Aus meinem Leben Wochenende in Bildern

4 Tage Lyon: Wochenende in Bildern 13./14. September 2025

Seit Freitag Abend bin ich solo-reisend in Lyon in Südostfrankreich. Ich kannte die Stadt bisher nicht, aber mein Bruder hat vor ein paar Jahren mal ein paar Wochen hier an der Oper gearbeitet und schwärmt seitdem. Gut, er ist überproportional an gutem Essen interessiert, und Lyon ist ja anscheinend DIE Feinschmecker-Stadt Europas, wenn nicht gar der ganzen Welt. Also, ich war gespannt.

Kurz: Lyon enttäuscht nicht! Der Großraum Lyon ist das zweitgrößte urbane Gebiet Frankreichs nach Paris, und trotzdem ist das, was man als Touristin so besucht, total schnuckelig und eng beisammen. Und es stimmt: Überall wird gegessen und feinstes Essen verkauft und serviert. Wirklich an jeder Ecke gibt es Feinkostgeschäfte, Märkte und Restaurants.

Was man auch nicht unbedingt weiß: der Kern von Lyon war nach sporadischen Ansiedlungen von Urmenschen sowie Menschen der Eisen-und Bronzezeit schon von den Kelten/Urgalliern besiedelt, und Lugdunum (lateinischer Name von Lyon) war die wichtigste Stadt des römischen Gallien.

Wie ich am Freitag in Lyon eingetaucht bin, lest ihr hier in meinem 12 von 12.

Das Wochenende in Bildern ist wie immer verlinkt bei Große Köpfe.

Samstag, der 13. September 2025

Gähnend räkele ich mich am Fenster und reiße die Augen auf: auf dem Platz unter meinem hübschen Apartment wird ein Markt aufgebaut. Sofort kribbelt mein ganzes System.
Besonders um diesen Stand drängen sich die Menschen. Hier kaufe ich dann auch das, was ich brauche: ein paar Möhren, Tomaten und die kleinen feinen französischen grünen Böhnchen, die man in Deutschland einfach nicht bekommt.
Die meisten Stände wirken so, als seien die Inhaber wirklich aus der Region und haben das Zeug nicht auf einem Großmarkt gekauft.
„Quenelles“ sind die typischen Lyoner Klöße, die traditionell mit Hecht (brochet) aus der Gegend Dombe gemacht werden. Die orangenen hier sind mit Krabben und Lachs. Wenn sie gut gemacht sind, sind sie anscheinend ganz fluffig. Ich habe sie noch nicht probiert.
Bei den Käsen gehen mir immer die Augen über. Das sind alles regionale Sorten! Ich kaufe zwei automatische Hartkäse, einer davon ein Comté. Der andere ist sehr ähnlich, aber einen Tuck süßer.
Absolut geile handwerkliche Bäckerei 60m von meinem Haus. Der Duft hier ist umwerfend, und die Produkte auch. Ich kaufe ein Croissant, ein Zitronentörtchen und ein Baguette traditionel.
Der freundliche Bäcker lässt sich sogar fotografieren.
In der Wohnung esse ich sofort das Croissant, das so buttrig und aromatisch ist, wie man es sich in Deutschland überhaupt nicht vorstellen kann, und dann verleibe ich mir noch das Zitronentörtchen mit Baiser ein. Das wollte ich eigentlich am Nachmittag oder zum Abendessen essen. Beides schmeckt absolut göttlich. Paradies im Mund.
Das wird mein Mittagessen, das ich unterwegs zu verzehren gedenke: bestes, knusprigstes Baguette der Welt mit Käse, Tomaten und Basilikum.
Auf meinem Weg zum Museum komme ich in meinem Viertel (dem sehr untouristischen und lebendigen 7. Arrondissement) an lauter süßen und durchweg gut besetzten Cafés vorbei.
Das Musée des Confluences ist Teil der modernen Stadtentwicklung Lyons seit circa 15 Jahren. Ein großes ehemaliges Industriegebiet an der Spitze der Halbinsel zwischen Rhone und Saône (direkt am Zusammenfluss=Confluence) wird nach und nach neu bebaut. Eigentlich ist es ein naturwissenschaftliches Museum, spektakulär ist es aber wegen seiner Architektur. Deswegen fotografiere ich erst, bevor ich mir die Ausstellung anschaue.
Von der Spitze des Museums kann man auf den Zusammenfluss der beiden Flüsse schauen.
Schon gestern ist mir aufgefallen, dass Lyon sehr grafisch ist. Überall findet man abstrakte Strukturen.
Ich finde es super.
Aus dem Ausstellungsteil über die menschlichen Vorstellungen vom Tod in der Geschichte und in verschiedenen Kulturen.
Das fand ich faszinierend: Figuren von drei Menschen, die zur gleichen Zeit auf der Erde gelebt haben, nämlich vor etwa 50.000 Jahren. Links eine Frau von einer isolierten Insel in Südostasien (Flores), wo die Menschen klein geblieben sind, in der Mitte Homo sapiens (=wir), rechts eine Neandertalerin. Alle drei sind Menschen und ungefähr gleich intelligent. Wir heutigen Menschen sind nicht intelligenter als der Homo sapiens von damals.
Außerhalb beziehungsweise unter dem Museum. In dem Glasteil hinten befindet sich ein schickes Restaurant.
Das Musée des Confluences von außen.
Ab mit dem Bus in Richtung Stadtzentrum. Mein Ziel jetzt ist die weiße Basilika auf dem Hügel Fourvière.
Ich fahre mit der Zahnradbahn („Funiculaire“) auf den Hügel. Hier ein Detail der Basilika.
Neben der Basilika hat man einen grandiosen Ausblick auf Lyon. Ganz hinten sieht man die Alpen.
Rund um die Basilika ist es mir zu wimmelig. Ich halte mich dort nicht lang auf, sondern laufe weiter zu den Ausgrabungen des antiken römischen Lugdunum. Auf den Stufen des alten Amphitheaters esse ich mein Käse-Baguette.
Das zugehörige Museum zeigt ganz viele Ausgrabungsstücke und ist schon wieder so ein spektakulärer moderner Bau. Das Museum ist fast vollständig in den Berg hineingebaut; eine riesige Spirale (= der Weg durch die Ausstellung) windet sich von oben nach unten. Beste archäologische Symbolik ist hier im Bau umgesetzt.
Mich beeindrucken die Bodenmosaike, die man hier sehen kann. Sie sind zum Teil riesig, zum Teil an die 15×7 Meter.
Über manche darf man drüber laufen. Ich streiche mit den Fingern darüber und bin total erstaunt, wie unglaublich glatt die Oberfläche ist.
Auf dem Fußweg runter ins alte Lyon („Vieux Lyon“). Wieder so eine Struktur.
Die engen Gassen des alten Lyon sind zauberhaft, aber vollkommen überfüllt von Touristen. Außerdem reihen sich die Restaurants eng aneinander, und alle sind voll besetzt. In Lyon gibt es ja um die 5000 Restaurants, so viele wie wahrscheinlich in der ganzen Welt nicht pro Einwohner. Mir ist es zu voll, ich will weg.
Überall werden die „Pralines“ verkauft. Das sind eigentlich eine Art rot gefärbte gebrannte Mandeln. Aber mit ziemlich wenig Mandel drin und ehrlich gesagt ziemlich geschmacklos. Ich kann den Hype um dieses Zeug überhaupt nicht nachvollziehen.
Ich flüchte nach Croix-Rousse. Das ist ein Viertel auf dem zweiten Hügel von Lyon, das manchmal das Kreuzberg von Lyon genannt wird. Es ist aber viel gediegener. Trotzdem voller Kreativer. Hier waren vom 16. bis zum 20. Jahrhundert die Seidenweber ansässig. Im 19. Jahrhundert war jeder zweite Einwohner von Lyon in der Seidenweberei beschäftigt!
Ich bin jetzt kaputt und mache Rast in dieser Buchhandlung, wo man auch Kaffee trinken kann. Ich sitze hier 1 Stunde bei Latte Macchiato und freue mich an den beiden sympathischen und motivierten Besitzerinnen, die sich jede*r Kundin persönlich und ausführlich widmen. Es ist auch richtig was los, dauernd gehen Menschen rein und raus, lassen sich beraten, kaufen und so weiter. Das fällt mir überhaupt auf in Lyon und in Frankreich: es gibt noch sehr, sehr viel Einzelhandel, und die Läden sind voll. — Diese Buchhandlung war auch die ganze Zeit gut besucht, aber hier hab ich einen leeren Moment erwischt.
Im hinteren Raum wird gearbeitet.
Graffito.
Weiter oben auf der Kuppe des Hügels ist ein riesiger, fast unüberschaubarer Markt aufgebaut. Es ist so voll, dass man kaum durchkommt. Aber die anderen Sträßchen dort oben sind eigentlich viel schöner, also bummle ich dort herum.
Plötzlich gibt es einen Regenschauer. Ich flüchte ins kleine Seidenweber-Museum („Maison des carnuts“). Hier: Seidenfäden in verschiedenen Farben. Die sind sehr viel dünner als ein Haar!! Und damit wurde gewebt!
Was ich im Museum erfahre, ist echt krass interessant. Für euch jetzt nur drei Details, die mich besonders beeindruckt haben: 1. die Aufstände der Lyoner Seidenweber ab 1831 waren die ersten Arbeiteraufstände überhaupt in der Neuzeit. 2. So gut wie alle Seidentapeten und Seidenstoffe, die der europäische Adel seit dem 16. Jahrhundert gebraucht hat, kamen aus Lyon. 3. Um den golddurchwirkten Seiden- und Samtumhang August des Starken zu weben, brauchte eine einzige Weberin 18 Monate Vollzeit.
In ganz Lyon gibt es so so viele Lebensmittelgeschäfte. Und überall so wahnsinnig leckere kleine Törtchen, die hier offensichtlich gar nicht als absoluter Luxus gelten.
Es gibt in Frankreich einen neuen Trend zum dunklen Brot. In Hipster-Vierteln wie Croix-Rousse ist man stolz auf die wieder entdeckte Backkunst. Diese Brote sehen aber wirklich extrem lecker aus. Merke: Jetzt am frühen Abend sind die meisten Brote ausverkauft. Die Gitter sind fast leer. Ich wundere mich ein bisschen: gerade das Brot, von dem noch so viel da ist, sieht extrem attraktiv aus.
Diese riesige Hauswand in Croix-Rousse ist berühmt. In dem von der Stadt Lyon beauftragten Gemälde sind Menschen des Viertels abgebildet, außerdem spielt es auf die Seidenweber-Tradition an. Alle Fenster hier sind aufgemalt!
Boah, die letzte Stunde vor meiner Reservierung zum Abendessen schleppe ich mich eher lustlos durch die Straßen von Croix-Rousse. Das war echt viel heute, und ich habe voll Hunger. Deswegen hau ich dann kräftig rein: Tomatensuppe, Geflügel mit hausgemachten Kartoffelpüree und zum Nachtisch Baba au Rhum (Bild). SO GUT. Und dann wälze ich mich mit der U-Bahn nach Hause und gehe sofort ins Bett.

Sonntag, der 14. September 2025

Normalerweise frühstücke ich ja nicht (das gestern war eine Ausnahme). Um 10:00 Uhr steh ich also ungefrühstückt im Innenhof des Museums für moderne Kunst von Lyon. Dieses süße Pärchen auch. Obwohl: gefrühstückt haben die beiden wahrscheinlich schon.
Im Hof stehen einiges Skulpturen von Rodin. Zum Beispiel diese, die „Schatten“ heißt. So schön.
Das Museum ist riesig. Mein Lieblingsraum liegt etwas abseits, und ich bin total froh, dass ich ihn gefunden habe. Hier werden zeitgenössische Skulpturen aus Keramik gezeigt. Ich mag ja zeitgenössische Skulpturen sehr gern.
Hier zeigt Lyon wieder seine Liebe zur Abstraktion bzw. zu den Strukturen. Dieses Werk ist von Claudi Casanovas.
Dieses Kunstwerk heißt „Moule dormant“ = Schlafender Mühlstein und ist von Bernard Dejonghe. Es gibt hier um die sieben Stücke von Dejonghe.
Auch von Dejonghe.
Ich schau mir auch alle Werke der berühmten Impressionisten an, aber dann ist ein Kaffee fällig. Im Museumscafe gibt es diese Éclairs mit Blattgold-Stückchen. Oh, Frankreich.
Im Museumscafé schlürft man sein Getränk direkt unter einem Gemälde von Raoul Dufy. Es wurde direkt für dieses Museum geschaffen.
In Frankreich ist immer alles so ästhetisch. Also meistens jedenfalls.
Ich bestell mir auch ein Éclair, aber ohne Blattgold. Meins ist mit Pfirsich und Verbena und schmeckt einfach fantastisch.
Nach der kleinen Frühstückspause fahre ich in den großen Park von Lyon, wo es mehrere herrliche alte Gewächshäuser gibt, außerdem einen botanischen Garten und einen Zoo. Alles kann man kostenlos besichtigen.
Es gibt auch ein kleines Gewächshaus mit Victoria-Seerosen, die nur einen Tag im Jahr blühen, nämlich zur Sommersonnenwende im Juni. Neben mir stehen drei deutsche Touristen, die denken, dass niemand um sie herum Deutsch kann. Der eine sagt: „Ha, auf die großen Blätter müsste man jetzt einfach drauf scheißen.“ Ich darauf trocken: „Oh! Das ist ja eine richtig gute Idee!“ Die drei Typen ziehen total beschämt lachend ab.
Im großen Gewächshaus mache ich ganz lyonmäßig Bilder von botanischen Strukturen, sprich: Blättern.
Es gibt so viele verschiedene Blätter auf dieser Welt.
Lange und ledrige.
Frische und spitze.
Runde und gestreifte.
Kleine und blumige.
Frühlingshafte.
Fruchtige.
Und fleischfressende!
Ich wandere um den See im Park und merke: ich hab jetzt keine Lust mehr.
Noch ein letztes Bild vor den Toren des Parks, dann fahr ich mit dem Bus zurück in die Wohnung. Ich habe nicht mal mehr Lust, mich in ein Café zu setzen.
Ich will nur die Füße hochlegen. Ich trinke Tee, schlafe ein Stündchen und mache das Wochenende in Bildern.

Und jetzt hab ich noch einen Abend in Lyon, bevor es morgen Vormittag nach Hause geht. Mittags bin ich schon wieder in Berlin.

Vielleicht bleibe ich einfach in der Wohnung, vielleicht gehe ich noch mal raus. Mal schauen, wie ich mich fühle.

Für mich bestätigt sich wieder: alleine reisen ist wundervoll. Ich liebe es sehr und kann jede*r empfehlen, es einmal auszuprobieren.

Ich orientiere mich komplett mit Google Maps, das mir immer sofort die beste Verbindung zu meinem Ziel mit öffentlichen Verkehrsmitteln oder zu Fuß anzeigt. So bewege ich mich schnell und sicher auch in Städten, die ich nicht kenne. Ich hatte auch keinen Reiseführer, sondern habe alle Informationen im Internet gefunden.

Wie ich höre, war das Wochenende in Deutschland noch ganz sommerlich. Wie habt ihr denn die Zeit genutzt?

Das zu hören würde sich freuen,

Eure Maike

Das könnte dich auch interessieren: