Zwischen winterlicher Natur und Drinnen-Schlurfigkeit haben wir das erste Wochenende 2019 zu Hause in Berlin verbracht.
Samstag, der 5. Januar 2019
Mein erster Gang führt mich wie immer nach draußen. In unserem Gärtchen blühen die Christrosen. Meine gärtnerische Winterfreude.
Die große Tochter hat Übernachtungsbesuch und werkelt mit der Freundin kichernd im Kinderzimmer herum. Die kleine Tochter möchte nochmal im Bett kuscheln und vorgelesen bekommen. Ein Dauerbrenner bei uns seit Jahren ist das illustrierte Buch der Ballettgeschichten (kein Affiliate-Link). Die ersten Filmchen, die unsere Kinder mit ca. 4 Jahren geguckt haben, waren Aufnahmen von Ballettaufführungen. Damit sie verstehen konnten, was auf der Bühne geschieht, kauften wir dieses Buch, in dem die Geschichten der großen klassischen Ballette kindgerecht nacherzählt werden. Die kleine Tochter hat heute das Buch ausgewählt und möchte, dass ich ihr die Geschichte von „Giselle“ vorlese. „Weißt Du, Mama,“ sagt sie in vertraulichem Ton, „‚Schwanensee‘ fand ich schon immer seltsam!“ Ich muss ein bisschen grinsen, denn wenn ein Ballett wirklich seltsam ist, ist es „Giselle“. Das Konzept der geisterhaften „Wilis“ finde ich so an den Haaren herbeigezogen, vermute aber, dass sie in der französischen Märchenliteratur einen gewissen Platz haben. Die „Wilis“ sind tote junge Mädchen, die als Bräute vor ihrer Hochzeit gestorben sind und gern getanzt haben. Sie sind in einer Art Zwischenreich zwischen Leben und Tod gefangen und warten im Nebelwald auf männliche Opfer, um diese zu Tode zu tanzen. Also wenn das nicht gruselig und seltsam ist.
Nachtrag 7.1.: Ich bin betreffs der Wilis schlauer. Die Wilis sind Figuren aus der slawischen Folklore bzw. der osteuropäischen Mythen. In diesem Wikipedia-Eintrag findet man nähere Informationen. In der Slowakei kennt man tatsächlich den „Kreis der Wilis“, in den geisterhafte Nymphen, die früher junge Mädchen waren, junge Männer ziehen und mit ihnen tanzen.
Den ganzen Tag wird eifrig drinnen gespielt. Mit Lego, mit den Schleich-Pferden und mit den Puppen. Bei uns wird Lego ja fast immer ganz wild und frei verbaut. Dafür haben wir extra große Platten gebraucht bei Onkel Philipp gekauft. Auf diesen können die Kinder bauen, was ihnen einfällt.
Die beiden großen Mädchen sitzen als feine Damen mit Fächern auf dem Hochbett der großen Tochter. Dabei giggeln sie aber auch ziemlich viel herum.
Ich verbringe den ganzen Tag damit, das Outfit für eine Puppe fertig zu stellen. Die Puppe bekommt unter anderem eine lila Strickjacke, die ich aus einer weichen Mohair-Wolle stricke.
Und so vergeht der Tag total gemütlich und für die Kinder mehr oder weniger im Schlafanzug. Solche Schlurf-Tage zu Hause sind so wichtig, finde ich, und gerade jetzt in den Weihnachtsferien total angebracht. Denn das Alltagsleben in Berlin ist anstrengend, alleine wegen dem Verkehr und dem Gewusel der Stadt. Und unsere Kinder lieben es, einfach schlurfelig zu Hause zu bleiben, ohne Zeitdruck und nur mit Spielen und Lesen.
Am Abend kommt noch ein Nachbarsmädchen zum Spielen vorbei, worüber sich die Kinder sehr freuen. Und wir Eltern gehen mit der kleinen Tochter vor dem Ins-Bett-Gehen noch eine Runde im Dunkeln um den Block spazieren, denn sie braucht noch Bewegung und Lüftung. Sie huldigt allen bereits herausgeworfenen Weihnachtsbäumen auf den Wegen. Sie findet es so schade, dass die Bäume einfach auf der Straße liegen. Wir beruhigen sie ein bisschen mit der Information, dass die Bäume in den Tierpark gebracht werden, als Futter für die Elefanten. Was tatsächlich stimmt; aber natürlich geschieht das nur mit einem Bruchteil der Bäume.
Mein Mann und ich schauen noch die sehr empfehlenswerte Serie „Ein Wunder“ / „Il miracolo“ auf arte.tv. So auch heute Abend. Wir haben uns beide seit Tagen danach gesehnt, einmal wieder einen Abend einfach nur Filme zu gucken, denn das schaffen wir leider nicht so oft, weil abends oft noch eine/r von uns arbeiten muss. In dieser Serie (8 Teile à 50 Minuten) wird in einem Versteck eines Mafia-Bosses eine Plastik-Madonna gefunden, die menschliches Blut weint. 600 Liter pro Tag, und niemand weiß, wo das Blut herkommt. Die Madonna verändert das Leben einiger Menschen. Um diese Menschen – ein Priester, der Ministerpräsident und seine glamouröse, verletzliche Frau, deren Au pair, eine Chemikerin und den sehr menschlichen Geheimdienstchef – dreht sich die Serie. Die Ästhetik der Serie ist hochwertig (wunderschöne Bilder!) und die Storys sind spannend und absurd zugleich. Und man kann viele Anleihen aus der Bibel finden. Absolut berührend und fesselnd. Und ein Quäntchen Humor ist auch dabei. Hervorragende europäische Serienqualität. Aufsehen erregend, ehrlich gesagt.
Die Plastik-Madonna in „Ein Wunder“ (aktuell auf arte.tv) weint literweise menschliches Blut.Es tut sich was in Europa in der TV-Serien-Produktion, und auf arte.tv kann man es anschauen. Ich habe hier im letzten halben Jahr einige hervorragende Serien aus Europa entdeckt, zuletzt die dänische Serie „Die Wege des Herrn“ des Erfolgsautors Adam Price, aktuell noch verfügbar.
Sonntag, der 6. Januar 2019
Heute ist Dreikönigstag, was ja in Berlin kein Feiertag ist, heute aber erfreulicherweise auf einen Sonntag fällt. Als erstes mache ich heute Morgen den Teig für den Dreikönigskuchen aus dem alten Rezeptbuch meiner Oma. In dem Buch hat sie handschriftlich ihre Rezepte badischer und französischer Kochkunst notiert. Und jedes ist eine Wucht.
Die kleine Tochter rührt den Teig.
Alles ist heute Morgen nur mit Kerzen erleuchtet. Die kleine Tochter möchte jetzt baden und trägt Laternen und Kerzen ins Badezimmer.
Wir sind gerade aus ökologischen Gründen von Shampoo auf Haarseife umgestiegen. Ich war ja skeptisch, aber es klappt wunderbar. Hier eine wunderbar duftende Citronella-Haarseife von Filigrana, die es bei der Bio-Company gibt.
Die kleine Tochter schnappt sich den Fotoapparat und macht u.a. dieses Foto von unserer kerzenbeleuchteten Treppe. Die Stufen sind in echt nicht so schief wie auf dem Bild, aber ich finde, es sieht schön aus.
Endlich Frühstück. Für die Kinder schon das zweite. Mein Mann schneidet den kleinen Dreikönigskuchen in vier Teile. Irgendwo im Kuchen ist ein Edelstein versteckt. Wer ihn findet, ist König oder Königin für heute und darf bestimmen, was gemacht wird. Ich habe den Kuchen extra klein gemacht (und aus dem Rest des Teiges Brötchen gebacken), damit auch alles aufgegessen werden kann und der Edelstein auch sicher gefunden wird.
Und wer findet den Stein? Ich! Dabei hätte ich die Königinnenwürde einem der Kinder gewünscht. Ich übergebe den Kinder auch direkt das Bestimmen für den Nachmittag. Mein Wunsch für die erste Tageshälfte ist ein Ausflug an einen See.
Vorher aber mache ich draußen noch Fotos von Puppe Leila. Sie ist 40 cm groß und trägt ein duftiges Kleid aus Liberty-Stoff und natürlich die lila Strickjacke, die ich gestern Abend beim Filmgucken fertig gestellt habe. Dazu eine Leggings und Filzstiefelchen.
Ausflug an den See. Im Hintergrund ein Schwarm Silberreiher, identifiziert mit dem Fernglas.
Das Wasser des Sees ist durchsichtig und klar.
Die Kinder vergnügen sich hingebungsvoll am Ufer. Das geht auch wundervoll im Winter.
Und wir machen mal wieder eine Menge Hüpfbilder. Dieses hat die große Tochter von meinem Mann und mir gemacht. <3
Wir spazieren um den See, bis die große Tochter an einer Uferstelle zu tief ins Wasser steigt und nasse Füße bekommt. So drehen wir um und gehen zurück, denn sie hat eiskalte Füße, nimmt es aber gelassen.
Mir fallen die verschiedenen Strukturen von Baumrinden auf, alle direkt nebeneinander. Mein Mann und ich lieben beide organische Strukturen, jede/r auf seine Weise. Ich mache gern Fotos davon, mein Mann zeichnet sie.
Winterlicher Wald: Auch schön.
Zum späten Mittagessen gehen wir in ein Restaurant und essen gutbürgerlich-deftig, bis wir ratzeputze satt sind.
Zu Hause wird auf Wunsch der Kinder den ganzen Nachmittag rumgeschlumpft: gespielt, gelesen, geschlafen. Als es dunkel ist, wird der Weihnachtsbaum ein letztes Mal angezündet, bevor er morgen abgeschmückt wird.
Vor dem Ins-Bett-Gehen schauen wir mit den Kindern noch einen Film auf arte, eine Dokumentation über das etwas schaurige slowenische Höhlen-Schloss Predjama, das in einen Berg gebaut ist und dessen Räume direkt in ein komplexes unterirdisches Höhlensystem übergehen. Die Geschichte/Legende eines der historischen Schloss-Bewohner aus dem 15. Jahrhundert wird jeweils mit dem Verhalten der Tiere in der umgebenden wilden Natur verglichen. Wunderschöne Natur- und Tieraufnahmen und mal wieder ein Beweis, wie reizvoll, voller Geschichte und toller, wilder Natur Europa ist. Und das gar nicht weit entfernt von hier. Und wer schon immer mal wissen wollte, was ein Grottenolm ist, hier kann man es erfahren und sehen. Ich sage Euch: Faszinierend.
Aber bevor ich mich an diesen Beitrag setzen kann, entsteht oben bei Kindern und Mann Unruhe. Der großen Tochter ist schlecht; sie kann nicht einschlafen. Tatsächlich erbricht sie zwei Mal. Es scheint, als habe sie einen Magen-Darm-Infekt. Oder ist es nur die Aufregung, oder war etwas am Restaurant-Essen nicht gut? Morgen wissen wir sicher mehr. Ich setze mich zu ihr ins Hochbett und halte Händchen, bis sie gegen 21 Uhr erschöpft einschläft.
Ich muss morgen früh um 6:30 Uhr das Haus verlassen, weil ich meinen Vater zu einem wichtigen Arztbesuch begleite. Mal sehen, wie sich das mit einem wahrscheinlich kranken Kind und einem Mann, der arbeiten muss, vereinbaren lässt :-/
Ich hoffe, Ihr hattet auch einen schönen Dreikönigs-Tag und könnt gestärkt wieder ins Alltagsleben starten!
Wie immer freue ich mich über Kommentare und Grüße!
Viele andere Wochenenden in Bildern anderer Familien findet Ihr auf dem Berliner Familienblog Große Köpfe.
Liebe Maike, habe deine Homepage heute über instagram entdeckt und verschlinge seit heute morgen deine Beiträge. Sooo liebevoll und schön. Ich bin begeistert und wollte dir liebe Grüße aus Österreich schicken. Bin seit Sommer selber Mama und wünsche mir genauso eine liebevolle und ideenreiche Mama wie du zu sein. Toll! Da wäre man gerne selbst wieder Kind. Liebe Grüße, Christine
Liebe Christine, oh, da freue ich mich aber! Willkommen hier in meiner kleinen Welt. Ich freue mich, dass Du da bist. Mamasein ist manchmal nicht leicht, aber ich widme mich hier gern den schönen Seiten 😉 Ganz liebe Grüße ich Österreich!
Wieder so ein schöner Bericht 🙂
Ich musste ein bisschen über die Ballettgeschichte lachen. Märchen sind eigentlich meistens seltsam, aber die Story von Giselle (ich kannte sie vorher nicht) setzte dem ja wirklich noch mal die Krone auf 😉
Ein guter Tip mit der Haarseife – mein normales Duschgel habe ich schon gegen Seife eingetauscht. Beim Shampoo bin ich so unentschlossen. Es gibt nur ein einziges Shampoo (zumindest kenne ich nur das), was bei meinen Haaren wirklich passt und ich habe so wenig Lust, mich durch verschiedene Alternativen zu testen. Aber vielleicht sollte ich es doch mal angehen.
Ich wünsche Deiner Tochter und vor allem auch Deinem Vater gute Besserung!
Liebe Grüße,
Anna-Maria
Liebe Anna-Maria, auch immer schön, von Dir zu lesen!! (Ich schulde Dir ja immer noch eine Antwort auf Deine Job-Geschichte, die ich aufmerksam gelesen habe!!!! – wenigstens über diesen Weg danke dafür!!). Ja, die Haar-Seife ist erstaunlich gut; einziger Nachteil ist, dass sie ggf. eine „saure Rinse“ erfordert, d.h. man sollte das Haar danach mit einer Wasser-Essig-Mischung spülen. Ich habe dafür eine Flasche Essig ins Bad gestellt und benutze dafür einen keinen Eimer. da kommt warmes Wasser rein und ein paar Spritzer Essig und das kippe ich über den Kopf. Davon werden die Haare wunderbar weich. Die Haarseife hat mich darauf gebraucht, das auch bei den Kindern zu benutzen – seitdem ziept es nicht mehr beim Kämmen! Ich bin total begeistert. Nur ein bisschen Essig! Und man braucht kein bescheuertes Leichtkämm-Zeugs mehr. Liebe Grüße an Dich!