Gras rückwärts lesen oder Leben: Wochenende in Bildern 26./27. März 2022

Kann man vom Frühling schwärmen, wenn 800 km entfernt ein Krieg tobt? Ich fühle mich nicht gut dabei. Außerdem ist es hier im Nordosten noch gar nicht so richtig frühlingshaft, auch wenn meine Fotos dieses Wochenende teilweise anderes suggerieren.

In meinem direkten Umfeld gibt es Menschen mit ukrainischen Wurzeln, die zur Zeit so richtig verzweifeln. Das Gedicht dieser Woche ist angesichts der Weltlage dieses:

Leben rückwärts haben wir am Sonntag Morgen auch gehabt. Überhaupt kommt mir das Leben zur Zeit ziemlich nebelhaft vor. Ich tapse herum, ohne klare Umrisse zu erkennen, und frage mich, wo die Sonne ist.

Samstag, der 26. März 2022

Die Töchter und ich sind noch in Berlin, fahren heute aber noch aufs Land.

Morgenspaziergang in der Wohnanlage. Wenn man sich an die richtige Stelle begibt, wirkt die eigentlich noch recht karge Anlage ziemlich frühlingshaft.

Der große Mirabellenbaum gegenüber von unserer Küche blüht.

Eine meiner Lieblings-Nachbarinnen hat auf dem Hügelchen unter dem Mirabellenbaum ganz, ganz viele orangegelbe Krokusse gepflanzt. Endlich habe ich Blick auf richtig viel Goethe’schen Safran.

Zu Hause lacht mich diese niedliche Blüten-Familie an. Die habe ich selbst gemacht, hier zur Anleitung hier auf dem Blog inkl. Schnittmuster für die Umhänge.

Der Postbote bringt ein tolles Buch, das ich gebraucht erstanden habe: „Sizilien in meiner Küche“. Tolle Rezepte und Fotos sowie kulturell-kulinarische Geschichten über unsere Lieblingsinsel sind drin.

Plakat im Gebäude, wo heute der Geigen-Gruppenunterricht der Tochter stattfindet. Tja. Wenn Bomben fallen, nützt einem der Geist der Liebe und der Kraft leider wenig. Der Geist der Furcht aber auch nicht.

Wir drei Frauen der Familie fahren mit dem Zug aufs Land, wo mein Mann schon seit gestern ist und uns vom Bahnhof abholt.

Vielleicht wird aus der Narzissenwiese doch noch was.

Die ersten Hyazinthen sind im Garten endlich aufgebrochen und duften, wenn man vorbeigeht.

Das Immergrün blüht.

Und diese kleinen Sternenblümchen, deren korrekten Namen ich nicht weiß.

Erster Hundespaziergang über die Wiesen. Man ahnt den Frühling, wenn man sich bemüht.

Könnte auch im Winter sein.

Aber nein, es ist März, wenn Immergrün und Narzissen blühen, sagt das Tagebuch der Edith Holden.

Ich habe mir gestern die vierte Corona-Impfung verpassen lassen. Die macht sich bemerkbar: Ich bin sehr müde und mache einen langen Nachmittagsschlaf. Als ich aufwache und erst mit Mama telefoniert und dann Tee getrunken habe, ist es schon Zeit für unseren Sonnenuntergangs-Spaziergang.

Die Sonne ist schon unter.

Auf unserem Grundstück sieht man den leuchtenden Himmel nur durch Bäume.

Rosa Wölkchen.

Frühlingsfeuer: Mein Mann verbrennt Totholz (dürre Zweige), die von den Bäumen gefallen sind.

Wir nutzen die Gelegenheit zum Grillen.

Langsam wird es dunkel.

Die Kinder liegen um 20:00 Uhr in der Heia, denn heute Nacht wird uns ja eine Stunde geklaut. Sie sind aber auch müde nach der vielen frischen Luft.

Als ich runterkomme, ist „World Earth Hour“. Alle elektrischen Lichter bei uns sind aus. Mein Mann hat dafür Kerzen angezündet, sogar im Bad eine Osterkerze vom letzten Jahr.

Sonntag, der 27. März 2022

Heute Morgen ist es neblig. Sogar sehr. Es ist 7 Uhr nach Sommerzeit.

Ich gehe raus mit den Hunden und freue mich an dem Blick in den nebligen Wald. So mag ich den halb toten Wirtschafts-Wald mit den Kiefern noch am liebsten: Im Nebel.

Der Hund hat irgendwas erspäht.

Die wilden Gräser tragen einen Mantel aus Frost.

Der Zaundraht auch.

„Gras rückwärts oder Leben“.

Ich glaube, das sind Erlenblüten. Weiß es jemand sicher?

Zu Hause beschließe ich, den Ast in der Zimmerecke mit den Ostereiern von letztem Jahr zu schmücken, weil er gar zu karg aussieht. Normalerweise schmücke ich ja erst zu Ostern mit Eiern. Aber dieses Jahr fühlt es sich richtig an, das Symbol des Lebens schon früher ins Haus zu lassen.

Wer wissen will, wie ich die Eier gemacht habe, klicke hier (zur Anleitung).

Klein Töchterchen übt ein bisschen Geige.

Groß Töchterchen und ich gehen Wildkräuter auf dem Grundstück sammeln.

Wir haben gefunden: Vogelmiere, Taubnessel, ganz junge Brennnesseln und Löwenzahn.

Mein Mann pflanzt währenddessen die Holundersträucher ein, die meine Mama mir zum Geburtstag geschenkt hat. Sie wurden diese Woche geliefert. Wir hoffen, dass sie im sandigen Boden und bei dem geringen Niederschlag in dieser Gegend überleben.

Die Mädchen klettern und schaukeln währenddessen.

Mein Mann macht Anmachholz zurecht.

Mittagessen: Wildkräuter-Pfannkuchen und der erste Spargel, in Butter und Zitronensaft gedünstet.

À propos Zitrone: Der erste Zitronenfalter flattert durch den Garten.

Der Nebel hat sich komplett verzogen.

Ich habe am Vormittag dieses Strickkleidchen für Puppe Myrna fertig gestellt. Myrna ist meine Puppe für die Community-Aktion #dollsforukraine auf Instagram. Im Rahmen dieser Aktion versteigern Puppenmacher*innen aus aller Welt eine ihrer handgemachten Puppen. Der Erlös geht dann zu 100% an das Rote Kreuz in der Ukraine. Die Puppen werden in der Woche vom 7. bis 12. April auf den Instagram-Accounts der Puppenmacher*innen versteigert. Myrna natürlich bei mir (@feinslieb_waldorfblog).

Myrna kommt mit einem Kleiderset in Rosatönen und österlich-tröstlichen Beigaben als Symbole für die Lebenskraft. Auf Instagram kannst Du gucken, dort zeige ich Myrna in den nächsten Tagen mit ihrem gesamten Outfit. Unter dem Hashtag #dollsforukraine siehst Du auch die Puppen der anderen Puppenmacher*innen.

Myrna, meine Puppe für #dollsforukraine auf Instagram. Sie wird vom 7. bis 12. April auf Instagram für das Rote Kreuz in der Ukraine versteigert.

Die ersten Schlüsselblümchen sind heraus.

Und schon ist es wieder Abend. Die Sonne ist schon wieder untergegangen.

Der Himmel glüht und glüht noch, als wir nach Hause nach Berlin fahren.

Ich wünsche allen Leser*innen eine gute Woche. So gut, wie es geht in diesen Zeiten. Ich freue mich wie immer über Kommentare. Nimmt Dich der Krieg und die Wehen der Corona-Pandemie auch mit? Oder ist alles paletti bei Dir? Ich freue mich, Stimmungen und Eindrücke zu lesen. Mir kommt es so vor, als seien alle Menschen niedergedrückt und schließen sich in ihre Käpselchen ein. Aber vielleicht ist das ja gar nicht so?

Da die Impfung mich immer noch müde macht, muss ich jetzt ganz schnell ins Bett.

Gute Nacht und alles Gute für die Woche wünscht

Deine Maike

Die Wochenenden in Bildern anderer Blogger*innen findest Du bei Große Köpfe.

Das könnte Dich auch interessieren:

Facebookpinterestmail

2 Kommentare Schreibe einen Kommentar

  1. Das mit dem Geist der Liebe und der Kraft ist anders zu verstehen. Es wird gesagt, Furcht ist nicht in der Liebe, sondern die volkommene Liebe treibt die Furcht aus. Denn die Furcht rechnet mit Strafe, wer sich aber fürchtet, der ist nicht vollendet in der Liebe. Wer also Gott vollkommen liebt, der braucht sich auch vor dem Tod (und vor Bomben) nicht fürchten. Denn man weiß, dass man nach dem Tod zum Vater geht. Wer aber nicht weiß, wohin er geht, der fürchtet sich. Aber du hast recht, dieser Geist nützt nichts, wenn man ihn nicht hat. LG.

    • Die wenigsten Menschen können (wie z.B. Dietrich Bonhoeffer) angesichts des Todes einen solchen Geist haben. Es ist nicht wirklich menschlich. Menschlich ist es, Angst zu haben und völlig verzweifelt zu sein. Und das ist auch vollkommen OK.

Schreibe einen Kommentar


Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.