Wir waren in Venedig! Die Kurzreise von Freitag Nachmittag bis Sonntag war das Geburtstagsgeschenk für unsere große Tochter, die am Samstag dreizehn Jahre alt wurde. Sie möchte nach Venedig, seit sie „Zeitenzauber“ von Eva Völler gelesen hat. Bei der Lektüre hat sie sich aus der Ferne in die schönste Stadt der Welt und ihre spannende Geschichte verliebt.
Darum ist das Gedicht der Woche natürlich ein Gedicht über Venedig.
Freitag, der 18. Februar 2022
Die verschneiten Alpen aus dem Flugzeugfenster.
„Silbern glänzt das Dunkel weit“: Die Lagune zwischen dem Festland und Venedig schimmert in Quecksilber- und Perlmutttönen.
Mit dem Boot fahren wir von der Busstation am Tronchetto durch den Canale Grande in die Stadt hinein. Hier: Eine der zahllosen Brücken von unten.
Hier hat Banksy sich verewigt.
Und hier der Zahn der Zeit. Ich bin beeindruckt, wie morbide Venedig doch ist. Ich war vor vielen Jahren schon einmal hier, hatte es aber weniger angenagt in Erinnerung. Ich mag das ja.
Ach, die vielen schönen Brücken.
Endlich, der Canale Grande.
Von der Rialtobrücke aus gehen wir 5 Minuten zu unserem Airbnb.
Das Wohnzimmer unseres Airbnb.
Dieses Bett war so saugemütlich, dass ich beim Hineinlegen am Abend instantan weiche Wattewolken in den Augen hatte und genüsslich seufzte: „Hier stehe ich nie wieder auf!“
Aber nach kurzer Verschnaufpause, Einrichten und Auspacken hält uns nichts mehr in der Unterkunft. Die schönste Stadt der Welt will erkundet und bewundert werden. Wir freuen uns an der unglaublichen Schönheit, an den kleinen Kanälen in San Polo und den vielen Venedig-Klischees, denen man überall begegnet.
Ein Türknauf am Rialto-Ufer.
Die Boote liegen stumm „auf dem schweigenden Kanale“.
Erst als wir diese aufwändig kostümierte Dame sehen, wird uns bewusst, dass ja Karneval ist. Karneval in Venedig! Ein kurzes Googeln bestätigt, dass in Venedig Karneval in den 10 Tagen vor Faschingsdienstag gefeiert wird. Also jetzt. Da haben wir, ohne es geplant zu haben, ein ganz besonderes Wochenende erwischt. Vorteil: Wir erleben den Karneval in Venedig. Nachteil: Die Stadt ist nicht so leer wie erhofft.
Auf dem Weg zum Einkaufen begegnen uns überall verkleidete Menschen. Viele mit tollen Masken, hinter denen die Gesichter zum Teil ganz verschwinden.
Heizungs- und Sanitärfachgeschäft in San Polo.
Diesen schönen Radicchio Trevigiano konnte ich ergattern. Das ist eine milde, süße Variante des Radicchio, der in Venedig gern gegrillt oder gedünstet gegessen wird. Er hat gerade Saison, also lasse ich mir die Gelegenheit nicht entgehen.
Nach dem ersten Bewunderungsspaziergang durch Gassen, über Kanäle und Plätze San Polos gibt es „zu Hause“ den Radicchio. Ich habe ihn mit Knoblauch und Zwiebel in Olivenöl gedünstet und mit wenig Orangensaft abgelöscht. Darüber kommt Parmesan. Dazu gibt es Brot und grünen Salat mit Erdbeeren. Auch diese wachsen hier schon.
Ich liebe es, im Urlaub regionale Besonderheiten zuzubereiten.
Das bin ich. Wir haben uns hinreißen lassen, Masken zu kaufen, denn irgendwie elektrisiert uns die Stimmung. Wir haben einen Laden gefunden, in dem es schöne, schlichte Masken aus Pappmaché gibt, die in Italien hergestellt wurden. Ansonsten gibt es ja an jeder Ecke Venedigs Plastikmasken aus Fernost zu kaufen. Wir sind froh über unsere klassischen weiß-goldenen Exemplare.
Die Kinder möchten nach dem Essen auch nochmal raus. Wir bummeln staunend zum Campo San Giacomo und bemerken, dass die Stadt sich in den letzten Stunden gefüllt hat. „Carnevale“ lockt Touristen in die Stadt der Städte.
Das sind große Quallen aus Murano-Glas an der Decke des Hotels „Aquarius“ am Campo San Giacomo. Die Kinder sind beeindruckt. In der Hotel-Lobby gibt es zudem Aquarien mit großen Fischen, die von den Kindern bestaunt werden.
In Venedig lässt es sich so schön bummeln. Die Töchter lieben es und sind entzückt. Überall entdecken wir Dinge, die in den Büchern der Tochter vorgekommen sind. Die alten Brunnen. Die Brücken. Namen und Plätze.
Mein Lieblings-Eindruck: Dieses geheimnisvolle rot beleuchtete Fenster irgendwo zwischen Rialto und Campo San Polo. Was ist dort oben? Venedig lässt die Fantasie sprießen.
Wir bringen die Kinder ins Bett und gehen noch gegenüber von unserem Haus in die nette Kneipe. Hier sitzen viele junge Leute und trinken Spritz oder Bier. Wir trinken auch etwas und fallen dann in unser gemütliches Bett.
Samstag, der 19. Februar 2022
Heute ist der 13. Geburtstag unserer Großen. 13 Jahre sind wir nun Eltern. Hach.
Noch bevor wir die Kinder wecken, gehen mein Mann und ich ganz früh ums Eck auf den Rialto-Markt, der gerade erst öffnet. Am Kanal machen die Gondolieri ihre Gondeln fahrbereit.
Erste Kunden sind schon da.
Ein Venezianer kauft Fisch.
Was es hier alles gibt! Wir wollen heute auch was Feines essen und kaufen eine Scheibe frischen Thunfisch und Salat.
Den Thunfisch spicke ich zu Hause gleich mit Knoblauch, damit er das Aroma bis heute Abend ein bisschen annimmt.
Wir wecken die Tochter mit Kerzen und Gesang und geleiten sie zum bescheidenen Geburtstagstisch in der Küche.
Die Tochter ist so glücklich, in Venedig zu sein. „Das beste Geburtstagsgeschenk überhaupt!“ sagt sie immer wieder. Außer der Reise bekommt sie ein paar Kleinigkeiten, eine Handyhülle, einen Gutschein, eine Karte, ein Buch.
Heute darf natürlich sie bestimmen, was wir machen.
Ihr erstes Ziel: Eine Pasticceria, wo wir frühstücken können. Wir folgen einem Tipp aus unserem Reiseführer, der sich als sehr gut herausstellt: Die Pasticceria Tonolo in Dorsoduro.
Der Kaffee kommt in feinen blauweißen Tässchen, unüblich für Italien.
Der Zucker wiederum kommt in Gestalt unglaublicher Köstlichkeiten, hier ein frisch gebackenes Baiser mit Schlagsahne. Der Tochter ist es zu süß, sie isst dann lieber das kleine Erdbeertörtchen und ein schlichtes Brioche (Butterhörnchen) „senza niente“ (= ohne nichts = ohne Füllung).
Wir schlemmen und verdrehen die Augen vor Wonne angesichts der Leckereien.
Auf zum Markusplatz. Den will die Tochter natürlich sehen.
Hier tummeln sich schon viele Verkleidete. Wie auf dem Foto zu sehen, kann man sich hier im Kostüm auf eine Bühne unter den Löwen stellen. Auf dem großen Bildschirm rechts erscheint man dann in groß und inmitten von farbenprächtigen Animationen, so dass alle Menschen die Kostüme bewundern können.
Heute wollen die Menschen hier auf der Piazza San Marco sehen und gesehen werden. Wir schauen uns den Platz und die tollen Gebäude an und freuen uns am Leben und Treiben und an den tollen Kostümen.
Viele Leute fotografieren sich auch selbst.
Sogar manche Hunde sind verkleidet. Unsere Töchter sind entzückt.
Ein wenig gruselig. Ein wenig „Eyes wide shut“.
Der Campanile (Glockenturm) auf dem Markusplatz ist 100 Meter hoch. Auf den will die Tochter rauf und von oben auf Venedig gucken.
Die Dächer vom Turm aus gesehen.
Doppelt maskiertes Pärchen auf dem Turm.
Die Kinder brauchen eine kleine Pause. Wir ziehen unseren Plan vom Nachmittag vor und gönnen uns einen Aperitif im Luxushotel Danieli, das um die Ecke vom Markusplatz liegt.
Gäste in der großen Lounge des Hotels Danieli.
Auf dem Rückweg zum Airbnb werden wir Zeugen dieser Szene.
Wir essen Mittag und machen eine kleine Pause, bevor es am Nachmittag natürlich nochmal rausgeht.
Die Kinder bekommen ein Eis, das aber nicht halb so gut schmeckt wie in Sizilien.
Viele Klingelschilder sehen hier aus wie etwas gruslige Gesichter.
Noch mehr Kostümierte.
Auch andere Menschen lassen sich durch die Gassen treiben wie wir.
Nach dem Abendessen sind die Kinder platt. Sie sind den ganzen Tag gelaufen, gelaufen und gelaufen.
Die Kinder gehen ins Bett; mein Mann und ich wollen aber nochmal raus. Wir wollen jede Sekunde hier nutzen – so schnell werden wir wohl nicht nochmal herkommen. Also suchen wir uns eine Bar heraus, die weit weg von unserem Airbnb liegt, und laufen dorthin. Denn das Schönste in Venedig ist ja, einfach durch die Stadt zu laufen. Man ist hier so schnell zu Fuß, insbesondere, wenn man so mittendrin wohnt wie wir. Wir laufen nur 25 Minuten durch die dunklen Gassen zur Bar „Vino Vero“ direkt an einem Kanal, wo man gute Naturweine sowie „Cicchetti“ bekommt (kleine Brötchen mit verschiedenen Belägen, der typische venezianische Snack).
Was geschieht hinter diesen Fenstern?
Schnappschuss zu später Stunde.
Sonntag, der 20. Februar 2022
Letzter Blick von der Rialtobrücke über den Canale Grande.
Das hier ist ein Hof hinter den Gebäuden um den Markusplatz. Hier hat das Rote Kreuz eine von zwei ihrer Corona-Teststellen in Venedig eingerichtet. Wir brauchen negative Tests, um zurück fliegen zu dürfen.
Leute, ich sage Euch, in Italien ist es alles andere als einfach, sich „schnell testen zu lassen“. Man muss sich super kompliziert online anmelden und dabei tausend Dinge eintragen. Das habe ich glücklicherweise schon zu Hause recherchiert und erledigt. Aber auch das Anmelden vor Ort und schließlich das Herunterladen der Test-Ergebnisse ist eine richtig nervige Angelegenheit. Man muss unverständliche Sachen anklicken und auswählen, Codes abrufen, diese an der richtigen Stelle eingeben und x-mal die Nummer des eigenen Personalausweises, sein Geburtsdatum und die Adresse eingeben. Glücklicherweise hilft mir die nette Rotkreuz-Dame, das komplizierte Prozedere viermal durchzustehen, bis ich alle unsere (glücklicherweise negativen) Testergebnisse als PDFs in meinem e-mail-Postfach habe.
Hier leistet mir ein weiterer Mitarbeiter des Roten Kreuzes letzte Hilfe mit dem digitalen Irrsinn der italienischen Bürokratie.
Mehr Kostüme bewundern.
Auf der Suche nach dem richtigen Vaporetto (öffentliches Verkehrsmittel-Boot).
Endlich auf dem Boot und auf dem Weg Richtung Flughafen. Zuerst müssen wir zum Tronchetto; dort fährt der Bus ab, der uns zum Flughafen bringt.
Wir genießen die halbstündige Fahrt mit dem Vaporetto, das immer zwischen Venedig und den Inseln San Giorgio und Giudecca hin. und herfährt. Hier bekommen wir nochmal einen ganz anderen Eindruck von Venedig.
Und das ist das letzte Bild von Venedig, das ich erhasche, bevor wir in den Bus steigen.
Wir sind nach dieser Kurzreise ganz schön geschafft und starten wenig ausgeruht in die neue Woche. So eine Reise ist, so toll sie ist, definitiv keine Erholung.
Ich habe überhaupt keine Lust auf das, was mich in dieser Woche erwartet. Ich muss lauter unangenehme Sachen machen, bin aber alles andere als motiviert. Ich bin immer noch im Tief. So toll und beeindruckend Venedig war, geht es mir hier in Berlin schon wieder schlecht. Die Kraft ist einfach alle, die Akkus leer, die Motivation immer noch auf dem Nullpunkt.
Und wir haben noch andere Sorgen, und keine kleinen. Alles zusammen macht es uns im Moment nicht leicht.
Ich höre von Vielen, dass es ihnen so geht. Die Pandemie laugt besonders uns Eltern aus, denn wir schleppen uns und unsere Kinder schon seit zwei Jahren durch untragbare Zustände. Mein Mann und ich können auf keinerlei Großeltern zurückgreifen, die die Kinder mal nehmen, wenn gleichzeitig Homeschooling und Arbeit anstehen. Bei uns ist das hier dann nicht gemütlich, sondern einfach unmöglich.
Ich hoffe so sehr, dass die Sonne sich bald mehr zeigt. Dass endlich ein paar Blümchen rauskommen und Farbtupfer in das schmutzige Graubraun werfen.
Euch Leser*innen wünsche ich, dass Ihr mehr Kraft habt als ich. Dass Ihr wisst, wie und wo Ihr auftanken könnt, und das auch tut.
In diesem Sinne: Eine gute letzte Februar-Woche! Alles neu macht der März!
Deine Maike
Die Wochenenden in Bildern anderer Blogger*innen findest Du wie immer bei Große Köpfe.
Liebe Maike,
so ein schönes Geschenk für eure Tochter – jetzt habt Ihr auch einen Teenager!
Mag sie ihr Alter?
Danke für die vielen schönen Eindrücke – ich hoffe ja auch mal diese Stadt erleben zu dürfen
aber wie Du schreibst so schön so ein Wochenende ist so anstrengend ist es auch.
Und ja die Corona Zeit ist anstrengend.
Wir habe es auch jetzt alle vier hinter uns schön auseinander gezogen (also mit langer Quarantäne) und ich würde und müsste gerne einiges erledigen bin aber noch nicht wieder so fit und mache nur wenig. Ich spüre zwar, dass es aufwärts geht aber auch, dass ich mir Zeit lassen muss.
Die Zeitenzauber Bücher kenne ich noch nicht und will mal schauen, ob das nicht auch etwas für uns wäre.
Ich schicke Dir eine Reiki Dusche und liebe Grüße
Susanne
Liebe Susanne, danke für Deine Worte und vor allem für die Lichtdusche, die ich sehr gut gebrauchen kann! Oh ja, Corona ist anstrengend, besonders wenn man es bekommt und dann auch noch schön hintereinander…. auweia, da hast Du was durchgemacht! „Zeitenzauber“ ist wirklich gut, aber erst etwas ab 12 (frühestens, würde ich sagen). Der zweite Teil spielt in Paris und der dritte in London. Und die Kinder lernen auf echt spannende, unterhaltsame Weise etwas über die Städte und das Leben dort in früheren Zeiten, z.B. wie es mit der Hygiene (Toilette, Haarewaschen, Krankheiten,…) so war und wie es ganz konkret in den Straßen aussah. Das finde ich sehr gut, dass es so anschaulich und konkret beschrieben wird, aus der Sicht eines Mädchens aus heutiger Zeit. In den Büchern reist die Protagonistin von heute in die Vergangenheit und muss dort Rätsel lösen. Und das ist besser gemacht als es hier klingt. Sogar ich fand das spannend!
Liebe Grüße an Dich!
Danke für die tollen Eindrücke von Venedig.
Ich war dort etwa 1997 und fand die Stadt nicht so beeindruckend wie erhofft.
Aber mit deinem Blick darauf sehe ich es anders.
Wir haben gerade zwei Wochen Quarantäne hinter uns. Hatten alle Vier Corona.
Ich muss mich viel erholen und müsste, müsste so viel erledigen.
Mir geht es ähnlich wie dir.
Ich schicke dir ganz viel Kraft und Liebe Grüße, Steffi
Liebe Steffi, au weh, das klingt nicht gut 🙁 Corona zu viert und Quarantäne, das wünsche ich niemandem. Ich hoffe, Du kommst wieder auf die Beine. Das einzige, was hilft, ist locker sein, es sich leicht machen. Ich wünsche Dir, dass es Euch gelingt, es Euch leicht zu machen.
Liebe Grüße und ich denke an Dich, schicke Dir eine Umarmung!
Deine Maike