Trotz einigen Terminen haben wir es aufs Land geschafft. Die Natur zeigt sich ja jetzt von ihrer prächtigsten Seite. Überall strotzt es vor Farben und Saft, die Vögel jubilieren, und es duftet in vielen verschiedenen Nuancen, wo auch immer man draußen ist und zu welcher Tageszeit. Wir haben so viel Zeit wie möglich draußen verbracht, rund ums Haus, auf unserem Grundstück, spielend, gärtnernd, gießend, grillend, erntend. Denn auch zu dieser Jahreszeit kann man etwas ernten, auch wenn man keine Kräuter angebaut hat….
Als Gedicht habe ich für dieses Wochenende wieder eines von Max Dauthendey ausgesucht:
Eil‘ dich, die Bäume blühen!
Eilt euch, eil‘ dich, die Bäume blühen!
Voll Liebesblicke die Bäume stehen;
Eh‘ du hingesehen, will’s schon vergehen.
Komm zu den hellen verliebten Bäumen,
Die alle Wege jetzt hochzeitlich säumen!
Sollst dich ins Licht zu ihnen stellen,
Lächelnd wird spielend sich zu dir gesellen,
Daß auch dir die Blicke verliebt aufglühen. –
Eilt euch, eil‘ dich, die Bäume blühen!
(Max Dauthendey, 1867-1918)
Ich bin dem Ruf des lyrischen Ichs gefolgt und habe die blühenden Bäume und Blumen dieses Wochenende wirklich genossen. Aber los ging der Samstag erstmal in Berlin:
Samstag, der 11. Mai 2019
Die kleine Tochter hat heute noch eine Geigen-Gruppenstunde; anschließend gibt es ein klassen-internes Konzert, bei dem einige Schüler solo vorspielen. Wir fahren mit dem Fahrrad hin. Der Mai ist auch in der Stadt und in unserem Viertel schön. Die Kastanien blühen über dem Gehweg:
Hier darf meine Tochter in der Gruppenstunde die Anfänger mit der Geige „anführen“. Das macht sie voller Stolz. Ich bin manchmal baff, wie gern sie das alles macht, ganz ohne Druck und Zwang. Sie findet es einfach toll, Geige zu spielen und Teil der Geigenklasse zu sein. Sie wollte heute unbedingt ihr Dirndl anziehen, das sie sich letztes Jahr sehnlichst gewünscht hat.
Beim Konzert spielt zu meiner Überraschung dann auch meine Tochter ein kleines Solo. Davon wusste ich gar nichts; umso schöner ist die Überraschung, als meine Tochter auf die „Bühne“ gebeten wird. Und sie macht es so schön, mit innerem Ausdruck und Taktgefühl. Mama stolz!
Nach dem Konzert spielen die Kinder auf dem Spielplatz; meine Tochter und ihre Freundin aus der Geigenklasse verzieren eine Sandburg mit Blüten und Blättern.
Wir bringen die große Tochter zu ihrer Freundin, wo heute eine Übernachtungsparty mit vier Mädels aus der Klasse stattfindet. Wir Eltern und die kleine Tochter fahren aufs Land. Gleich nach Ankunft sehen wir diesen wunderschönen Fuchs auf dem Feld in der Nähe des Hauses:
Kurz darauf noch einen zweiten Fuchs, der einen dicken Vogel im Schnabel hat. Mein Mann erzählt, er habe kürzlich gelesen, dass die Fuchs-Populationen in der Nähe von Windrädern in den letzten Jahren stark zugenommen haben, denn den Füchsen dort fällt die Nahrung direkt vor die Füße, da so mancher Vogel durch die Windrad-Rotoren ums Leben kommt 🙁 Keine Ahnung, ob das stimmt… aber da fällt mir die Fuchs-Geschichte wieder ein, die ich mir mal ausgedacht habe und die ich mal in einem Buch verbraten wollte… das Buch muss ich unbedingt mal angehen, denn das war eine ganz besondere Liebesgeschichte, die dramatisch mit einem Fuchsbiss begann.
Aber bei uns gibt es keine Windräder, dafür viele Vögel. Auf einem anderen Feld sehen wir zwei Kraniche mit Babys:
Auf unserem Grundstück entrollt sich hinter dem Schuppen der Farn:
Männertreu wächst zwischen den Grashalmen.
Und eine Hornisse ist auch schon unterwegs. Ich freue mich sehr, dass es bei uns Hornissen gibt. Sie sind ja streng geschützt; man darf sie keinesfalls töten oder ihre Nester zerstören. Außerdem fressen sie im Sommer einen guten Anteil der lästigen Mücken weg. Ein Hornissenvolk frisst mehrere Kilogramm Insekten pro Saison!
Dieses ist sogar vermutlich eine Hornissenkönigin, denn sie ist deutlich größer als 2,5 cm. Außerdem passt die Zeit; denn Anfang/Mitte Mai verlassen die Königinnen ihr Winterquartier und fangen an, ein neues Nest zu bauen und die ersten Eier zu legen. Erst vier Wochen später schlüpfen die ersten Arbeitshornissen.
Die Tochter und ich genießen schöne Zeit zusammen. Zuerst führt die Tochter mich über Grundstück und erklärt mir die Natur, wie ein Guide. Sie zeigt mit einem kleinen Stöckchen auf verschiedene Bäume, Pflanzen und Gewächse und erklärt, warum die so wichtig sind. Sie denkt sich da lustige Sachen aus, aber eins ist klar. Sie hat verstanden, dass jede Pflanze eine Rolle spielt. Besonders amüsant: Wenn wir zu einer neuen Pflanze gehen, sagt sie immer „Und nun kommen wir zu Projekt 4…“ (oder 5 oder 6 oder 12, wobei die Reihenfolge der Zahlen ganz vorschul-mäßig sehr eigenwillig geordnet ist).
Dann spielen wir draußen mit den Spielzeugtieren. Die Tochter denkt sich eine Geschichte aus. Die führen wir dann für den Papa als Theaterstück auf. Die grobe Handlung: Die Tiere werden von einem riesigen Ameisenvolk bedroht (das tatsächlich in Sichtweite auf dem Baustamm unserer ehemaligen Birke lebt). Sie bauen sich Höhlen unter den Tüchern, wo sie sich verstecken, wenn die Ameisen kommen. Außerdem müssen sie sich natürlich Essen besorgen und eine sichere Schlafstätte einrichten. Zum Schluss verlegen die Tiere ihr „Heim“ nach oben auf einen Tisch, wo sie ganz sicher sind, weil die Ameisen nicht raufkommen. Ich glaube, die Tochter verarbeitet damit auch eine ganz unterschwellige Angst vor den Ameisen, die sie zwar fasziniert beobachtet, die ihr aber definitiv nicht ganz geheuer sind.
Hier die roten Waldameisen, die es sich auf dem Stumpf der Birke nebenan gemütlich gemacht haben. Wobei gemütlich nicht das richtige Wort ist, denn sie sind unermüdlich am Werkeln.
Wir grillen an unserer Feuerstelle, bis es dämmert und es uns zu kühl wird. Die Tochter ist total müde und wird ins Bett gebracht. Als sie tief schläft, genießen mein Mann und ich noch einen kleinen Abendspaziergang übers Grundstück und auf die Wiese gegenüber. Der Himmel ist tief rosa, orange und gelb. Es leuchtet richtig, viel stärker als auf dem Foto.
Sonntag, der 12. Mai 2019
Die Sonne scheint, die Vögel zwitschern und der Himmel leuchtet blau. Es riecht unwahrscheinlich frisch und gut draußen.
Auf dem Grundstück blühen die Maiglöckchen und duften uns mit ihrem betörenden Parfum ein.
Auch heute wird nochmal am „Theater-Set“ von gestern gespielt. Die Tochter hat eine neues Pferdchen, das unbedingt eine Hauptrolle spielen will. Heute spielen aber die Ameisen vorn nicht mehr mit. Mein Mann hackt dafür hinten Holz.
Es gibt viele Insekten hier, die ich noch nie gesehen habe. Diese Art von dicker Fliege zum Beispiel, die auf dem Flieder Platz genommen hat.
Unser Hausdach. Es ist jetzt so schön grün ringsherum.
Die Tochter möchte auch ein wenig fotografieren. Sie macht eine ganze Reihe schöner Bilder, hier vom Weißdorn.
Mama pflückt Weißdorn für „Herzwein“. Weißdornblüten und -blätter wirken unheimlich kräftigend aufs Herz, als Tee oder als „Herzwein“ zubereitet. Ich will das mal ausprobieren. Mir kann ein Herzwein sicher nicht schaden, aber meinem Vati will ich auch welchen verabreichen.
„Mama, halt die Blüten mal so hin!“
Heidekraut sieht von Nahem wie kleine Orchideen aus.
Den Weißdorn lieben Insekten sehr. Im Juni kann man unter Umständen Hunderte verschiedene Arten auf einmal auf den Sträuchern sehen.
Die Tochter möchte ein Foto von mir machen und gibt mir genaue Anweisungen, wie ich mich hinsetzen soll, wohin ich schauen soll und wo und wie ich die Hände hinlegen soll. Das Ergebnis ist dieses Foto:
Und dann dieses („Und jetzt guck zu mir!“):
Dann will sie noch fotografieren, wie der Hund und ich auf sie zurennen.
Unser Hund macht wirklich alles mit. Wir haben definitiv den richtigen Familienhund ausgewählt.
Eilt Euch, die Bäume blühen! Voll Liebesblicke die Bäume stehen!
Nach dem Mittagessen (das wir draußen vor dem Haus auf der Bank in der Sonne genießen), machen wir einen kleinen Barfuß-Spaziergang. Es ist ja nichts Besseres für den Menschen, das Knochengerüst und die Haltung, viel barfuß zu gehen. Das möchte ich dieses Jahr gern öfter machen. Die Tochter geht ohnehin am liebsten barfuß, unter anderem, weil ihre Tagesmutter immer mit den Kindern barfuß gegangen ist.
Am Nachmittag geht’s wieder nach Berlin, erst die große Tochter von der Übernachtungsparty abholen, dann schnell nach Hause und die Omi vom Flughafen abholen. Denn die Omi passt nächste Woche auf unsere Kinder auf, während mein Mann und ich (tadaaaaaaaa!!!) morgen für eine Woche nach Palermo fahren. Zum ersten Mal seit mehr als 10 Jahren ohne Kinder verreisen, und dann auch noch in unsere Traumstadt. Ich freue mich total: einfach stundenlang flanieren, ohne auf müde Kinderfüße Rücksicht nehmen zu müssen. In Restaurants einkehren, die kein kindertaugliches Essen haben. In Läden hineinschauen, die Kinder null interessieren, sich dort mit den Leuten unterhalten und mehr über das Leben, die Stadt, die Besonderheiten herausfinden, ohne dass ein Kind ungeduldig am Rockzipfel zerrt. Sich abends einfach durch die Stadt treiben lassen, ohne Kinder ins Bett bringen zu müssen. Ganz lange in Kathedralen, Kulturzentren, Gärten und Museen bleiben — so lang wie wir wollen, und nicht so lang, bis ein Kind nicht mehr kann. Ich kann’s noch gar nicht glauben…
Das nächste Wochenende in Bildern kommt also aus Palermo!
Mehr Wochenenden in Bildern von anderen Familien findet Ihr hier, auf dem Berliner Familienblog „Große Köpfe“.
Liebe Grüße,
Maike
Wieder so schön, Euer Wochenende in Bildern 🙂
Wir hatten letztes Jahr im Mai eine Hornissenkönigin im Bad. Die war laut wie ein Hubschrauber und 5cm groß.
Ich musste erstmal googlen und habe so erfahren, dass es eine Königin gewesen sein muss. Ich hoffe, sie konnte ein Nest finden und einen Staat gründen, wir wohnen nämlich mitten in der Stadt mit winzig kleinen Gärten …
Lieben Gruß,
Anna-Maria
Ich denke, Hornissen finden auch in der Stadt Lebensraum und Nahrung 🙂 Wir hatten mal ein Wespennest unterm Sofa, wir haben das gemerkt, weil da immer Wespen drunterflogen… Das Nest war noch ganz klein, nur ein paar Waben, da hat mein Vater, der zu Besuch war, es einfach beherzt abgerissen, als nichts gesummt oder gebrummt hat…. 🙁 Naja, da waren erst 2,3 Wespen am Werk, glaube ich. Und die haben dann sicher einen anderen, besseren Ort gefunden als unser Sofa! Liebe Grüße an Dich!