Noch immer harren wir aus zu Hause in Berlin, im Haus, im Garten, in der parkähnlichen Wohnanlage zumeist. Es geht uns gut, die Kinder sind fröhlich und glücklich, wenn sie nicht gerade Schule machen sollen. Nur blutet uns das Herz, weil rund ums Haus auf dem Land die Pflanzen vertrocknen. Seit Mitte März hat es nicht mehr geregnet. Deswegen hoffen wir auf den Regen, den die Wetter-Apps ab Mittwoch ankündigen.
Wir hatten ein wie immer schaffend tätiges Wochenende. Es wurde Brot gebacken. Wir haben dem Wohnzimmer endlich Vorhänge verpasst (auwei, wir wohnen hier schon seit 2016!). Wir haben einen Ausflug zur Gedenkstätte Berliner Mauer an der Bernauer Straße unternommen.
Das Zitat aus der Überschrift stammt aus einem Vers des romantischen englischen Dichters Samuel T. Coleridge, den ich im Tagebuch der Edith Holden gefunden habe:
Samstag, der 25. April 2020
Als erstes wie immer noch vor 7 Uhr raus mit dem Hund. Hach, die Natur ist jetzt einfach eine einzige Pracht. Überall riecht es schon zart nach Flieder bei uns in der Wohnanlage. Bis die ganze Luft süß duften wird, kann es nur noch ein paar Tage dauern.
Die Kastanien sind zum Teil schon erblüht.
Wieder zu Hause: Frühsport am Morgen für alle, denn wir fühlen uns ein wenig eingerostet. Normalerweise bewegen wir uns alle viel, gehen zu Fuß, fahren alle Touren in der Stadt mit den Rädern usw. Mein Mann hat auf Radio Eins das Fitnessprogramm „Der schöne Sport“ aufgetan. Das ist während der Corona-Krise ein tägliches, nicht zu krasses Programm mit der ehemaligen Olympiateilnehmerin im Kunstturnen und heutigen Fitnesstrainerin Anke Schönfelder. Sie macht das wirklich sympathisch, und man kommt ein wenig ins Schwitzen.
Der Hund denkt, wir spielen mit ihm, und hüpft fröhlich um uns herum, während wir auf uns mit der Teigrolle nach vorne schieben, auf Kissen dribbeln, Nudelpackungen hochwerfen (ernsthaft!) und im 90°-Winkel an der Wand sitzen (aua!).
Danach fühlen wir uns alle super.
Wie jedes Wochenende gestalte ich unsere jahreszeitliche Fensterbänke neu. Auf dem Buchständer in der Küche wird eine neue Seite in Edith Holden Tagebuch aufgeschlagen. Ich liebe ihre schönen Zeichnungen von Blumen, Pflanzen und Tieren.
Sauerteig für ein reines Roggenbrot mit Gewürzen ansetzen. Die kleine Tochter hilft, die Schüssel zu drehen, damit das Mehl aus der Getreidemühle keine zu großen Haufen in der Schüssel bildet.
Ich habe in den letzten Wochen ein traumhaftes „Roggen-Anstellgut“ (=Sauerteig-Vorstufe) fabriziert. Dieses wird nun mit frisch gemahlenem Roggenmehl und Wasser zu einem Sauerteig angesetzt, der bis morgen reifen wird. Denn morgen soll gebacken werden.
Ich habe mich für ein Roggenbrot aus Lutz Geißlers „Brotbackbuch Nr. 1“ entschieden. Das ist der „Brot-Perfektionist“ vom Ploetzblog, den eigentlich alle kennen, die in Deutschland mit Sauerteig backen und dazu auch mal online recherchieren.
Mein Mann und ich fahren zu IKEA und holen Bestelltes ab („Click & Collect“ funktioniert übrigens super, wir sind nach einer Stunde schon wieder zu Hause!).
Ich habe seit Wochen auf ebay Kleinanzeigen nach gebrauchten Drehstühlen für die Kinder gesucht, bin aber nicht fündig geworden. Entweder waren die Stühle hässlich wie die Nacht, schmutzig oder genau am anderen Ende Berlins abzuholen.
Wir kaufen ja so gut wie nichts Neues, aus ökologischen, aber auch aus finanziellen Gründen. Gleichzeitig haben die Kinder sich aber beide in Drehstühle von IKEA verliebt, wo wir eigentlich prinzipiell nicht einkaufen wollen. Wegen Corona und ausnahmsweise haben wir dann aber gestern spontan die beiden Wunschstühle bei IKEA bestellt. Die Kinder schreien vor Freude, als wir mit den Stühlen und einem goldenen Übertopf für den Kaktus der Tochter nach Hause kommen.
Beide Mädchen schrauben ihre Stühle selbst zusammen, die kleine Tochter mit ein wenig Unterstützung durch mich.
Die Große kommt schon ganz allein zurecht. Die Stühle werden anschließend gehörig bewundert und eingeweiht.
Spargel mit Sauce Hollandaise und Röstkartoffeln für mich. Die Kinder und mein Mann, die ja keinen Spargel mögen, hatten Salat und Pizza und genießen jetzt ihren Nachtisch auf dem Sofa bei „Shaun das Schaf – der Film“. Laute Lachsalven dringen aus dem Wohnzimmer nach oben, wo ich im Nähzimmer Vorhänge nähe.
Abends gehen wir alle nochmal raus mit dem Hund und bewundern die grüne Pracht und die Blüten rund ums Haus.
Links hinter dem Efeu befinden sich die Mülltonnen 🙂
Am späten Abend setze ich noch das „Brühstück“ an. Nein, nicht das Frühstück. Das Brühstück ist neben dem Sauerteig eine weitere Komponente für das Brot, das morgen gebacken werden soll. Dazu wird mittelfeines Roggenschrot mit kochendem Wasser und Salz verrührt und bis morgen stehen gelassen.
Sonntag, der 26. April 2020
Wieder mit dem Hund unterwegs. Leute, sagt mir bitte in den Kommentaren, wenn Euch die ewigen Bilder aus unserer Wohnanlage nerven. Könnte ich gut verstehen. Leider bewegen wir uns situationsbedingt zur Zeit nicht viel raus hier.
Wir genießen zur Zeit die Weitläufigkeit und das viele, abwechslungsreiche Grün der Anlage. Überall brechen hier gerade die Blüten auf. Autos dürfen hier gar nicht rein, und man hört überhaupt keinen Autolärm hier drinnen, nur das Zwitschern vieler, vieler Vögel. Das große Gebäude im Hintergrund ist eine katholische Kirche, die direkt dem Vatikan untersteht. Es ist auch ein kleines Kloster angegliedert, dem 10 Mönche angehören.
Hach, der schöne Flieder überall!
Eine lange Runde Harry Potter-Vorlesen am Küchentisch, dann mache ich mich ans Brot backen. Der Teig muss in mehreren Schritten verrührt werden und dazwischen mehrmals eine halbe Stunde lang gehen.
Die kleine Tochter macht Quatsch mit dem Hund. Er liegt wirklich freiwillig so da und wartet darauf, dass er gekrault wird. Irres Viech.
Die große Tochter will auch was backen und entscheidet sich nach längerem Prüfen der Optionen für einen Rhabarber-Apfel-Crumble mit Streuseln.
Den gibt es zum Mittagessen zum Nachtisch, nach einer Gemüsesuppe.
Mein Mann hängt inzwischen die neuen Vorhänge im Wohnzimmer auf. Wir sind ganz baff: Was für ein schöner Effekt! Auch die Kinder lieben es.
Wir haben ja die Corona-Zeit wie viele andere Menschen für allerlei Renovierungen und Verschönerungen unseres Berliner Hauses genutzt. Wir haben ganz viel umgeräumt, aufgeräumt und ausgemistet, und einige Möbel renoviert. Denn wir hoffen immer noch, dass unser Haustausch Ende Juli vielleicht klappt. Dafür soll unser Haus natürlich proper und nicht so abgewohnt sein. Für uns natürlich auch, nicht nur für die Tauschfamilie.
Leider kommt es auf dem Foto nicht wirklich raus, aber auch vom Garten aus sehen die Wohnzimmer-Fenster jetzt viel besser aus.
Endlich ist das Brot fertig. Das Haus riecht einfach himmlisch nach dem Backen. Leider ist die Kruste etwas aufgebrochen. Wahrscheinlich, weil ich den Teig nicht gut verschlossen habe. Aber eventuell auch, weil er in manchen Phasen etwas zu lang gegangen ist. Ich habe dem Teig mehr Zeit gelassen als im Rezept stand, weil ich statt Roggenmehl Typ 1150 Vollkornmehl verwendet habe.
Nach dem Abkühlen wieder zurück ins Gärkörbchen, weil das auf dem Bild im Rezeptbuch so hübsch aussah. Ich habe die klassischen Brotgewürze Kümmel, Fenchel und Koriander ins Brot getan und freue mich schon auf den ersten Bissen Butterbrot morgen. Weil die Kruste noch brüchig ist, werde ich mit dem Anschneiden bis morgen warten. Es hieß im Rezept auch, dass das Brot nach 1-2 Tagen erst sein volles Aroma entfaltet. Ich bin schon gespannt.
Mit den Rädern zur Gedenkstätte Berliner Mauer an der Bernauer Straße. Die große Tochter macht für die Schule eine freie Arbeit über unseren Kiez. Da möchte sie etwas über die Mauer schreiben, weil die unseren Kiez einmal eingerahmt hat. Unser Kiez war von zwei Seiten von der Mauer eingefasst, weshalb hier früher niemand wohnen wollte. Wir wollen der Sache einmal auf den Grund gehen, damit die Tochter mehr Informationen für ihre Arbeit hat.
Unser Kiez ist so grün. Ich liebe das.
Mein Mann hat die Maueröffnung und viele Ereignisse vorher und nachher hautnah miterlebt. Er erklärt den Kindern alles, was sie noch nicht verstehen. Die große Tochter weiß natürlich schon Einiges über die Mauer.
Das runde Gebäude ist eine Kirche, die vor wenigen Jahren anstelle der Versöhnungskirche gebaut wurde, die 1980 gesprengt wurde. Die Kirche stand sozusagen mitten in der Mauer; die Mauer trennte die ehemalige Gemeinde. Dabei fiel das große Kreuz, vor dem die Kinder gerade stehen, vom Kirchturm auf den Friedhof. Die Friedhofsgärtner retteten es. Jetzt ist es mitsamt gebogener Spitze Teil der weitläufigen Open Air-Ausstellung auf dem ehemaligen Mauerstreifen.
Hier kann man durch Schlitze auf den ehemaligen Todesstreifen blicken, der inklusive Wachturm an dieser Stelle rekonstruiert wurde.
Hier ist alles zum Anfassen und hautnahem Erleben.
Von der anderen Seite (der „Westseite“) kann man an den Eisenstäben an der Mauer hochklettern. Dieses Stück ist ein kleines Stück Original-Mauer.
Die Tochter möchte natürlich einmal durch das Loch gucken.
Auch die Kleine versucht ihr Glück.
Auf dem Rückweg nach Hause hören wir am Vinetaplatz eine Nachtigall schlagen. Ich liebe den Gesang von Nachtigallen. Dieses Pfeifen und Gurren, das Säuseln und Zwitschern. Es rührt mich immer, wenn ich eine Nachtigall höre. „Oh, einer Nachtigall ergötzlicher Gesang!“ Hier in den Berliner Parks gibt es viele Nachtigallen. Und sie singen ganz und gar nicht nur nachts, sondern gern gegen 17 Uhr nachmittags.
Als wir wieder zu Hause sind, ist die kleine Tochter plötzlich total schlapp. Sie möchte ins Bett und kuscheln. Mein Mann und ich lesen abwechselnd vor — dabei hätte ich so gern an der aktuellen Puppe weiter gebastelt.
Aber dann ist es schon Abend und wir alle sind müde. Die Kinder gehen um 8 ins Bett, mein Mann nimmt noch ein Bad und folgt dann den Kindern.
Ich habe zur Zeit das Gefühl, nichts zu schaffen. Ich komme gerade weder mit den Puppen noch mit dem Blog voran. Das liegt vor allem daran, dass ich wieder an der Uni unterrichte und das einfach viel mehr Zeit frisst als gedacht. Ich muss Seminarstunden vorbereiten und Präsentationen erstellen, und dann natürlich per Konferenztool die Vorlesungen halten (das klappt jetzt). Das nimmt ganz schön viel Zeit in Anspruch. Macht aber auch Spaß.
Ich hoffe, Euch geht es noch gut. Mir geht ein bisschen die Kraft aus, denn ich bin ja ein Mensch, der gern allein ist. Und dadurch, dass die Kinder rund um die Uhr zu Hause sind und ich nicht in ein Café oder anderswohin ausweichen kann, fällt mir ein bisschen die Decke auf den Kopf. Ich plane einen Blogbeitrag zum Thema „Alleine sein und warum wir das auch als Eltern dürfen“, und hoffe, dass ich ihn diese Woche fertig stellen kann.
Es ist wirklich absurd, wie sehr sich die Situation von Menschen mit und ohne Kinder aktuell unterscheidet. Singles und Pärchen langweilen sich und leiden unter Einsamkeit, weil sie weniger soziale Kontakte und Aktivitäten haben als sonst.
Eltern wissen dagegen nicht, wie sie all die zusätzlichen Aufgaben bewältigen sollen. Die Zeit reicht einfach nicht für Haushalt, Einkaufen, Kochen (bei allem dreien ca. 30-50% mehr Zeitaufwand, wenn Kinder rund um die Uhr zu Hause sind), Administratives, Homeoffice UND Beschulen der Kinder. Es ist einfach unmöglich zu schaffen. Man hat keine freie Sekunde. Bitte melde sich, wem es anders geht – was ist Dein Rezept?
Hoffen wir, dass wir alle die Nerven bewahren. Nach wie vor ist mein Credo „Lieber weniger als mehr machen“ (besonders, was das Schulische betrifft). Liebevoll, friedlich und wertschätzend mit sich selbst sein. Denn es ist nicht leicht aktuell, und wir alle geben unser Bestes.
Ich wünsche Euch, dass Ihr die nächste Woche friedvoll und mit guter Energie bewältigt. Versucht, Genuss einzubauen. Das hilft und tröstet.
Wie immer freue ich mich über Grüße und Berichte, wie es Euch aktuell geht!
Eure Maike
Die Wochenenden anderer Familien wie immer hier, auf dem Blog Große Köpfe aus Berlin.
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