Wir waren auf dem Land, haben ein Martinsfeuer gemacht und es uns ansonsten drinnen gemütlich gemacht. Und wir haben unser neues Traum-Geschirr eingeweiht, mit einem köstlichen Sonntags-Menü.
Als Gedicht heute ein Lied, das unsere jüngere Tochter die ganze Woche gesungen hat, denn sie haben es gerade im Hort gelernt. Das Lied hat mich tief berührt, wegen der schönen Moll-Melodie und wegen des Textes, der genau in diese Jahreszeit passt – mit ihren Totensonntagen und der absterbenden Natur. Das Schöne an diesem Lied ist die letzte Strophe, in der wir spüren können, dass sich in jedem Sterben ein Neubeginn verbirgt. In jedem Ende liegt ein Anfang: das ist etwas, das ich gerade auf mehreren Ebenen spüre, und hoffnungsvoll spüre.
Der Text des Liedes ist von Siegfried August Mahlmann (1771-1826), die Melodie ist eine alte Volksweise.
- Das Laub fällt von den Bäumen,
das zarte Sommerlaub.
Das Leben mit seinen Träumen
zerfällt in Asch‘ und Staub.
2. Die Vöglein traulich sangen,
wie schweigt der Wald jetzt still.
Die Lieb ist fortgegangen,
kein Vöglein singen will.
3. Die Liebe kehrt wohl wieder
im künft’gen, lieben Jahr,
und alles tönt dann wieder,
was hier verklungen war.
4. Der Winter sei willkommen,
sein Kleid ist rein und neu.
Den Schmuck hat er genommen,
den Keim bewahrt er treu.
Samstag, der 23. November 2019
Mit den Mädchen bin ich noch in Berlin. Mein Mann ist mit unserem Hund Oskar schon seit Mittwoch auf dem Land, um den Schornsteinfeger zu treffen und andere Dinge zu regeln, und um in Ruhe zu arbeiten.
Die kleine Tochter „zahnt“. Sie bekommt ihre oberen zweiten Zähne, und hat seit Tagen rote Bäckchen wie früher als Baby, als sie ihre ersten Zähnchen bekam. Es muss ein großer Durchbruch sein, denn sie ist seit Tagen sehr empfindlich, emotional und nah an Wasser und Wut gebaut. Wir dachten erst, sie brütet eine Krankheit aus, sie wollte am Donnerstag auch von der Schule abgeholt werden.
Zahnwechsel, Blätter fallen
Die Anthroposophen und die Waldorfpädagogik lehren uns, dass der Zahnwechsel um das siebte Lebensjahr einen wichtigen Abschnitt im Leben des Kindes markiert. Die Kräfte und Energien, die bis dahin für den Auf- und Umbau des Körpers (die Organe und alle anderen Teile des Lebensleibes) gebraucht wurden, werden nun frei für die Arbeit des Geistes, des Intellekts. Die Bildung der zweiten Zähne, den härtesten Teilen des menschlichen Körpers, ist die letzte große Arbeit am Körper, danach werden die Kräfte für den Geist frei. Erst nach dem Zahnwechsel ist ein Kind demnach wirklich reif für intellektuelle Arbeit. „Wackeln die Zähne, wackelt die Seele“ sagt man ja auch. Und bei unserer kleinen Tochter wackelt die Seele gerade sehr. Sie braucht mehr Schlaf, Ruhe, Mama und „Kuschelung“, wie wir hier bei uns sagen.
Trotzdem gehen wir zum Geigen, denn in einer Woche ist das Adventskonzert und sie darf zum ersten Mal ein paar Weihnachtslieder mitspielen. Sie hat so schön geübt und kann jetzt Jingle Bells, Alle Jahre wieder, Morgen kommt der Weihnachtsmann und Ihr Kinderlein kommet.
Die Natur mit ihrem Absterben und ihrem Rückzug ins Innere macht uns vor, was auch bei der kleinen Tochter geschieht: Es geht etwas zu Ende, das Kindergartenalter, und das Grundschulalter kommt mit wehenden Zähnen.
Während ich mit der kleinen Tochter beim Geigen bin, schneidet die große Tochter Papier für neue Streichholzschachteln zu, die wir bekleben wollen.
Nach dem Geigen packen wir schnell Proviant ein und fahren mit dem Zug aufs Land, wo wir von meinem Mann am Bahnhof abgeholt werden.
Der Hund hüpft vor Freude fast eine halbe Stunde um uns herum, als wir kommen. Die Töchter versuchen ihn zu herzen und zu küssen, aber er ist so aufgeregt, dass er immer wieder entwischt.
Nach drei Tagen ohne einander freuen mein Mann und ich uns und stoßen mit einem Sekt an. Die Sonne scheint durchs Fenster und macht alles ganz golden. So soll es sein im trüben November – neblige Düsternis und Ahnung von Licht.
Mein Mann hat extra neue Leuchterkerzen gekauft.
Die Kinder fangen gleich an zu malen und zu werkeln.
Wir machen einen gemütlichen Spaziergang übers Grundstück. Ich liebe es, die kleinen Veränderungen zu sehen. Viele Blätter sind seit letzter Woche gefallen, das Moos leuchtet nun fast giftgrün, und essbare Pilze gibt es nicht mehr. Dafür umso schönere Fliegenpilze.
Hier hat sich ein Pilz durchs Moos ans Licht gedrückt.
Die Landschaft hinter unserem Grundstück atmet nun Novemberlicht.
Wieder im Haus, packen wir das Geschirr aus, das wir letztes Wochenende abgeholt haben. Meine Internats-Mentorin hat es für uns getöpfert, und ich kann kaum ausdrücken, wie dankbar ich ihr für diese Arbeit bin, die sich kaum in Gold aufwiegen lässt. Dieses Geschirr ist schlicht gesagt mein Traum-Geschirr; sie hat es ganz nach meinen Wünschen angefertigt, mit organischen Formen und in einer meiner Lieblingsfarben. Das Geschirr passt ganz genau zu unserem Haus, es ist vom Stil her einfach und klar.
Morgen soll es mit einem schönen Menü eingeweiht werden.
Es dunkelt schon früh hier im Nordosten. Wir hängen um unsere Feuerstelle Laternen auf und entzünden ein Feuer in der Feuerschale.
Im Wasserbad erwärmen wir über dem Feuer einen Becher mit Schokolade, den ich vor ein paar Wochen in Paris in der herrlichen Lebensmittel-Abteilung im Kaufhaus Printemps gekauft habe. Wir tunken Weintrauben und anderes Obst und Brotstückchen darin ein. Ein herrlich süßer Spätnachmittags-Snack am Feuer.
Es wird langsam dunkel.
Aber wir haben schöne Martinslichter entzündet, die ja auch auf das Gute hindeuten, das im Dunkeln steckt. Sehr auch im übertragenen Sinne.
Die Kinder gehen früh ins Bett, für uns klingt der Abend wie so oft vor dem Feuer aus.
Sonntag, der 24. November 2019
Mir geht es gesundheitlich nicht so gut heute, deswegen schlafe ich bis fast 10 Uhr aus. Die Kinder und mein Mann lümmeln auch lang im Bett herum, es wird aus unseren schönen Märchenbüchern vorgelesen, die von Friedrich Hechelmann illustriert sind.
Als ich an den Frühstückstisch komme, ist dieser schon fast abgegessen, aber das macht mir nichts aus, weil ich sowieso fast nie frühstücke. Was da noch ist, befriedigt mich vollkommen: frische Kartoffelbrötchen mit einem guten Käse, Gurken und Tomaten sowie gekochte Eier. Und mein persönliches Lebenselixier: Schwarztee (bevorzugt ein guter, starker Earl Grey) mit Milch. Heute aus den perfekten Tassen unseres neuen Geschirrs, warm gehalten mit den neuen Stövchen.
Ich erfreue mich heute Vormittag an der Zubereitung unseres Mittagessens, das ich zur Feier des neuen Geschirrs dreigängig geplant habe. Die grünen Bohnen warten nach dem Ent-Enden (ha, auch hier das jahreszeitliche Thema 🙂 auf weitere Zuwendung.
Die Kinder kränkeln beide ein wenig und wollen drin bleiben. Sie dürfen arte-Filme schauen, hier ein kulinarischer Beitrag („Zu Tisch in…“) aus dem Lake District, wo wir erleben, was in der Familie eines traditionellen Schafhüters gegessen wird. Natürlich unter anderem ein echter Shepherd’s Pie. Und wir bekommen mit, wie die Schafe dort in den Bergen leben und gehalten werden. Unsere Kinder mögen die schönen Beiträge aus dieser Reihe genau so wie wir.
Wir haben die Vogelhäuschen gefüllt. Und wer tut sich besonders gütlich an den fettigen Kernen? Na, unsere ca. 20-köpfige Spatzenfamilie. Die Meisen (Weidenmeisen und Kohlmeisen) kommen auch schon. Wenn nicht am Futternapf, warten die Spatzen auf der Rosenhecke vor dem Haus, jetzt Hagebuttenhecke.
Die kleine Tochter macht einen Frischkost-Teller für sich und die Schwester zurecht, denn sie haben schon Hunger und das Mittagessen ist noch in Arbeit.
Aber dann ist es so weit, das Sonntags-Menü ist fertig. Die kleine Tochter deckt und dekoriert den Tisch. In einer Schublade findet sie rosa Herz-Servietten, die unbedingt mit auf den Tisch müssen. Mit Hagebutten wird die Dekoration vervollkommnet.
Zuerst gibt es eine Apfel-Sellerie-Suppe, abgeschmeckt mit grobem Senf, den ich ebenfalls im Printemps in Paris gekauft habe, weil es solchen Senf hierzulande einfach nicht oder eben auch nur in den Feinkostabteilungen der großen Kaufhäuser zu kaufen gibt. Zu der Suppe gibt es Croûtons mit frischem Majoran. Die Suppe habe ich nach einem Rezept vom Food-Blog Maltes Kitchen zubereitet, habe es aber leicht abgewandelt. Zum Beispiel habe ich den Sellerie-Anteil erhöht und für mehr Süße einen Löffel Honig zugegeben.
Als Hauptgang gibt es Lammlachse aus der Region mit Kartoffelgratin nach meinem uralten, geliebten Spezial-Rezept und grünes Gemüse (grüne Bohnen und in Butter angebratenem Rosenkohl).
Zum Nachtisch habe ich eine Schleckerei für die Kinder vorbereitet: Crema catalana (Milch-Eier-Creme mit Vanille) mit Himbeersauce aus Tiefkühl-Himbeeren. Für uns Erwachsene habe ich statt den Himbeeren eine scharfe Paprika-Marmelade gemacht. Denn der Nachtisch (Panna Cotta mit Peperoncino-Marmelade), den ich im Mai in Palermo im uneingeschränkt empfehlenswerten kleinen, familiengeführten Restaurant Scjabaca gegessen habe, ist noch immer unvergessen und möchte heute nachgeahmt werden. Hier im Bild allerdings die Kinder-Version mit Yin&Yang-Anmutung. Anfang und Ende, alles ist eins.
Nach dem Essen spielen wir Pantomime. Wir stellen Berufe pantomimisch dar und raten: Wandmalerin, Kunstmalerin, Bergsteigerin, Sängerin,… Hier sind die Kinder schon im Blödel-Modus und zeigen gemeinsam den klassischen Frosch.
Und das ist für heute auch das letzte Bild, denn für uns gab’s dann nur noch eine lange Mittagspause im Bett und dann die Rückfahrt nach Berlin.
Morgen geht’s für mich weiter mit meiner Lehrveranstaltung an der Uni und dem letzten Puppenkurs-Termin im Hort der kleinen Tochter.
Die Woche wird ganz im Licht der Advents-Vorbereitungen stehen. Am Samstag ist Adventsbazar an der Schule, wo wir als Eltern der 1. und 4. Klasse so gut wie das ganze Schulhaus schmücken werden. Ich muss noch den Adventskalender der Kinder vorbereiten, wo es in diesem Jahr viele Unternehmungen wie Weihnachtsmarkt, Filmnachmittage mit selbstgemachtem Popcorn und Beamer, Schatzsuche zu den Weihnachtsbüchern, Schatzsuche zu den Adventssachen usw. geben wird. Ich freue mich schon auf „Schnüpperle“ (kein Affiliate-Link; führt zu buecher.de), das schönste Adventsbuch ever, auf den Adventskranz, den die große Tochter gerade in Gartenbau bindet, auf unsere guten alten Adventssachen und auf die große Fridays for Future-Demo am Freitag.
Ich wünsche Euch, dass Ihr in gefühlten Enden immer auch den Keim für Neues spüren und sehen könnt. Dass Ihr in der Dunkelheit immer ein Licht sehen könnt. Wenn Ihr mal keines sehen könnt, wendet Euch an mich — wenn ich eines so richtig gut kann, dann ist es, in ausweglosen Situationen Wege zu finden und Türen zu öffnen.
Eine gute Woche wünscht Euch
Eure Maike, die sich wie immer über Grüße und Kommentare freut – die dürfen auch ganz kurz sein!
Viele andere Wochenenden in Bildern finden sich gesammelt als Links unter dem Beitrag des Berliner Familienblogs Große Köpfe.
Hallo Maike,
Das Geschirr ist ein Traum! Ein Riesenkompliment an Deine Internats Mentorin.
Von Deinem leckeren Menü habe ich gleich Hunger bekommen und Inspiration für unser nächstes Sonntagsessen ☺️ Magst Du das Rezept für Dein Kartoffelgratin verraten?
Liebe Grüße aus dem schönen Kraichgau!
Nadin
Liebe Nadin,
Du, das mache ich glatt! Ich möchte meine Blog gern etwas ausbauen, nachdem ich bei Hans Natur aufgehört habe. Aber weil ich gerade mit dem Lehrauftrag an der Uni übermäßig beschäftigt bin, schaffe ich das erst nächste Woche!
Liebe Juliette, danke Dir!!! Ich hoffe, dass meine Töchter das auch so sehen 😉 Eine ist fast ein Teenager und findet manches gar nicht so toll, was wir machen. Und in den Wochenenden-Rückblicken zeige ich schon vorrangig das Schöne. Aber das Blöde, Anstrengende und Stressige gibt es auch!!! Wie überall! Ganz liebe Grüße an Dich!
Gerade habe ich ein wenig Tränen in den Augen.
Danke für deine Worte- und dein Angebot, sich an dich zu wenden, wenn man kein Licht sehen kann. ❤️
Das finde ich ganz großartig.
Sollte ich je mal in der Lage sein, nehme ich es gerne an.
Bei uns war jetzt am Samstag Basar in der Schule und ich möchte es gerne für mich schaffen, die nächste Zeit wirklich besinnlich und ruhig zu gestalten. Das ist für uns mit all den Terminen, die da anstehen und mit einem quasi schon Teenager daheim oft schwierig.
Einen guten Start in die Woche wünscht dir Steffi
Liebe Steffi, ach ich wünsche Dir viel Kraft. Es ist manchmal alles andere als einfach. Auch hier ist es übrigens nicht so idyllisch wie das in den Wochenende-Berichten oft rüberkommt. Dort fokussiere ich mich auf das Schöne, auch, weil ich so gern fotografiere. Aber glaub mir, auch hier gibt es Stress und Streitereien, und nie genügend Zeit. Wir haben uns aber entscheiden, liebe auf Geld zu verzichten als auf Zeit mit den Kindern. das ist auch manchmal nicht einfach, entzerrt aber im Alltag einiges. Und öfter mal was ausfallen lassen, ist mein heißer Tipp. Man muss nicht zu jedem Advents-Tee und jeder Feier und jedem Konzert. Wir haben sogar manchmal das sehr schöne „Adventsgärtlein“ ausfallen lassen, wenn uns das Wochenende zu voll erschien. Gerade in der Stadt fallen ja auch so viele anstrengende Wege an.
Ich wünsche Dir, dass es mit Deinen Plänen klappt!
Liebe Grüße an Dich und melde Dich gern, wenn der Schuh drückt!
Oh Schnüpperle! Das habe ich als Kind geliebt! Wir haben nur das Osterbuch-ich glaube ich besorge das Weihnachtsbuch:-). Und: wirklich sehr tolles Geschirr!
Eine gute Woche!
Ja, Schnüpperle ist eine wahre Freude, jedes Jahr wieder! Ich habe für meine Kinder extra die alte Ausgabe meiner Kindheit aufgetrieben, in einem Online-Antiquariat. Ich liebe die alten Illustrationen. Liebe Grüße an Dich!