Dies war ein schwül-warmes Wochenende zu Hause in Berlin mit einigen Gewitterschauern und einem herrlichen Sonntag mit einem kleinen spirituellen Erlebnis.
Das große Kind war bei seiner Freundin außerhalb Berlins. So hatten wir nur ein Kind zu Hause, was sich bei uns sehr bemerkbar macht.
Die Mücken sind aktiv, die Linden in den Straßen duften betörend, alle Vögel singen, der Himmel ist durchsichtig blau. Alles wächst und gedeiht mit voller Kraft. Der Juni ist der Monat mit der höchsten Energie, und man spürt es jetzt schon.
Das Gedicht der Woche ist von Georg Heym und beschreibt in vielen Versen eine Fronleichnamsprozession. Ich bin hier so frech und zeige nur die ersten beiden Strophen, weil die besonders gut passen.
Samstag, der 1. Juni 2024
Ich habe eine lange Chorprobe für unser Sommerkonzert am 22. Juni – ganz unten die herzliche Einladung und alle Informationen dazu. Das Konzert kostet keinen Eintritt, Spenden sind aber sehr willkommen.
Während der Chorprobe geht draußen ein intensiver Regenguss nieder. Danach strahlt der Hof hinterm Probenraum frisch glänzend und gewaschen.
Auf meinem Heimweg gerate ich unversehens in eine Free-Palestine-Demo. Ein klein bisschen mulmig ist mir im Bauch, als ich mein Fahrrad zwischen den laut rufenden Menschen hindurchschiebe, um aus dem Gewühl rauszukommen. Alles verläuft aber völlig friedlich.
Ich fahre durch den Mauerpark, wo es sich die Menschen gut eingerichtet haben.
Kleines Geburtstags-Stelldichein mit einer Freundin im Prater. Ich hole dort eigentlich nur die Tochter ab, die mit meinem Mann schon länger dort ist. Er bleibt noch ein Weilchen; die Tochter und ich fahren nach Hause.
Den Spaziergang mit den Hunden um 20:30 Uhr schaffe ich gerade noch so, dann falle ich ins Bett. Schlafen tut so gut.
Sonntag, der 2. Juni 2024
Heute gehe ich wieder allein wandern und stehe dafür schon um 6 Uhr auf. Um 7:00 Uhr geht meine S-Bahn nach Tegel. Ich will eine Wanderung am Tegeler See und im angrenzenden Wald machen.
Der Himmel ist so toll!
Häuser mit eigenen Boots-Anlegestellen direkt am Haus an einem kleinen Auswuchs des Tegeler Sees.
Die Seerosen blühen schon. Hach, Berlin hat schon schöne Seen.
Familie Ente mit Kleinen.
Diese Ente hat Ahnung vom Gegenlicht.
Die „dicke Marie“ auch: Sie ist ein Naturdenkmal, der älteste Baum Berlins und benannt von den Humboldt-Brüdern nach einer pummeligen Köchin, die sie kannten.
Der Wald wird hier möglichst wenig berührt und darf frei wachsen. Es gibt sehr viele verschiedene Baumarten. Ich atme die frische Luft und staune über die mannigfachen Vogelstimmen, die man hören kann.
Ungefähr an dieser Stelle des Waldwegs höre ich das Schwirren von Schwänen in der Luft. Und tatsächlich fliegen über mir drei prächtige weiße Schwäne über den Wald, die ich wegen der Bäume nur kurz sehen kann. Weiße Vögel wie Schwäne oder (weiße) Tauben sind ja die Symbole dieser Jahreszeit. Himmelfahrt und Pfingsten sind mit ihnen verbunden, tatsächlich aber ist ihre kulturgeschichtliche Bedeutung sehr viel älter als das Christentum. Weiße Vögel stehen seit Urzeiten für die Verbindung von Himmel und Erde, für den heiligen Geist, den (inneren) Frieden und die Seele. Sie stehen also für das „Spirituelle“ und überbringen Himmelsbotschaften.
Ich bin berührt. Wenn ich allein wandere und dadurch ganz bei mir bin, bin ich automatisch empfänglich für Botschaften aus dem Unbewussten, aus meiner Intuition oder meiner Seele, wie man es eben nennen möchte. Als ich die Schwäne so herrlich über mir fliegen sehe, kommt mir in den Sinn, dass sie vielleicht eine Botschaft meiner drei schon lange verstorbenen Tanten für mich haben (natürlich ist mir klar, dass nicht „meine Tanten im Himmel“ je einen Schwan für mich losgeschickt haben 🙂 ). Ich nehme aber die Schwäne zum Anlass, um in mir eine Botschaft meiner Tanten zu „erspüren“. Mein Unbewusstes sendet mir den Satz: „Bleib auf deinem Weg. Es ist ein guter Weg und er wird dich zu deinem Ziel führen.“
Natürlich ist damit nicht der Wanderweg gemeint. Ich freue mich zutiefst über diesen tröstlichen Satz. — Nichts anderes als so etwas sind übrigens spirituelle Erlebnisse. Vielleicht sind es nur chemisch-physikalische Schaltungen im Gehirn, die da zusammenwirken – Erinnerungen, Gefühle, Wünsche und der Drang des Gehirns, Sinn herzustellen.
Aber es ist ja einerlei, wie es zustande kommt. Es ändert nichts daran, dass solche „Eingebungen“ zutiefst menschlich sind und eine tröstliche, erhebende Wirkung haben. Ich fühle mich dadurch eingebettet in einen größeren Zusammenhang.
Wenn man sich dafür öffnet und an gegebener Stelle in sich hineinhorcht, kann jeder Mensch solche spirituellen Erlebnisse haben.
Nach einer guten Stunde Wandern komme ich zu dieser Badestelle, an der sich schon Menschen eingefunden haben. Es ist jetzt 8:30 Uhr.
Am Wildgehege im Tegeler Forst: Sehen diese beiden Rehe nicht wie Statuen aus? Es sind aber echte!
Am Wegrand: Plädoyer für Reisighaufen im Garten. Lest mal, das ist interessant!
Ich wandere zur Greenwich-Promenade am Tegeler Hafen zurück und von dort aus noch ein paar Kilometer weiter am Seeufer entlang zu einer Bushaltestelle mitten im Wald.
Einsamer Angler.
Zwischendurch ist nochmal ein kleines Stück Stadt am Ufer. Also dieser prächtige Vogel! Ich staune. Wer hat das wohl so in Auftrag gegeben?
Der Bus kommt verspätet, weil die Straße 10 Minuten lang für die Fahrrad-Demo gesperrt ist. Heute ist Sternfahrt; diese Radler sind einer von vielen „Sternenstrahlen“, die alle von verschiedenen Punkten am Stadtrand in die Innenstadt fahren. Dieser Strahl besteht aus ca. 500-700 Personen.
Um 11 Uhr bin ich mit einer Freundin in Charlottenburg zum Frühstück verabredet. Ich bestelle Earl Grey-Tee und Birchermüsli. Wir quatschen drei Stunden lang durch. Danke, Martina, dass es Dich gibt! <3
Später im Weinbergspark in Mitte mit Tochter und Mann: Wir bewundern die Seerosen auf dem Teich und stellen uns bei einem exotischen Baum unter (der hinter der Laterne), als ein kurzer, aber heftiger Regenschauer niedergeht.
Wir gehen noch Pizza essen in der Pizzeria Capvin am Weinbergsweg. Im Capvin bekommt man meiner Meinung nach die beste Pizza Berlins.
Zu Hause bin ich so müde, dass ich nichtmal mehr das Wochenende in Bildern schaffe, sondern es auf Montag verschiebe.
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Für uns zeichnen sich allmählich Wege ab, die uns aus den Sorgen herausführen. Meine extremen Bemühungen der letzten Monate entwickeln sich glücklicherweise. Entwarnung ist noch nicht angesagt, aber es zeichnet sich Besserung ab. Das ist sehr erleichternd.
Nächstes Wochenende fahren wir eventuell wieder mal aufs Land (kommen aber rechtzeitig zum Wählen zurück – bitte geht auch Ihr alle wählen, es ist so wichtig, dass wir der AfD etwas entgegensetzen!). Die Wochenenden danach sind alle voll mit Terminen in Berlin, wie es ja bei vielen Familien im Juni ist. Lauter Sommerfeste, Feiern und Aufführungen. Zu Beispiel diese hier, zu der alle herzlich eingeladen sind, die in Berlin wohnen:
Das ist das Sommerkonzert meines Chors am 22. Juni um 20 Uhr in Berlin-Mitte in der modernen Holzkirche auf dem Mauerstreifen an der Bernauer Straße. Das Programm ist recht kurz (etwa anderthalb Stunden) und wunderschön. Wir singen vor allem zeitgenössische Chormusik. Hier meine Playlist auf Spotify mit fast allen Stücken, die wir singen. Etwas Mendelssohn ist dabei, aber vor allem nordische Komponisten wie Ola Gjeilo und Kim Arnesen – und der unvergleichliche Hugo Distler (sein „Wie der Hirsch schreit“ ist der Hammer!).
Außerdem gibt es nach dem Konzert ein Sonnwendfeuer!
Hört Euch wenigstens mal das erste Stück auf der Playlist an, „Even when he is silent“ von Kim Arnesen. Die Geschichte des Stückes ist absolut herzzerreißend. Die hier vertonten drei Textzeilen wurden von eine*r Unbekannten an die Mauern eines KZs geschrieben und lauten:
I believe in the sun even when it’s not shining
I believe in love even when I feel it not
I believe in God even when he is silent.
Ich muss immer weinen, wenn ich den Text lese und mir die Geschichte vergegenwärtige, die dahinter steckt. 🙁 Und die Musik von Arnesen dazu ist so, so schön und emotional.
Tatsächlich hat dieser Text mich ein bisschen durch die letzten Monate begleitet, wenn ich sehr verzweifelt war.
Heute bin ich aber nicht verzweifelt, weil das Wochenende wirklich schön war.
Und deswegen schicke ich Euch ganz liebe Grüße und gute Wünsche für die neue Woche!
Eure Maike
Das WiB ist wie immer verlinkt bei Große Köpfe.
Liebe Maike, der Text geht wirklich unter die Haut!
Ich freu mich, dass die Sorgen langsam weniger werden.
Dass du wieder ein bisschen tiefer durchatmen kannst.
Wie schon mal erwähnt, wir haben als Familie auch schon viele tiefe Täler durchschritten….
Gerade sitze ich aber im Auto. Erholt und zufrieden fahren mein Mann und ich gerade aus Kroatien zurück.
Ganz alleine, ganz ohne Kinder.
Aber mit vielen Erinnerungen, wie es vor Jahren mit ihnen hier war.
Fühl dich umarmt von mir,
Tany
Liebe Tany, vielen lieben Dank! Wie schön, dass Ihr eine gute Zeit in Kroatien hattet!
Liebe Grüße auch an Dich!