Wieder erweckt: klassische Waldorfpuppe Kathrinchen

Kathrinchen war ein ganz spezieller Auftrag. Im Sommer wurde ein einer Facebook-Gruppe für Puppenmacherinnen gefragt, ob jemand Interesse habe, eine verloren gegangene Puppe nachzunähen. Da ich so etwas gerne mache, wurde ich aufmerksam und nahm Kontakt mit der Puppenmama auf. Ich erfuhr, dass etwas Entsetzliches passiert war: Beim Ausmisten im Keller hatte jemand die geliebte Puppe aus der Kindheit einfach weggeworfen (aua…). Dass derjenige, der die Puppe weggeworfen hatte, als Entschuldigung ein Bild der Puppe malte, konnte Verena nicht so recht über den Verlust hinwegtrösten.

Die Puppe Kathrin war nämlich etwas ganz Besonderes gewesen. Verena hatte sie geschenkt bekommen, als sie ungefähr 5,6 Jahre alt war. Sie war auf einem Markt gekauft worden (leider war es nicht möglich, den Namen der damaligen Puppenmacherin herauszufinden). Verena nannte die Puppe Kathrin, weil sie selbst ihren (wunderschönen!) eigenen Name nicht mochte und darum wie aus Trotz wenigstens ihre neue Puppe so nannte, wie sie selbst so gern gehießen hätte. Kathrin wurde ganz vorsichtig behandelt, Verena hat sie immer gut behütet und gut auf sie aufgepasst. Sie war eben ein wahrer Begleiter und ein Seligkeitsding.

Nun hat Verena selbst eine kleine Tochter bekommen. Das gemalte Bild von Mamas Puppe hängt in ihrem Kinderzimmer. Und so kam die Idee auf, der Tochter zu Weihnachten eine Puppe nähen zu lassen, die möglichst genau wie Kathrin aussieht. Zumindest sollte die Tochter die Puppe von dem gemalten Bild und den Fotos wieder erkennen. Auf dem gemalten Bild trägt die Puppe die weiße Seidenbluse und einen roten Trägerrock sowie beige Wollstrümpfe, wie auf dem letzten Foto unten.

Und so habe ich mich an die Aufgabe gemacht, anhand von Fotos der Puppe Kathrin ein Kathrinchen zu nähen. Diese Fotos hatte Verena von sich selbst und der Puppe noch gefunden:

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Die Puppe sollte diese Kleidung bekommen: einen roten Trägerrock und eine weiße Bluse

Verena war sich darüber im Klaren, dass das neue Kathrinchen eine eigene Seele, ein eigenes Wesen bekommen würde und keine 100%ige Kopie der alten Kathrin werden konnte. Dennoch habe ich versucht, sie ihr möglichst ähnlich zu machen. Oh, wie habe ich mich in die Fotos vertieft! Immer wieder habe ich sie mir angesehen, um den Ausdruck der Puppe in mich aufzunehmen, um herauszufinden, wie die Augen gemacht waren (eventuell waren sie aufgemalt, das lässt sich auf den Fotos nicht erkennen), oder die Haare.

Die Haare machte ich mit einer ganz anderen Technik als der, die ich üblicherweise benutze. Normalerweis häkle ich eine Perücke und knüpfe dann Haarsträhnen ein. Für Kathrinchens Haare musste nach dem Sticken der Augen und des Mundes ein weiterer Kopfbezug gemacht werden, weil die Kopfhaut bei dieser Technik an manchen Stellen zu sehen sein kann. Dafür muss sie glatt und makellos sein. Ich nähte den Kopfbezug mit Matratzenstich an und markierte dann den Haaransatz, den Scheitel und die Position der Zöpfe.

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Dann legte ich einen dicken Strang sehr langer naturfarbener Wollfäden quer über den Kopf und nähte die Fäden entlang des Scheitels bis zum Nacken mehrfach fest. Ich war froh, eine ganz schlichte weiße Natur-Schafwolle gefunden zu haben, weil ich vermutete, dass die Original-Puppenmacherin solche Wolle verwendet hatte. Dann befestigte ich in Ohrnähe die beiden Stränge und flocht schließlich dicke Zöpfe. Die Haare sitzen so stabil, auch wenn nicht jedes einzelne Haar festgezurrt ist. Interessant waren auch die Hände und Füße, die einfach „Stumpen“ ohne Daumen oder „Knick“ sein sollten. Ich zog die Hände und Füße an den Gelenken einfach mit Kräuselfaden zusammen.

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Eine besondere Herausforderung war die Kleidung. Ein roter Trägerrock sollte es sein, außerdem ein weißes Blüschen mit einem Perlmuttknopf hinten. Dafür machte ich extra Entwürfe.

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Den Perlmuttknopf nahm ich aus meiner Sammlung antiker Knöpfe, die ich von meiner Oma und meiner verstorbenen Tante Elisabeth bekommen habe. Besonders die Tante war eine unglaublich versierte und raffinierte Näherin, die meinen Puppen immer wunderschöne Kleider genäht hat (und mir und sich selbst auch).

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Perlmuttknöpfe an Rock und Blüschen – und handgenähte Knopflöcher, weil der Stoff so zart ist

Und so ist Kathrinchen nun geworden:

So reist Kathrinchen nach Hause: dicke Zöpfe, feiner Trägerrock, weiße Bluse und Stricksocken
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Kathrinchen mit Mütze und Strickjacke

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Kathrinchen turnt an der Reckstange

Und klettert in den Vogelbeerenbusch Facebookpinterestmail