Mariele & Mariele: Was für eine Geschichte! Mariele war gedacht als Schwester von Gretele, die ich Anfang des Jahres genäht habe, als Ersatz für ein anderes, uraltes Waldorfpüppchen, das vor vielen, vielen Jahren (in den 1960ern) ihrer Puppenmama Johanna auf dem Flughafen von Mailand abhanden gekommen ist. Gott sei Dank hatte damals die große Schwester von Johanna auch ihre Puppe dabei – Mariele. So konnte Johanna im Urlaub wenigstens mit dem Mariele spielen und so ein wenig über den Verlust von Gretele hinweg kommen.
Inzwischen hat das nachgenähte Gretele eine ganz wichtige Aufgabe übernommen, nämlich ein Liebstes für die Mama von Johanna zu sein, die schon pflegebedürftig ist, und der das Anfassen und Liebkosen der weichen Puppe, die Gretele ist, viel gibt. Denn die Mama von Johanna hat es sich nie wirklich verziehen, dass das Gretele im Reisestress auf dem Flughafen verloren ging (auch wenn sie wohl gar nichts dafür konnte). Die damalige „Ersatz-Puppe“ Mariele ist jedoch im Lauf der Jahre ebenfalls verloren gegangen und sollte nun auch nachgenäht werden.
Das ursprüngliche Gretele war blond, Mariele war braunhaarig. Also nähte ich Mitte Juli ein dunkelhaariges Mariele. Meine kleine Tochter hatte schon Sommerferien und war bei mir im Nähzimmer, während ich an Mariele arbeitete. Sie spielte nebenbei, und ich erzählte ihr in einem ruhigen Moment die Geschichte von Mariele. Meine Tochter (die übrigens Maria heißt…) ist zwar noch klein, aber ich vermute, sie bekam genau mit, dass ich mit der Geschichte Gefühle verbinde, und so wurde die Puppe für sie interessant. Meine Tochter bat mich zuerst, die Puppe einmal halten zu dürfen. Normalerweis passe ich gut auf, dass meine Töchter Auftragspuppen nicht in die Hände bekommen, aber diesmal dachte ich, naja, warum nicht, ein einziges Mal… eben weil ich selbst Gefühle bei dieser Puppe hatte…
Aber meine kleine Tochter wollte das Mariele nicht mehr hergeben. Sie spielte den ganzen Tag rührend mit ihr, gab ihr zu essen, machte ihr Bettchen, wiegte sie in den Armen, und schleppte sie überall hin mit.
Sie wachte nachts auf und rief nach Mariele – sie konnte nicht mehr ohne sie einschlafen. Nach zwei Tagen war klar: Das war ihre Puppe, und würde es bleiben. Schrägerweise heißt sie wie schon zwei ihrer anderen Puppen – eine ihrer Puppen heißt Marie und die andere Mariechen. Jetzt hat sie also noch ein Mariele 🙂 Und ich musste ein zweites Mariele für Johanna nähen. So haben wir also gerade zwei fast identische Marieles zu Hause – Zwillinge. Beide tragen ein rot-weiß kariertes Baumwollkleid mit Puffärmeln und haben braune Zöpfe. Das Mariele für Johanna bekommt noch einen Pony, wie Gretele.
Gretele hatte ich ganz im Stil der traditionellen damaligen Waldorfpuppen gestaltet, eher gedrungen und mit rundlichen Formen. Mariele habe ich zarter und länger gemacht, vor allem deswegen, weil ich dachte, Johannas Schwester sei ja sicher auch größer gewesen. Ich wollte auch ein bisschen ein Abbild der beiden Schwestern in die Welt setzen. Aber es war auch einfach ein Gefühl, so eins, wie ich es beim Puppenmachen oft habe, ein intuitives Gefühl, dass es so richtig ist, und dass so das Wesen von Mariele am besten getroffen wird. Ich hoffe sehr, dass ich recht behalte.
Nun reist also Mariele in Kürze zu ihrer Schwester Gretele, zu Johanna und ihrer lieben Mama. Da ist dann die Familie hoffentlich komplett. Ich wünsche allen, besonders der Mama und Johanna, erfüllende Momente mit dieser besonderen Puppe.
Hier weitere Fotos der beiden Marieles: