstag, der 26. Februar 2022
Guten Morgen. Die Vase hat die kleine Tochter aus einem Müllcontainer gerettet, der vor einer Töpferwerkstatt stand.
Schneeglöckchen auf unserem Grundstück. Ich mag sie so sehr.
Hier zu meiner Anleitung für Schneeglöckchen aus Papier, die wie echt aussehen.
Der Sturm von letzter Woche hat die Hälfte unseres Wacholders umgestoßen.
Das ganze Wochenende machen wir Frühlingsputz. Wir haben Haus und Garten gestern in einem ziemlich verdreckten und unaufgeräumten Zustand vorgefunden, an dem innen definitiv nicht der Sturm schuld war, sondern natürlich wir selbst. Wir haben das Haus das letzte Mal offensichtlich Hals über Kopf verlassen und ganz entgegen unserer sonstigen Gewohnheit nicht sauber gemacht. Jedenfalls mussten wir am Freitag schon ziemlich viel räumen und putzen, Winterdekorationen in Kisten versorgen usw., um uns wohl fühlen zu können.
Heute sucht mein Mann nach dem Frühstück als erstes am Haselstrauch nach einem geeigneten Stock. Er möchte für die große Tochter einen Bogen bauen. Sie braucht einen für ihr Faschingskostüm, denn sie geht als Katniss Everdeen aus den Tributen von Panem, die ja neben ihrer Rolle als Rebellin eine Jägerin und großartige Bogenschützin ist.
Spaziergang mit Hunden und kleiner Tochter, um Weidenzweige zu holen. Hier gibt es ja unendlich viele Weidenbäume. Nur leider sieht man nicht eine einzige Biene, die sich an den Kätzchen laben würde.
Hunde und Kind genießen den Auslauf. In der Stadt kann man nicht so gut rennen wie hier.
Für das Klassenzimmer der kleinen Tochter basteln wir Faschingsdekoration: Einen Wappen der Handwerkszunft der Spinner, der mit Transparent hinterlegt wird. Die Fenster werden alle mit Handwerkswappen geschmückt. Die Kinder gehen als Handwerker, denn sie befinden sich in der Handwerksepoche.
Das fertige Wappen, farbig hinterlegt.
Mittagessen: Lauch-Quiche mit Käse und Thymian aus dem Garten, der den Winter überlebt hat.
Dazu bunter Salat.
Ein paar Schneeglöckchen habe ich nach drinnen geholt.
Mein Mann holt die große Tochter am Bahnhof ab. Sie hat von Freitag auf heute bei einer Freundin übernachtet. Sie fährt heute zum ersten Mal allein mit dem Zug. Sogar mit Umsteigen, weil die direkte Strecke gesperrt ist.
Sonnenuntergangs-Spaziergang zu den Sielen auf der großen Kuhweide.
Ich liebe es, wenn der Abendhimmel sich in den riesigen Pfützen spiegelt. Tümpel, die ein Lichtstrahl trifft, fürwahr.
Es ist Feuer in der Wiese.
Und der ganze graue Februar-Himmel.
Als wir zwischen den Bäumen durchgucken, habe ich wirklich den Eindruck, da seien Lavapfützen im Gras, so sehr leuchtet es.
Die Kinder machen es sich zu Hause auf dem Sofa gemütlich. Endlich ist es ordentlich, sauber und gemütlich.
Auch auf dem Esstisch haben wir Weidenzweige und Narzissen platziert.
Am Abend nehme ich mir zwei Puppen vor, die ich letztes Jahr im Zuge der Entwicklung eines neuen Schnitts genäht habe. Beide brauchen Überarbeitung, bevor ich sie verkaufen kann. Ich habe diesen Schritt seit dem Sommer vor mir hergeschoben, denn ich schneide ungern fertige Puppen auf, und das ist hier nötig. Beide Puppen müssen „geköpft“ werden, weil ich bei der einen den Hals kürzen und bei der anderen den Hals stabilisieren muss, weil der Kopf immer „nickt“.
Bei dieser habe ich den Hals jetzt gekürzt, und ich bin zufrieden.
Bei der anderen Puppe mit der rosa Mütze habe ich den Hals von oben kräftig nachgefilzt, so dass er den Kopf jetzt besser tragen kann.
Schon fast vergangen, der „Februa“, aber die Tochter malt ihm trotzdem noch ein Bild.
Sonntag, der 27. Februar 2022
Sonne ist heute angesagt. Aber um 6:30 Uhr ist die ganze Welt draußen noch frostig und kalt, die Bäume reifbedeckt.
Erster Hundespaziergang mit Bodennebel. Danke dafür, Wettergott. Das tröstet mich ein wenig angesichts der Lage der Welt.
Die Sonne geht auf und hat schon Kraft. Bäume und Felder sind mit Eiskristallen bedeckt, die in der Morgensonne glitzern.
Es ist noch winterlich, aber wunderschön. Und das Licht ist definitiv schon stark.
Wieder: Tümpel, die ein Lichtstrahl trifft. Aber hier als Spiegel, da vereist.
Die Metallstange am Weidentor möchte den Frost nicht mehr haben.
Zu Hause macht mein Mann auf dem Holzofen Kaffee mit der einzigartigen kleinen Siebträger-Kaffeemaschine, die ich ihm zum Geburtstag geschenkt habe. Er sagt, dieser Kaffee schmecke wirklich wie in Italien.
Nach dem Frühstück wieder raus in die Sonne, mit Kindern und Hunden.
Diesmal strahlen die Siele knallblau. Die Farbe tut der Seele so gut.
Unsere kleine Emma hat einen verletzten „Daumen“, den wir desinfiziert und verbunden haben. Morgen gehen wir mit ihr zum Tierarzt, denn das Ganze sieht seit gestern nicht gut aus.
Beim Rückweg verirren wir uns zwischen den Sielen und müssen dreimal durch etwas tieferes Wasser waten. Meine Stiefel halten dicht. Die kleine Tochter stapft mit Turnschuhen durchs Wasser, wohl wissend, dass sie mit nassen Füßen und Schuhen nach Hause laufen muss. Die große Tochter zieht sich vorher die Schuhe und Strümpfe aus, aber leidet dann sehr, denn es ist echt kalt. (Was man im Video hört, ist die große Tochter, die nicht im Bild ist)
Ich, beschwichtigend: „Na komm, wenigstens wird das eine witzige Erinnerung; immerhin läufst Du im Februar schon barfuß über eine Wiese…“
Sie: „Na danke, auf die Erinnerung kann ich verzichten! Bei 5°C barfuß über eine Weide laufen, die eklig, nass, matschig und schleimig ist und zu 50% aus Hirschköttel und Kuhkacke besteht! Und außerdem piekst das Gras wie Nadelstiche!“
Das hatte ich vergessen, ihre Sensorik ist viel stärker ausgeprägt als bei andere Menschen. Über Gras laufen schmerzt sie wirklich. Und auf der Weide waren wirklich viele Hirschköttel und (alte) Kuhfladen.
Sehr tapfer läuft sie barfuß nach Hause. Obwohl das Gras weh tut, will sie die Schuhe nicht wieder anziehen, denn Schuhe auf feuchten Füßen kann sie erst recht nicht ertragen. Da wählt sie lieber das pieksende Gras.
Kein hübsches Bild, aber das Grüne sind die Blätter von Schlüsselblümchen hinter unserem Haus, auf die ich mich schon sehr freue.
Der junge Haselstrauch blüht.
Erste Wildkräuter als Salatzugabe: Haselkätzchen, Vogelmiere, Taubnessel-Blätter und Gänseblümchen.
Zu Hause bleiben mein Mann und ich in der Sonne vor dem Haus, während die Kinder drinnen warme Fußbäder nehmen und einen Film schauen. Mein Mann werkelt im Garten herum, ich sitze auf der Bank und recke mein Gesicht in die Sonne. Ich tanke Licht, wo ich kann, weil bei mir immer noch alles so trüb und düster ist. Ich komme aus dem Wintertief dieses Jahr nicht heraus, trotz Sizilien und Venedig.
Spätes Mittagessen, als die Sonne schon tiefer steht: Ofengemüse und Salat mit Wildkräutern, dazu Brot.
Nach einer kurzen Mittagspause fahren wir schon wieder zurück nach Berlin. Schön wars. Ich habe erfolgreich Eskapismus betrieben. Aber bereits auf der Rückfahrt im Auto bringt das Autoradio uns das Elend wieder nah.
Und morgen wird es weiter gehen. Ich muss mich mit fiesen Angelegenheiten beschäftigen, Stichworte Unterlagen, Formulare ausfüllen, Umsatzsteuer-Voranmeldung. Und die Nachrichten werden beweisen, dass alte weiße Männer mal wieder keine Skrupel haben, ganze Völker, vor allem Frauen und Kinder, ins Unglück zu stürzen.
Wünscht mir Motivation, denn ich habe keine. Ich möchte mich zur Zeit nur ins Bett verkriechen und erst wieder aufstehen, wenn alles auf magische Weise besser ist. Aber das wird nicht passieren. Es ist an mir, mein Bestes zu geben, damit die Dinge sich ändern. Nur fällt mir das aktuell so schwer, so schwer.
Ich hoffe, Euch Leser*innen geht es besser. ich freue mich immer über Kommentare und/oder Grüße. Egal zu welchem Thema.
Steht die Woche gut durch. Kriecht unter die Bettdecke und heult, wenn es Not tut. Aber dann: Gönnt Euch etwas Schönes. Wir haben noch das Privileg dazu.
Deine Maike
Dieser Beitrag ist wie immer verlinkt bei Große Köpfe.
Traumhafte Fotos – tut gut, in den aktuellen Zeiten mal etwas Schönes zu sehen.
Sonnige Grüße aus Rheinhessen,
Marijke
Lieben Dank, Marijke!