Lass dich nicht erschrecken: Wochenende in Bildern 22./23. Februar 2025
Wegen der Wahl sind wir zu Hause in Berlin geblieben, denn Briefwahl beantragen wir nur im Notfall. Außerdem hatte ich mich als Wahlhelferin gemeldet und war für ein Wahllokal am Zionskirchplatz eingetragen worden.
Angesichts der Wahlergebnisse habe ich als Gedicht der Woche das bekannte Lied von Wolf Biermann herausgesucht. Eigentlich bin ich nicht so der Biermann-Fan, aber dieser Text passt jetzt sehr gut:
Und ich gelobe feierlich: Ich lasse mich nicht verhärten und nicht erschrecken, denn ich weiß: Das Grün bricht aus den Zweigen. Das Leben und die Menschlichkeit können siegen. Hoffentlich auch in Deutschland.
Morgens: Atmen nach Michael Browns Presence Process, wo ich in der zweiten Runde bin. Danach noch eine kurze Körperwahrnehmungs-Meditation in der Badewanne.Am Vormittag lese ich in diesem fantastischen Buch, das mir meine älteste Freundin zum Geburtstag geschenkt hat. Eins der besten Bücher über die DDR und ein hervorragender Einblick, wenn man mehr davon verstehen will, warum in den östlichen Bundesländern so viele Menschen rechts gewählt haben. Ich kann das Buch SEHR empfehlen! Es ist nicht nur informativ, sondern auch unterhaltsam und poetisch geschrieben.Mein Mann und ich brauchen Ablenkung von den düsteren Gedanken zur Wahl. Wir gehen in eins der am wenigsten besuchten Museen Berlins: Das Kunstgewerbemuseum am Potsdamer Platz, neben der Philharmonie.Kraniche am Spätwinterhimmel über der Philharmonie.Zugang zum Kunstgewerbemuseum über das Untergeschoss. Kein Mensch hier.Im Obergeschoss seltsame Objekte aus 4 Jahrhunderten Kunstgewerbe. Zum Beispiel solche Porzellanobjekte aus dem 18. Jahrhundert: Terrinen in Form von Essbarem, hier z.B. in Form von Blumenkohl. Nennt sich „Schaugerichte“.Hier drei kleine Schüsselchen in Eichelform. Das haben sich reiche Leute auf den Tisch gestellt.Und hier ein zeitgenössisches Kunstwerk aus dem Jahr 2019, das sich mit der Idee der barocken Schaugerichte auseinandersetzt. Sehr, sehr schräg und eigenartig alles hier. Auch die anderen Besucher sind einzigartig: Zwei einzelne Männer, die ausgewählte Objekte ausführlich studieren und fotografieren. Sie wirken wie Menschen im Autismus-Sprektrum mit absonderlichen Spezialinteressen. Wir lieben es.Im Museum kann man auch viele unfassbar aufwändig hergestellte Schreibtische bewundern, die krasse Geheimfächer haben und, wie hier, kunstvolle Intarsien tragen.Im Untergeschoss dann besondere Stühle aus der Bauhaus-Zeit (und von später) vor besonderen modernen Tapeten.In der Mode-Abteilung wird man durch die Mode vom 16. Jahrhundert bis heute geleitet. Hier ein Musselin-Kleid mit Schleppe aus dem 18. Jahrhundert.Abstrakte Formen an einem Geländer im Museum.Als wir aus dem Museum kommen, dämmert es bereits.Wir sind mit der U-Bahn ins Scheunenviertel gefahren und gehen in einer alten Kneipe was trinken. Da waren wir schon seit vielen, vielen Jahren nicht mehr.Zu noch keuscher Stunde fahren wir gegen 20 Uhr nach Hause, denn die Kinder haben Hunger und wir auch. Das Foto habe ich gemacht, weil anscheinend ein Handy heutzutage nicht mehr reicht, um sich in der U-Bahn zu beschäftigen.Frühmorgendliches Atmen und eine Tasse Tee, bevor ich um 7 Uhr im Wahllokal 118 eintrudele.Wir 10 Wahlhelfer*innen richten das Wahllokal her und teilen die Aufgaben auf. Ich bin wahrscheinlich im nettesten Wahllokal Deutschlands gelandet: Es ist keine kaputte Schule, sondern normalerweise eine Kneipe bzw. ein Veranstaltungsraum, wo kulturelle Veranstaltungen stattfinden. Es ist sehr gemütlich hier – große Holztische, Sofas und Sessel. Das Tollste: WIR WERDEN VON DEN EIGENTÜMERN BEWIRTET! In der Küche gibt es Tee und Kaffee, verschiedenes Gebäck, tolles Bio-Brot, Aufschnitt und am Mittag eine warme Suppe, die die Besitzerin der Kneipe selbst gekocht hat. Wir fühlen uns sehr privilegiert und wunderbar umsorgt.Meine Aufgabe: Ich gebe die Stimmzettel aus. Jede*r Wahlberechtigte bekommt genau einen Stimmzettel und wirft ihn unter Aufsicht des Wahlleiters in die Urne.Auch was die Wahlergebnisse betrifft, fühle ich mich privilegiert. In meinem Wahlkreis fielen die Erststimmen so aus.Und die Zweitstimmen so.Ich bin nicht sonderlich überrascht von den Wahlergebnissen, aber trotzdem bestürzt. Zwar bin ich froh, dass die unsägliche FDP raus ist (so verdient!), und dass die Linke mit ihrem großartigen Wahlprogramm und ihrer Power ein so starkes Ergebnis erzielt haben, aber natürlich bin ich geschockt von den vielen, vielen AfD-Wähler*innen und auch von den vielen Menschen, die sich offenbar Fritze SchMerz als Kanzler vorstellen können. Er ist, um @hopp_stagram auf Instagram zu zitieren, „der charakterloseste Kanzlerkandidat der bundesrepublikanischen Geschichte. Er wird an sich selbst scheitern – die Frage ist nur, wie viel irreversiblen Schaden er bis dahin angerichtet haben wird.“
Das einzige, was jetzt hilft: Hoffnung. Gemeinsam statt einsam. Zusammen weitermachen mit Gegenwehr und Widerstand. Natürlich auf demokratischen Wegen und ohne Gewalt, aber beständig und laut. Ich bin bereit.
Ich warte auch auf den Frühling, der dieses Wochenende zum ersten Mal ein zartes blaues Band hat spüren lassen. Die Vögel zwitschern schon, wenn wir um 6 Uhr morgens zum ersten Mal mit den Hunden rausgehen.
Nächste Woche beginnt die Fastenzeit. Wenn Du noch keine Idee hast, wie oder ob Du fasten könntest, schau mal in meinen Beitrag mit 21 Fasten-Ideen. Da ist für jeden was dabei.
Ich grüße Euch alle ganz lieb. Lasst gern mal einen Kommentar da und erzählt ein bisschen was von Euch. Ich weiß, dass viele Menschen meine Wochenenden in Bildern lesen, aber ich habe ja keine Ahnung, wer Ihr seid!
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