Das dritte März-Wochenende habe ich ohne Familie bei einem Schulfreund im Süden Deutschlands verbracht. Er wohnt in einem Schloss (!), das jedoch nicht riesig ist; es ähnelt eher einem sehr großen Gutshaus. Und es gibt hier einen wundervollen Park. Ich bin ja wegen Erschöpfung krank geschrieben und habe den Rat meiner Ärztin, mir möglichst eine Auszeit zu nehmen, brav umgesetzt.
Ich bin jetzt seit einer Woche hier, und habe eigentlich nur schöne Dinge gemacht. Ich glaube, es geht mir schon besser. Ich bin auch froh, dass ich meiner Intuition gefolgt bin, mal ganz woanders und in den Süden des Landes zu fahren, um den Kopf frei zu bekommen.
Samstag, der 18. März 2023
Mein Zimmer hier. Ich fühle mich sehr wohl und kann hier schön entspannen.
Der Flur hier gefällt mir besonders gut.
Ich gehe mit den beiden Hunden für eine Runde raus in den Park. Der dunkle Hund gehört meinem Schulfreund, der helle Hund gehört seinem Cousin, der auch hier lebt. Die Hunde wollen Tennisbälle geworfen kriegen und apportieren.
Das ist nicht das Schloss, sondern eins der Nebengebäude von hinten. Das Foto soll aber sowieso einen der herrlichen Schneeglöckchen-Teppiche im Park zeigen. Ich fühle mich an „Der geheime Garten“ erinnert und find’s so schön!
Anemonen blühen im Park auch schon. Sie werden auch Buschwindröschen genannt.
Die Narzissen sind auch schon aufgeblüht.
Weil das WLAN hier am besten ist, schreibe ich in der Bibliothek meinen lang schon fälligen Artikel zum „März im Jahreskreis“ fertig. In dem Artikel findet man viele Anregungen und Denk-Impulse, was man im März tun kann, um sich mit der Kraft der Jahreszeit zu verbinden, außerdem Ideen für den Jahreszeitentisch, mit Kindern und für Dekorationen.
Dieses Bild aus dem Artikel mag ich besonders gern.
In der Bibliothek war es recht kalt, ich friere. Ich gehe nochmal raus in die Sonne, um warm zu werden. Heute hat es 18°C. Im Park sammle ich wieder Wildkräuter, hier Knoblauchsrauke.
Waldmeister gibt es auch schon, aber den lass ich stehen.
Ein Bächlein fließt durch den Park. Ich mag sein lebendiges Gluckern. Das tut jetzt gut. Das gibt mir das Gefühl, dass Dinge in Gang kommen. Dass es wieder fließt.
Ein Stück weiter überquert man einen Fluss, um auf die Felder zu gelangen.
Ich mache einen schönen langen Spaziergang in der warmen Sonne.
Am Abend kommt mein Schulfreund von seiner Reise zurück. Er hat auf dem Rückweg auch seine Freundin in München aufgesammelt. Der Cousin, ein exzellenter Koch, und ich kochen für die ganze Meute Zitronenhähnchen und Ofenkartoffeln. Außerdem am Tisch sind noch die Großmutter meines Freundes, die auch im Schloss wohnt, und seine Schwester mit Mann, die in einem Haus auf dem Gelände wohnen. Wir haben einen total schönen Abend, wir erzählen und lachen viel. Die Herren des Hauses sind äußerst unterhaltsam und geben eine Anekdote nach der anderen zum Besten.
Später sitzen wir noch in der Bibliothek – der Abend geht lang. Weit nach Mitternacht gehe ich erst schlafen.
Sonntag der 19. März 2023
Nach einem kurzen Spaziergang und Frühstück kuschle ich mich nochmal ins Bett und lese. Mein Buch ist „Loveless“ von Alice Oseman. Ich liebe das Buch und kann nicht aufhören zu lesen. Ich bleibe im Bett und verschlinge das gesamte Buch, ohne an Essen, Trinken oder Toilette zu denken, so sehr nimmt mich die Lektüre mit.
Irgendwo in der Mitte muss ich plötzlich weinen, weil ich gerührt bin von der Handlung. Und dann weine ich erstmal eine Weile. Ich weine gar nicht so sehr über das Geschehen im Buch, sondern ich weine über alles Mögliche in meinem Leben. Ich merke, dass sich Traurigkeit aufgestaut hat. Ich habe lang nicht mehr geweint und bin froh, dass es jetzt rauskommt. Ich weine mich schön aus und finde, dass das sehr gut ist. Ich lese weiter und werde an noch zwei weiteren Stellen zum Weinen inspiriert. Die Handlung löst zwar mein Weinen aus, aber ich weine dann weiter heraus, was mich in den letzten Monaten traurig gemacht hat. Dabei kommen allerlei Erkenntnisse auf. Das musste wohl sein.
Als ich das Buch ausgelesen habe, habe ich Hunger, Durst und muss dringend auf Klo. Ich mache mein Ruckizucki-Kindheits-Notessen, weil ich jetzt echt Hunger habe: Nudeln mit Butter, Tomatenmark und Kräutern der Provence. Dazu ein ganzer Kohlrabi, einfach nur in Stücke geschnitten. Genau das brauche ich jetzt.
Dann gehe ich nochmal mit den Hunden raus. Der Himmel ist heute duster, aber die Sonne kommt kurz durch.
Luna möchte, dass ich den Ball nochmal werfe.
Meine Hunde-Freunde werde ich sicher vermissen, wenn ich am Dienstag wieder nach Berlin fahre. Sie sind mir hier ganz liebe Gefährt*innen. Aber auch die menschliche Gesellschaft und die anregenden und unterhaltsamen Gespräche hier haben mir gut getan.
Jetzt essen wir gleich. Der Cousin meines Freundes, der jetzt auch ein Freund von mir ist, obwohl er um 25 Jahre älter ist als ich, macht uns Zwiebelrostbraten, eine schwäbische Spezialität. Lecker. Heute essen wir gemütlich in der Küche. Ich möchte gern den Tisch decken, deswegen muss ich gleich Schluss machen.
Am Dienstag fahre ich ein bisschen erholt wieder nach Berlin zurück. Ich vermisse die Kinder, meinen Mann und auch unsere Hunde. Leider warten auch ein paar unangenehme Dinge auf mich – Steuerangelegenheiten, Kommunikation mit der Krankenkasse und solche Sachen, die erschöpfte Personen besonders viel Kraft kosten. Aber manches muss einfach gemacht werden.
Ich bin so froh und dankbar, dass ich die Möglichkeit hatte, hierher zu fahren. Dass mein alter Schulfreund sofort gesagt hat, „Klar, komm her, das Gästezimmer wartet auf dich!“ Es war richtig erfrischend, mal woanders zu sein, andere Menschen um mich zu haben, und natürlich Zeit zu haben für schöne Dinge wie Lesen, Spazierengehen, Kräuter sammeln und Schlafen. Und auch die lustigen und interessanten Gespräche, die ich hier geführt habe, haben mir gut getan. Einfach mal anderer Input als zu Hause in Berlin.
Danke an alle Leser*innen, die mir so liebe Nachrichten schreiben. Ich freue mich über jede einzelne, nur habe ich manchmal nicht die Kraft, ausführlich zu antworten. Über Kommentare freue ich mich immer.
So, aber jetzt zum Tischdecken.
Alles Liebe,
Eure Maike
Hier die gesammelten Wochenenden in Bildern anderer Blogger*innen auf Große Köpfe.
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Liebe Maike,
es freut mich wirklich sehr, dass du bei deinem Tapetenwechsel im Schloss ein wenig auftanken konntest. Das Anwesen strahlt etwas besonderes aus und es ist großartig, dass du dich auf den Weg gemacht hast. Auch, dass Raum für Tränen war und du ihnen freien Lauf gelassen hast. Irgendwann las ich einmal, dass sich jede nichtgeweinte Träne wieder hinten anstellt.
Für deine Zeit in Berlin wünsche ich dir alles Gute, genügend Kraft für die „doofen“ Pflichten und ein Lächeln im Gesicht, wenn du sie erledigt hast. Sei geduldig mit dir!
Ganz liebe Grüße aus dem kleinen Dorf zwischen den Meeren
Lydia
Liebe Lydia, vielen lieben Dank. Deine Worte tun gut. Den Spruch mit den Tränen, die sich hinten wieder anstellen, merke ich mir — das ist schön gesagt! Geduldig mit mir zu sein, fällt mir nicht leicht, aber ich versuche es.
Ganz liebe Grüße an Dich!
Ein Schloss! So ein toller Ort zum Erholen! Da jubelt mein Kunsthistorikerinnen-Herz. Genieße es und lass es Dir gut gehen.
Ja, das war sehr schön. Besonders gut hat die Gesellschaft getan, einfach mal andere Themen und Gespräche als in meinem Dunstkreis in Berlin. Das war erfrischend und wohltuend.