Mein Mann und ich waren einige Tage auf dem Land, unterbrochen von Besuchen beim Kind, das immer noch in Berlin in der Klinik ist.
Wir haben erstaunt „des Sommers tote, sattgewordene Stille“ wahrgenommen, wie Christian Morgenstern die Stimmung der Jahreszeit in seinem Gedicht „Augusttag“ beschreibt.
Das große Wachstum ist vorbei. Die Natur ist träg und still geworden. Warm und müd brütet sie vor sich hin, nicht ohne gelegentlich kurz aufzuschrecken oder aufzusehen wie ein Tier im Schlaf.
Ganz still erhalten die Früchte den Zuckersaft aus dem Boden, um dicker und voller zu werden. Die Vögel sind fertig mit Brut und Nestbau; sie zwitschern nicht mehr. Nur die flotten Schwalben zischen über den blauen Himmel und zeigen ihren Jungen das Fliegen, für den langen Flug in den Winter, der bald – irgendwann – kommt.
In Hermann Hesses Gedicht „Spätsommer“ finde ich die Naturstimmung treffend beschrieben, die wir dieses Wochenende auf dem Land wahrgenommen haben. Nur bitte! Es ist doch noch Hochsommer, nicht wahr? Spätsommer, das ist doch erst im September!
Dieser Beitrag ist wie immer verlinkt bei „Große Köpfe“. Manche der Fotos stammen von Mittwoch oder Donnerstag, ich habe sie in die beiden Wochenend-Tage verteilt.
Freitag, der 23. August 2024
Die wilden Malven blühen auf unserem Grundstück.
Auf dem Mittags-Spaziergang mit den Hunden pflücke ich verschiedene Wildkräuter, hier: weißer Gänsefuß. Der ist voller guter Nährstoffe und Mineralien; er beinhaltet auch viel Eisen und Zink – erheblich mehr als Spinat übrigens. Wir streuen heute die weißlichen Samen über den Salat. Die Blätter sind leichter verdaulich, wenn sie jünger sind.
Kleiner Feuerfalter auf Schafgarbe.
So sehen seine Flügel von unten aus.
Aus den gesammelten Wildkräutern flechte ich einen Zopf für ein Ritual, das ich in dem Buch „Naturrituale im Rhythmus des Jahres“ von Susana Garcia Ferreira gefunden habe. Dabei huldigt man mit den kräftigen Heilkräutern der ersten Ernte, die man in diesem Jahr eingebracht hat. Bei uns Städtern im übertragenen Sinn: Was ist dieses Jahr schon zur Reife gekommen, was habe ich geschafft? Wo darf ich einen „Schnitt“ machen, um anderem mehr Raum zu geben?
Die drei Zopfglieder stehen für Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft, die miteinander verflochten sind.
Mein Mann macht ein Feuer, denn der Zopf wird für das Ritual im Feuer verbrannt.
Man schneidet Stücke von dem Zopf ab und übergibt ihn so symbolisch dem Feuer zur Transformation.
Ich habe bei der Herstellung des Zopfes auf das vergangene Jahr zurückgeblickt und überlegt, was gut war, was ich gut gemacht habe und was noch Aufmerksamkeit bedarf. Was ich weiter verfolgen möchte und wo ich einen Schnitt machen möchte.
Das letzte Stück Kräuterzopf wird dem Feuer übergeben.
Mein Mann und ich kochen draußen. Wir bereiten eine Pilz-Tortilla auf dem Grill zu.
Erst werden Pilze, Zwiebeln und gekochte Kartoffeln scharf angebraten.
Dann mit Ei übergossen, das dann stocken darf. Dazu Salat mit Wildkräutern und Tomaten.
Am Abend gehen wir nochmal mit den Hunden raus. Am Wegesrand finden wir junge Pfifferlinge.
Die Sonne geht nun schon gegen 20:20 Uhr unter. Auweia, die dunkle Jahreszeit ist näher, als mir lieb ist.
Ich liebe die warme abendliche Stille der letzten Sommertage.
Samstag, der 24. August 2024
Morgenspaziergang mit den Hunden.
Danach mein Lebenselixier, viel Earl Grey-Tee mit Milch. Die alte Kornblumen-Teekanne habe ich mal auf Ebay für ein paar Euro ersteigert.
Danach nehme ich ein Bad und schreibe Tagebuch.
Als Mittags-Vorspeise gibt es geröstetes Dinkelbrot mit den Pfifferlingen von gestern Abend, mit frischem Thymian.
Ich fahre mit dem Zug nach Berlin, um Kleinigkeiten einzukaufen und das Kind in der Klinik zu besuchen. Auf dem Weg muss ich aufs Klo und trinke einen Kaffee in diesem lauschigen Café in der Invalidenstraße.
Das Kind darf einen Ausflug machen. Wir gehen ins Neue Museum und bestaunen die ägyptische Sammlung. Wir hören zusammen den Kinder-Audioguide. Den finde ich manchmal interessanter als die Erwachsenen-Version.
Nach dem Museum stärken wir uns mit Kuchen. Für das Kind gibt’s nichts Besseres als die Erdbeertörtchen von Butter Lindner. Unter den Erdbeeren ist eine köstliche Creme, und das Tartelette ist unglaublich knusprig.
Wir sitzen gemütlich im Krausnickpark, wo das Kind ein bisschen in den Büschen herumklettert.
Dort feiert die „Lebenshilfe“, ein sozialer Träger, der hier ein Heim für Behinderte betreibt, Sommerfest. Es gibt ein unfassbares Tortenbufett, das sich jetzt um 17:30 Uhr noch biegt. Ich bekomme gegen Spende ein Stück unglaublich gute Mangotorte ab, und einen Becher Schwarztee mit Milch, der mich ein bisschen stärkt. Ich bin ein bisschen kaputt nach dem langen Tag.
Ich bringe das Kind zurück zur Klinik und fahre mit dem Zug wieder aufs Land.
Abendstimmung am Graben.
Sonntag, der 25. August 2024
Heute machen wir unser Haus wieder für einen Gast zurecht, besser gesagt: eine Gästin. Eine Bekannte von uns kommt Ende der Woche, um in unserem Haus 10 Tage Buchingerfasten zu machen. Wir räumen alle Lebensmittel gut weg 🙂 und sorgen dafür, dass sie viele gemütliche Decken und Kissen zur Verfügung hat.
Ich habe nicht gut geschlafen; ich hatte die ganze Nacht schlimmes Bauchzwicken und am Morgen leichten Durchfall. Vielleicht habe ich die Mangotorte nicht vertragen? So fühlt es sich jedenfalls an.
Trotzdem beginnt unser Tag schon um 6:00 Uhr: Sonnenaufgang beim morgendlichen Hundespaziergang.
Die kräftigen Farben des Hochsommers.
Wir räumen auf, packen und putzen. Gegen 9:00 Uhr gibt’s ein kräftiges Frühstück. Das tut mir ganz gut, aber ich fühle mich trotzdem noch schwach. Ich habe das Gefühl, ich werde krank. Aber vielleicht war’s auch einfach ein bisschen zu viel in den letzten Tagen. Ich bin mehrfach mit dem Zug hin- und hergefahren zwischen Land und Klinik, und die gesamte Situation mit dem kranken Kind geht mir nah.
Zwischen Räumen und Räumen sind wir ein bisschen draußen. Unser Sanddorn trägt zum ersten Mal richtig viele Früchte.
Der Himmel über der Wiese gegenüber vom Haus. Da will sich doch was entfalten.
Schichten der Natur beim Hundespaziergang am Mittag.
Großer Halbmond am Himmel.
Letzter Spaziergang mit den Hunden, bevor wir nach Berlin zurück fahren (wer findet unseren Hund Oskar auf dem Bild?). Mein Mann besucht heute noch das Kind in der Klinik. Ich kann leider nicht, denn ich fühle mich immer noch nicht gut. Ich mache pro forma einen Corona-Test, weil ich diese Woche jemanden umarmt habe, der dann Corona bekommen hat. Mein Test ist aber negativ. Wahrscheinlich war tatsächlich nur der Magen verdorben, und alles war zu viel. Zu Hause in Berlin lege ich mich hin, gönne mir Ruhe und mache einen Mittagsschlaf. Seitdem geht’s mir besser. Der Darm rumort noch ein bisschen, aber es zwickt nicht mehr.
Jetzt machen wir uns noch einen gemütlichen Abend zu Hause mit einem Alain-Delon-Film („Nur die Sonne war Zeuge“, die grandiose Verfilmung von „Der talentierte Mr. Ripley“ von Patricia Highsmith).
Ich freue mich auf die nächste Woche. Ich werde wieder mehr Zeit für mich und meine Arbeit haben, und habe ein paar Termine, die mich weiterbringen könnten.
Ich wünsche Euch noch gute Tage im August. Für viele kommt jetzt das Ende der Sommerferien, Schulbeginn und das langsame Einschwenken in herbstliche Gefühle. Wenn Ihr Euch mit der Jahreszeit verbinden wollt, schaut mal in meinen Beitrag zum September im Jahreskreis, oder lest Wochenenden in Bildern vom Land aus den Septembern der letzten Jahre, die Ihr unter dem Suchbegriff „September“ findet.
Alles Liebe,
Eure Maike
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