Es ist jetzt Winter. Morgen erleben wir den kürzesten Tag des Jahres. Die nahe Wintersonnenwende hat sich gefühlsmäßig hier auf dem Land dieses Wochenende sehr bemerkbar gemacht. Es war kalt und dunkel, und auch die Gemüter waren zum Teil im Jahrestief. Gleichzeitig haben wir das Licht erlebt, wie es eben zu dieser Jahreszeit sein kann. Lest unten selbst, ich habe einen der beeindruckendsten Sonnenaufgänge meines Lebens erlebt.
Ich habe lang nach einem passenden Gedicht gesucht, das die heutige Naturstimmung widerspiegelt, aber ich habe keins gefunden, das annähernd beschreibt, was ich heute morgen gefühlt habe. Deswegen habe ich selbst ein Gedicht geschrieben, aus dem auch die Phrase aus der Überschrift stammt. Es ist sicher schwülstig, aber so war auch das Erlebnis heute Morgen, trotz der Kargheit der winterlichen Natur. Das könnt Ihr auch unten auf den Fotos sehen.
Sonnenaufgang, Wintersonnenwende
Spannt sich der Himmel,
Rosagold.
Federn die Wolken,
Christushold.
Still sind die Wälder,
Lebensverwaist.
Rauhreif auf Blättern,
Randvereist.
Eis auf dem Graben,
Winterleis.
Halme der Wiesen,
Frostesweiß.
In der Ferne ein Streifen,
Blutroter Flor.
Dann hebt sich der Glutball
Vom Rande empor.
Schwer nur beginnt er
seine heutige Bahn.
Über die Wipfel
reicht er grade hinan.
Frost auf der Erde,
Zuckerhart.
Engel am Himmel,
Wolkenzart.
Dieser Beitrag ist wie jeden Sonntag verlinkt bei dem Berliner Familienblog Große Köpfe.
Samstag, der 19. Dezember 2020
Ich bin noch allein auf dem Land. Gestern bin ich spontan allein mit dem Zug hierher gefahren, um vorzuheizen und ein bisschen in Ruhe zu arbeiten.
Als ich aus meinem weichen, warmen Daunenbett steige, bemerke ich, dass Eisblumen am Fenster sind. Ich freue mich sehr, denn das erlebt man heute ja kaum mehr.
Damit mir warm wird, gehe ich sofort raus und eine schöne lange Runde spazieren. Ich weiß: Wenn ich eine halbe Stunde kräftig ausgeschritten bin, ist mir mollig warm, der Kreislauf ist im Schwung und es macht mir nichts aus zu warten, bis es drinnen mollig warm ist. Hier auf dem Land haben wir ja nur Holzöfen zum Heizen, da kühlt es sich der Nacht ab und man muss morgens erstmal einheizen.
Draußen ist es neblig und auf der ganzen Landschaft liegt Frost. Wunderschön. Man sieht alle Konturen der Blätter und Grashalme ganz deutlich.
Ist das schön winterneblig.
Vereiste Eichel.
Sogar die alten Reifen auf der Maische-Anlage am Dorfeingang sehen im Frost toll aus. (Unter den Reifen und unter einer Plane befindet sich Maische, vergärendes („fermentierendes“) Winterfutter für die Kühe des Bio-Hofes im nächsten Dorf.)
Wieder zu Hause, wird Feuer und Tee gemacht und aufgeräumt. Die Rest-Familie hat sich für mittags angekündigt. Ich bin ganz froh, denn so habe ich noch Zeit, um der kleinen Tochter einen Weihnachtswunsch zu erfüllen: einen Schlafanzug für die Lieblingspuppe. Also setze ich mich an die Nähmaschine und nähe.
Am Schlafanzug fehlt noch das Gummi in den Bünden und am Kragen, denn das ist alle und muss in Berlin ergänzt werden. Wenn es dann noch gebügelt wird, ist es hoffentlich ein ansehnlicher Schlafanzug. Der Stoff ist ganz fein, weich und glänzt ganz leicht seidig. Dabei ist es Baumwoll-Batist, der einmal ein Vorhang am Bett der großen Tochter war. Ein perfekter Stoff für Puppenkleider, weil fein, zart und trotzdem stabil.
Die Familie inkl. Hunden kommt an. Großes Hallo und Geherze. Die Kinder machen es sich auf dem Sofa gemütlich, mein Mann und ich machen eine Runde übers Grundstück, wie es so unsere Gewohnheit ist. Hier freuen wir uns an der schönen kleinen Eiche, die solitär auf der Heide wächst. Das wird einmal ein wunderschöner, kräftiger Baum. In 30 Jahren oder so, wenn wir alt und bucklig sind. 😀
Wir entdecken leicht irritiert eine Rosenknospe, nehmen sie aber im Sinne von „Es ist ein Ros‘ entsprungen“, als Zeichen der Hoffnung, der Blüte und des Weihnachtswunders. Solche Zeichen können wir gerade sehr gut brauchen.
Im Topf erblühen auch immer noch Ringelblumen. Ich tu sie gern auf Salate oder andere Speisen, denn sie sind ja essbar.
Nach der Mittagspause ist es auch schon fast dunkel. Hier geht die Sonne um diese Zeit ja schon gegen 15:30 Uhr unter. Wir sind hier echt im Nordosten.
Ich gehe nochmal mit den Hunden, die sich auch im Dunkeln sehr am Spaziergang erfreuen. Es war übrigens dunkler als auf dem Foto; die Kamera hellt Bilder automatisch auf, ein wenig zu meinem Leidwesen.
Diesen kleinen Weihnachtsbaum im Garten des Nachbarhofes mag ich sehr. Er steht so schön mitten im Wilden, so, als sei irgendein kleines Wald-Bäumchen heilig erleuchtet worden.
Vorlesen vor dem Ofen. Erst muss ich die heutige Schnüpperle-Geschichte nochmal lesen, denn es ist unsere Lieblingsgeschichte von der Weihnachtsgans, die ich heute morgen verpasst habe. Schnüpperle ist allein zu Haus, als Bauer Hoppe die Weihnachtsgans liefern will. Schnüpperle ist skeptisch und traut dem Bauern nicht über den Weg. Es kommt zu irrsinnig lustigen Missverständnissen.
Danach ist „Bergkristall“ dran, eine wunderschöne Geschichte von Adalbert Stifter, illustriert von Maren Briswalter, erschienen im Urachhaus Verlag. Das hat bei uns der Nikolaus gebracht, und seit Nikolaus hat das Buch hier auf dem Land auf uns gewartet. Umso mehr freuen wir uns, es jetzt zu lesen.
Die Illustrationen sind wunderschön, eine wie die andere. Ach ja, wer sich für gute Kinderbücher und tolle Empfehlungen interessiert, folge bitte meiner hoch geschätzten @kinderbuecherei auf Instagram. Sie betreut ein Lese- und Literaturproramm für Kitas in Leipzig, ist Soziologin, ehemalige Hebamme sowie leidenschaftliche Vorleserin und Kinderbuch-Liebhaberin. Auf Instagram stellt sie die besten Kinderbücher vor und tut das mit so viel Leidenschaft und einem so besonderen Blick und Wissen, dass jeder einzelne Beitrag ein Genuss ist. Große Folgeempfehlung für Menschen mit Kindern unter 8 Jahren. (Werbung unbeauftragt und natürlich unbezahlt, einfach, weil sie noch Tausende mehr Follower verdient hat!). Dem @urachhausverlag darf man natürlich auch gern folgen.
Zum Abendessen gibt es Ofenkäse mit Brot und Frischkost. Ofenkäse hat die große Tochter letztens entdeckt und findet das jetzt ganz toll. Außer Brot wird bei uns auch verschiedene Frischkost in den Käse gestippt. Sehr lecker.
Mein Mann hat meinen alten Kinderschreibtisch mit aufs Land gebracht, weil er hier besser reinpasst als in die moderne Wohnung in Berlin. Ich richte mir einen gemütlichen neuen Arbeitsplatz im Wohnzimmer ein, mit Blick auf den Ofen. Fantastisch. Hier arbeite ich noch bis recht spät an einem Fotobuch für unsere Verwandten, das bis Heiligabend aber wahrscheinlich nicht mehr fertig gedruckt werden kann.
Sonntag, den 20. Dezember 2020
Die kleine Tochter möchte heute unbedingt früh mit mir und den Hunden raus. Wir warten, bis es annähernd hell ist. Die Tochter ist begeistert, weil es wieder so frostig ist und es so schön knirscht, wenn man mit den Füßen in die Laubhaufen oder das Gras tritt.
Der Himmel ist zartrosa. Ich denke, die Sonne ist schon aufgegangen, aber noch hinter den Bäumen.
Denn es leuchtet so schön hinter den Bäumen. Gold und rosa zugleich.
Die Tochter hat Spaß, im gefrorenen Gras zu laufen.
Ich bewundere den schönen Himmel, der immer intensiver leuchtet.
Der Graben liegt ganz still da und spiegelt den Himmel. Kleine Eisplanken schwimmen auf der Oberfläche.
Und plötzlich sehen wir einen glutroten Streifen am Horizont hinter dem Dorf. Erstaunt stelle ich fest, dass das die Sonne sein muss.
Immer höher schiebt sich der riesige rote Ball. Der Himmel wird immer oranger.
Die Tochter wirft Steine in den Graben, die sie aus dem halb gefrorenen Sandboden pult.
Ich bin ganz verzaubert vom Sonnenaufgang. So eine riesige, glutrote Sonne habe ich noch nie in meinem Leben gesehen.
Nach dem Frühstück wird eine Runde gespielt. Die Kinder hatten heute einen „Spieletag“ im Adventskalender. Hier spielen wir „Schnappt Hubi“, das uns Leserin Annette geschenkt hat. <3 <3 <3
Zwischendurch geigt die Tochter. Sie spielt zur Zeit lauter Weihnachtslieder, von „Jingle Bells“ über „Oh Tannenbaum“ bis „Es ist ein Ros entspringen“.
Später hat ein Kind das heulende Elend. Es mag gar nicht mehr und sagt aus, dass es auf gar nichts mehr Lust hat. Die Kraft ist alle. Nicht die vom heutigen Tag, sondern ganz allgemein. Schule ist anstrengend, alles ist anstrengend. Auch auf Weihnachten freut sie sich gar nicht mehr, kann schließlich auch nur doof sein. Ich habe das Kind im Arm, höre zu und streiche über den Rücken. Flüstere verständnisvolle Worte.
Und nach einer Weile ist es besser. Das Kind ist einverstanden, mit raus zu kommen, wo der Papa ein Feuer gemacht hat. Ich habe Stockbrot-Teig gemacht, und so rösten die Kinder Stockbrot überm Feuer. Und die Laune steigt wieder.
Über uns fliegen noch ein paar Wildgänse. Wir bemerken sie aufgrund ihrer typischen Geräusche.
In der Mittagspause schaue ich mit der kleinen Tochter im Bett einen ihrer Lieblingsfilme. Saugemütlich.
Weitere Runden Spiel, hier: Tutto, das uns allen großen Spaß macht. Das ist ein Würfelspiel, das mit Risiko und Glück gewonnen wird. Die kleine Tochter macht heute zum ersten Mal allein mit. Beim Rechnen helfen wir ihr ein bisschen.
Auf meinem Schoß hat sich ein Hund zusammen gerollt. Hach, das passt.
So, und nun bin ich sehr müde und gehe ins Bett. Wir bleiben noch ein bisschen auf dem Land, aber zu Weihnachten geht’s zurück nach Berlin. Wir haben meinen Vati an Heiligabend zu Gast.
Ich wünsche allen einen guten morgigen Winteranfang bzw. Wintersonnenwende. Mein Tipp: Geht raus und schaut Euch den Sonnenaufgang an, sofern der Himmel nicht total bewölkt ist. Es ist ein fantastisches Erlebnis zur Wintersonnenwende, das Licht beim späten Aufgehen zu erleben.
Liebste Grüße in die vorweihnachtliche Zeit,
Deine Maike
—
Dir hat dieser Beitrag gefallen?
Dann spendiere mir doch einen Tee!
Wenn Dir meine Blogbeiträge gefallen, freue ich mich über eine Spende! Jede Spende hilft mir, den Blog weiter zu führen. Wenn Du auf das rosa Spenden-Herz klickst, wirst Du direkt zu Paypal weiter geleitet. Du kannst einen Geldbetrag Deiner Wahl eingeben. Man kann auch mit Kreditkarte spenden. Lieben Dank!
Wow – die schönen Naturbilder. Im Dezember war es grau und kalt und blieb an manchen Tagen zuhause, ohne einmal nach draussen zu gehen. Wenn ich deine Bilder so seh, danke ich „Da hab ich was verpasst.“
Liebe Petra, weißt Du, wie sehr mich Dein Kommentar freut? Vielen lieben Dank! <3 Ich selbst habe immer so viel Freude an den Naturbildern und Naturstimmungen. Da bin ich sehr glücklich, darauf mal eine Rückmeldung zu erhalten. — Aber bitte nicht trübsinnig sein. Auch jetzt kann man schöne Naturstimmungen erleben. Aber es gibt tatsächlich auch (wenige) Tage, an denen es einfach nur komplett grau und trist ist. Einfach mal rausgehen, wenn der Himmel ein bisschen bewölkt ist und zu Abend- oder Morgenstunden.
Liebe Grüße an Dich und ich wünsche Dir schöne Erlebnisse in der Natur
Pingback: Hoffnung ins Geleite: Wochenende in Bildern 26./27. Dezember 2020 - feinslieb
Wunderschöne Bilder, liebe Maike. Bei uns war der Himmel am Wochenende auch großartig. Da passt auch das schöne Gedicht von dir ;.))! Als ich das Datum der Schnüpperlegeschichte sah, legte sich ein breites Grinsen auf mein Gesicht. Es ist meine absolute Lieblingsgeschichte in dem Buch. Die Seite mit den Buchempfehlungen werde ich mir mal ansehen. Danke für den Tipp.
Liebe Grüße aus Ellingstedt
Lydia
Lieber Lydia, ich weiß nicht, ob Du bei Instagram bist — dort ist @kinderbuecherei zu Hause!
Liebe Grüße an Dich,
Maike