Die Tage sind jetzt spürbar kürzer und dunkler. Das zweite Adventswochenende waren wir zu Hause in Berlin. Es gab ein Adventskonzert der Geigenklasse, viel gemütliches Drinnensein mit Werkeln und Spielen, spätherbstliches Wetter draußen und ein wunderbarer Kinonachmittag zu Hause im Wohnzimmer. Und die Erfahrung, dass das Gute keimen kann, wenn wir Menschen wollen.
Samstag, der 8. Dezember 2018
Im Adventskalender war heute ein Spiel, das ich im Oxfam-Secondhand-Laden für 1 Euro erstanden habe: „Der kleine Prinz geht auf die Reise“. Ein zauberhaftes, cleveres Spiel, so klein es ist. Das Spielprinzip ist eine Mischung aus Das verrückte Labyrinth und Memory. Sehr gut schon ab 5 Jahren geeignet. Der kleine Prinz möchte verschiedene Planeten bereisen, die man durch Verschieben von Sternen-Plättchen finden muss, was gar nicht so einfach ist (wir staunen!). Wir spielen noch vor sieben Uhr die ersten Runden.
Bei Kerzenlicht, Tee und Kaffee wird das heutige Schnüpperle-Kapitel vorgelesen. Ich schnupfe und huste vor mich hin, denn ich bin seit drei Tagen erkältet, und nicht zu knapp.
Besonders lieben wir ja unser „Klingklang“ (im Bild links), wie wir unsere metallene Weihnachtspyramide nennen. Die Kerzenwärme dreht das Flügelrad oben und lässt die herunter hängenden Schwengel ganz zart an die beiden Glocken klingen, die auf dem sternähnlichen Gebilde in der Mitte sitzen. Ein engelhafter Klang, den wir alle sehr mögen. Die Pyramide hat mein Mann aus dem Nachlass eines seiner schrulligen Onkel bekommen. Wir sind jedes Jahr gerührt, wenn wir sie in der Adventskiste finden und zusammen setzen. Eigentlich kommt auch bei dieser Pyramide jeden Adventssonntag von 1 bis 4 eine Kerze hinzu, aber unser Klingklang ist schon ein bisschen altersschwach und verrostet. Es dreht sich nur noch, wenn alle vier Kerzen brennen.
Die kleine Tochter übt heute eifrig Geige, denn heute hat sie ihren allerersten Auftritt beim Adventskonzert der Geigenklasse. Die ganz Kleinen begleiten mit ganz einfachen Strichen bei zwei Weihnachtsliedern die Großen.
Geigenkonzert in der Paul-Gerhardt-Kirche in Prenzlauer Berg, nicht weit weg von uns. Es werden anspruchsvolle Stücke gespielt – der erste Satz eines Violinkonzertes in G-Dur von Vivaldi, mehrstimmige Bach-Menuette, komplizierte Soli und viele verschiedene Weihnachtslieder. Total schön. Wir sind echt beeindruckt, wie gut die Kinder spielen. Es ist ein wunderbarer, reiner, voller Klang. Und unsere Kleine ist sooooo stolz – sie grinst über beide Backen, wenn sie auf der Bühne steht und mitspielen darf.
Zurück zu Hause wird den ganzen Nachmittag gespielt und gewerkelt. Eigentlich hatte ich vor, zu zwei vorweihnachtlichen Designer-Sales zu gehen, aber ich habe beim Aufbruch vom Geigenkonzert die Geigenbogen-Spitze der Tochter ins bloße Auge bekommen und habe Augenschmerzen. Außerdem ist es kalt, dunkel und ungemütlich draußen, und gerade in der Adventszeit ist doch weniger mehr. Mein Geheimrezept für einen gemütlichen, besinnlichen Advent ist: Termine ausfallen lassen. Nein sagen und zu Hause bleiben. Die Kinder wollen ohnehin nur zu Hause spielen. Hier haben die Töchter einen Brunnen für die Pferde-Herde angelegt und versenken jetzt Spielzeug darin.
Und ich nähe. Letztes Jahr hat meine Tochter zu ihrem Kindergeburtstag das Geschenk einer Schulkameradin in einem wiederverwendbaren Geschenkbeutel aus Stoff bekommen. Seitdem möchte ich für unsere Geburtstags- und Weihnachtsgeschenke solche Beutel nähen. Ich habe seit Jahren Magenschmerzen dabei, Geschenke in Papier zu wickeln, das dann einfach abgerissen und weggeworfen wird. Wir haben zwar immer so weit wie möglich Geschenke in Spieltücher verpackt, aber Papier haben wir auch immer verwendet. Heute nehme ich das Projekt „Geschenkbeutel nähen“ endlich in Angriff.
Beim Nähen sinniere ich ein wenig vor mich hin. Ich überlege, was es eigentlich bringt, dass ich stundenlang wiederverwendbare Geschenkbeutel aus Recycling-Stoff nähe. Wo so viele andere Menschen grenzenlos konsumieren, einkaufen, verschwenden, in Plastik verpacken und Plastikverpackungen kaufen (und produzieren) – noch und nöcher. Es ist die alte Frage von David gegen Goliath. Aber ich spüre fest, dass ich den Impuls des Guten umsetzen möchte, so klein er auch ist. Die Entscheidung für das kleine Gegenprogramm ist es, worauf es ankommt. Egal ob die Welt um mich herum in Vergeudung und Verpackung versinkt. Nach dem Motto: Auch wenn ich wüsste, dass morgen die Welt untergeht, würde ich noch einen Baum pflanzen. Es ist das Spüren, das Aufgreifen und Verwirklichen des Lichtes in uns. Eigentlich: eine Art Christus-Impuls, ein Empfinden von Stärke, die uns zu Menschen macht. Oder auch: Die Idee und der Glauben an das Gute im Menschen. Genau das, worauf es im Leben ankommt und genau das, was wir in der Adventszeit deutlicher vernehmen und umsetzen sollten als zu jeder anderen Zeit des Jahres. Und ich denke darüber nach, wie einfach es manchmal ist (oder wäre), dem guten Impuls nachzugehen. Man muss nur einen kleinen Schritt tun und die Komfortzone verlassen. Mir fällt das glücklicher Weise nicht so schwer. Und ich spüre direkt, wie gut es tut, dem Impuls zu folgen. Dem Impuls, etwas zu tun, was die Welt ein winzig, winzig, winzig bisschen besser macht. (Und natürlich ist es damit nicht getan. Es muss auch an den großen Schrauben gedreht werden. Dafür müssen wir die richtigen Parteien wählen, auf die Straße gehen, unsere Abgeordneten treffen und ihnen sagen, was wir uns von der Politik wünschen,…. Wir müssen unsere Geschichten erzählen, unsere Wünsche kundtun und protestieren. Aber wenn nur einige wenige der Mächtigen im richtigen Moment dem guten Impuls folgen – einen Vertrag nicht unterschreiben, der ein armes Land in eine Schuldenfalle zwingt, eine umweltschädliche Investition nicht tätigen, sich nicht für die Abholzung eines Stück Regenwaldes schmieren lassen usw., dann ist das im Grunde das gleiche wie mein winziges Nähen wiederverwendbarer Geschenkbeutel. Bewirkt nur unter Umständen deutlich mehr.)
Die Geschenkbeutel entstehen übrigens in Windeseile. Ich nähe zwei Stunden gemütlich vor mich hin und bekomme in dieser Zeit inkl. Stoffe heraussuchen und Zuschneiden 25 Beutel genäht, von sehr groß (da würden große Lego-Schachteln reinpassen) bis sehr klein (für Puppenschuhe z.B.). Für Interessierte: Ich werde die Anleitung diese Woche auf Hans Natur verbloggen (Link führt zum Artikel). Es ist wirklich einfach und befriedigend, weil man so viel in kurzer Zeit schafft. Ratsam ist es, alte Tischdecken, Vorhänge oder Laken mit umgenähten Säumen dazu zu verwenden und fertige, breite Geschenkschleifen. Ich sammle schon immer Geschenkschleifen, so habe ich immer einen gewissen Vorrat. Damit geht es wirklich ratzfatz – 1 Beutel in drei Minuten, denn so muss man nur zuschneiden und eine einzige Naht machen. Bei einigen Beuteln habe ich aber selbst aus Stoffresten Bindebänder genäht.
Sonntag, der 09. Dezember 2018
Noch vor sieben Uhr wird hier gebacken. Mein Mann macht Plätzchenteig mit den Kindern, ich backe unsere geliebten flachen Brötchen zum Frühstück. Diesmal aus Einkorn und Dinkel, wie immer frisch gemahlen und über Nacht im Kühlschrank als Hefeteig gegangen, und mit einem dicken Klecks Quark im Teig.
Interessanter Weise läuft beim Backen im Radio ein Beitrag zu Weihnachtsliedern. Auch hier geht es darum, das eigene Herz für das Licht, für das Helle und Gute zu öffnen. Das ist die Bedeutung z.B. des Liedes „Macht hoch die Tür, die Tor macht weit, es kommt der Herr der Herrlichkeit“.
Fragen zum Glauben und seiner Bedeutung für das Leben beschäftigen mich diese Tage. Nicht nur, weil Advent ist, sondern auch weil ich auf arte.tv in den letzten Tagen die hervorragende Familiensaga „Die Wege des Herrn“ (Serie in 10 Teilen) gesehen habe. Das ist eine Art „Six Feet Under“ über eine Pastorenfamilie in Kopenhagen. Kann ich nur empfehlen, die Serie ist noch für ein paar Tage in der Online-Mediathek von arte verfügbar.
Bei uns sieht man überall, dass Advent ist.
Präzise: Der ZWEITE Advent.
Seit Freitag haben wir endlich eine neue Foto-Folie in unserem Leuchtkasten im Wohnzimmer. Die frostbenetzte Hagebutte habe ich letztes Jahr auf dem Land auf unserem Grundstück fotografiert. Um den Leuchtkasten rankt sich Efeu.
Draußen vor dem Haus ist es ungemütlich und regnerisch.
Drinnen in der Küche ist es dafür umso gemütlicher.
Die Kinder spielen versunken oben, mein Mann und ich melden uns für ein Stündchen ab und gehen spazieren. Wir brauchen frische Luft und Bewegung. Wir nutzen die Gelegenheit und nehmen Puppen zum Fotografieren mit.
Zum Beispiel fotografieren wir endlich mein Skatergirl beim Skateboardfahren. Dafür habe ich dünne Fäden an ihren Armen und rund um den Kopf angebracht und halte sie damit wie eine Marionette. Wer genau hinsieht, kann den Faden über dem Kopf sehen.
Frechdachs Leni mit dem verschmitzten Gesicht klettert dafür auf Bäume:
Mein Mann und ich steigen auf den Bunkerberg im Humboldthain und blicken auf den Berliner Norden. Rechts im Hintergrund das Märkische Viertel mit seinen Hochhäusern, dazwischen Wedding und Reinickendorf.
Der Tag klingt aus mit Kino im Wohnzimmer. Das war heute das Geschenk im Adventskalender: „Karten“ fürs Heimkino mit Popcorn. Wir machen eine Riesen-Schüssel Popcorn in der Pfanne (so toll, wenn es plopp-plopp-plopp macht!)…
… und beamen den Film „Der kleine Lord“ von 1980 an die Wohnzimmerwand.
Danach sind die Kinder müde. Nur noch ein Happen Obst und Butterbrot und die Kinder gehen ins Bett.
Vor uns liegt eine Woche mit vielen gemeinsamen Unternehmungen: Lebkuchen backen, Weihnachtsbaum besorgen und Weihnachtsmarkt. Für mich: Puppen nähen und verschicken, Schreiben, Fotobücher gestalten und das Weihnachtsfest organisatorisch vorbereiten. Außerdem mehrere Arzttermine und noch so allerlei.
—- Weitere Wochenenden in Bildern von anderen Familien findet Ihr auf dem Familienblog Geborgen Wachsen hier.
Ich wünsche allen eine gute zweite Dezemberwoche!
Hach, so schön!
Und eine tolle Idee mit den Geschenkbeuteln. Das möchte ich auch machen. Habe ich sogar bereits hier und da mal getan (und auch gefunden, dass es sehr fix geht!), aber die Idee, schon mal mehrere vorzubereiten und immer direkt einen passenden da zu haben, ist prima!
Ich hatte mir übrigens auch vorgenommen, die Adventszeit dieses Jahr richtig zu genießen, leider kommen mir jetzt berufliche Veränderungen dazwischen und ich bin sehr angespannt und kann mich auf wenig anderes konzentrieren 🙁
Naja, man kann nicht immer alles beeinflussen und irgendwann ist der große Stress dann ja auch vorbei (hoffentlich noch VOR Weihnachten ;-)).
Vielen Dank für Deine Wochenendberichte, die mir wirklich immer ein sehr wohliges Gefühl bereiten.
Liebe Anna-Maria, und Dir danke für Deine lieben Zeilen. Ich freue mich immer so sehr, von Dir zu hören. Schreib mir doch mal von Deinen beruflichen Veränderungen… ich könnte ja auch wieder in andere Richtungen gehen, aber ich habe es mir gerade so schön eingerichtet mit den Puppen und dem Bloggen für andere. Was die Geschenkbeutel betrifft: Ich hatte ein paar große Stoffreste von Laken, das war hilfreich. Denn für bestimmte Geschenke (bei uns dieses Jahr etwas Großes von Schleich) braucht man ja große Beutel. ich wünsche Dir eine möglichst stressfreie Zeit bis Weihnachten!!! <3